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Urgestein Hans Dieter KahrlBurscheids ehemaliger Bürgermeister verabschiedet sich mit letzter Trauung

Lesezeit 3 Minuten
Hans Dieter Kahrl in der Lambertsmühle bei einer seiner letzten Trauungen

79 Jahre und bislang voller Energie: Hans Dieter Kahrl bei seiner 243. Trauung in Burscheid. Ende des Jahres ist es aber soweit: Der ehemalige Bürgermeister geht endgültig in den Ruhestand.

Nach zehn Jahren als Burscheider Bürgermeister und weiteren 15 Jahren als Standesbeamter verabschiedete sich Hans Dieter Kahrl am vergangenen Samstag in den Ruhestand.

Die 243., die 244. und die 245. Trauung stehen noch an für den ehemaligen Bürgermeister Hans Dieter Kahrl, danach will er sich nach über 60 Jahren im öffentlichen Dienst in den Ruhestand verabschieden. Diese Zahlen klingen nach Routine, für den 79-jährigen Kahrl ist aber auch nach über 200 Trauungen jede einzelne noch etwas Besonderes. „Man geht immer wieder neu auf das Brautpaar ein, das vor einem sitzt“, sagte er am Samstag in der Lambertsmühle. „Eine Eheschließung ist immer etwas ganz Besonderes, jeder hat seine eigene Geschichte.“

1961 hatte Hans Dieter Kahrl seine Ausbildung bei der Solinger Stadtverwaltung begonnen. Sein Vater habe ihm das damals empfohlen, wofür er heute „sehr dankbar“ sei. „Die Aufgaben bei der Stadtverwaltung waren meins – ich bin handwerklich ungeschickt, ich hatte aber Lust, etwas zu bewegen“, so Kahrl. Nach mehr als 25 Jahren bei der Solinger Stadtverwaltung ging Kahrl 1989 nach Issum und wurde dort Gemeindedirektor. Als gebürtiger Solinger zog es ihn aber zurück ins Bergische Land: Er wurde gefragt, ob er Interesse habe, in Burscheid Stadtoberhaupt zu werden. 1998 wählte ihn der Burscheider Rat zum ersten hauptamtlichen Bürgermeister, ein Jahr später bestätigte ihn auch die Bevölkerung.

Burscheid: Trauungen bereiteten Kahrl besonders viel Freunde

Bis er nach seiner zweiten Amtszeit 2009 pensioniert wurde, war Kahrl Bürgermeister in Burscheid. An seine Erfahrungen, die er in diesen zehn Jahren sammeln durfte, erinnert er sich immer noch gerne zurück. „Sehr, sehr schön war, dass 2006 gelungen ist, die ehemalige Bahntrasse als Radweg zu verwirklichen“, erzählt Hans Dieter Kahrl. Dieses Projekt habe Burscheid sicherlich auch ein wenig klimafreundlicher gemacht.

Hans Dieter Kahrl (r.) mit Ulrich Conrads vom Förderverein vor der Lambertsmühle.

Hans Dieter Kahrl (r.) mit Ulrich Conrads vom Förderverein vor der Lambertsmühle.

Ideen entwickeln und umsetzen zu können, etwas zu bewegen, das hat Kahrl laut eigener Aussage am meisten an seinem Beruf fasziniert. Nach seiner Pensionierung übernahm Kahrl immer noch zahlreiche Trauungen als Standesbeamter, auch diese Aufgabe sei ihm ans Herz gewachsen. „Das Schönste daran ist, dass man in sehr glückliche Gesichter schaut und den Menschen auf ihrem Lebensweg etwas mitgeben kann“, findet er. Dabei schaut wohl nicht nur Kahrl in glückliche Gesichter, auch er selbst hatte am Samstag die ganze Zeit ein strahlendes Lächeln im Gesicht.

Burscheid: Es hat noch kein Paar „Nein“ gesagt

Später erklärt er dazu: „Eine Trauung ist eine ernste Sache – man trifft eine wichtige Entscheidung für sein Leben – aber es darf auch mal gelacht werden.“ Bei 245 Trauungen habe dabei noch kein Paar bei ihm „Nein“- gesagt. Es habe aber einen Fall gegeben, bei dem eine junge Dame zwei Tage vor der Hochzeit gesagt habe, sie sei sich nicht sicher und wolle nicht. „Zwei Jahre später ist sie dann mit einem neuen Partner auf mich zugekommen, ich habe sie verheiratet und sie sind seit über zehn Jahren glücklich“, erinnert sich Kahrl lachend.

Es ist das Bergische Flair, das mich an dieser Stadt begeistert und die Menschen sind hier, ich mein´, etwas Besonderes
Hans Dieter Kahrl über Burscheid

Besonders emotional berührt habe ihn die Hochzeit zweier Frauen. „Damals war die gleichgeschlechtliche Ehe ja noch nicht möglich – das ist heutzutage Gott sei Dank anders. Zwei Damen sind eine Lebenspartnerschaft eingegangen und die Herzenswärme, die die beiden ausgestrahlt haben, wie sie miteinander umgegangen sind, das war herzerwärmend“, erzählt Hans Dieter Kahrl.

Die vergangenen 60 Jahre im öffentlichen Dienst und mehr als 25 Jahre im Dienst für die Stadt Burscheid haben Hans Dieter Kahrl viel Freude bereitet. Vermutlich ist das auch der Grund, warum der 79-Jährige erst jetzt seinen Dienst für die Stadt ablegt. „Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man sagen muss: ‚Es war alles wunderschön, aber jetzt machen das Andere und Jüngere sicherlich genauso gut‘“, sagt er. Für die nächsten Jahre plane er, zu reisen und viel mit seinen Enkelkindern zu unternehmen. Burscheid werde er aber sicherlich noch besuchen kommen: „Es ist das Bergische Flair, das mich an dieser Stadt begeistert und die Menschen sind hier, ich mein´, etwas Besonderes.“