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Heimatfreunde lösen sich aufIn Burscheid droht Kulturverlust

Lesezeit 4 Minuten
B 51 ( L188): Die Uhr der Kaltenherberger Heimatfreunde hing 2019 noch – jetzt ist sie weg.

Die Fachwerk-Uhr der Kaltenherberger Heimatfreunde hing 2019 noch. Jetzt ist sie weg – wie der Verein.

Die Auflösung des Vereins der Kaltenherberger Heimatfreunde läuft – die Macherinnen des Burscheider Volkstheaters würden aber liebend gerne wieder spielen.

Der Burscheider Verein „Kaltenherberger Heimatfreunde“ ist, wie es aussieht, Geschichte. Die Vorsitzende Helga Coen sagt, die Abwicklung des Traditionsvereins sei im Gange. Damit verliert Burscheid einen Verein, der sich 90 Jahre lang um die Pflege von Traditionen im Bergischen Land ebenso gekümmert hat, wie um die Mundart. Gemeinsam mit Waltraud Küpper stellten die Heimatfreunde einen „Bergischen Abend“, ein Volkstheater, auf die Bühne des Hauses der Kunst – früher regelmäßig. Auch die ganz normale Geselligkeit ist ein Thema, das der Verein stets hochgehalten hat.

Pfingsteier-Singen im Dorf

Bild: Britta Berg
Kaltenherberger Uhr

Die Kaltenherberger Uhr hatte ein ganz besonderes Gehäuse, wie es typisch für das Bergische ist.

Immerhin findet das Pfingst-Eiersingen (auf platt: Peiseiersingen) noch in einer abgespeckten Version statt: Eine kleine Gruppe geht von Haus zu Haus und sammelt singend Eier, die abends zu einer riesigen Portion Rührei verarbeitet und gegessen werden. Traditionell bekommen die Sänger an der Tür auch ein Schnäpschen angeboten.

Der Verein gründete sich 1938, als die Gruppe den „Arentshain“ anlegte, eine Waldhütte im Eifgenbachtal. Die Hütte gibt es heute noch. Für Helga Coen sind die Gründe offensichtlich, weshalb der Verein jetzt aufhören muss, obwohl in ihm zuletzt noch 100 Mitglieder angemeldet waren. „Hier wohnen fast keine alteingesessenen Einwohner mehr!“

Hier wohnen fast keine alteingesessenen Einwohner mehr!
Helga Coen, Vorsitzende der Kaltenherberger Heimatfreunde

Das ist wohl auch der Grund, weshalb die auffällige Fachwerk-Uhr an einem Haus an der Kölner Straße schon vor längerer Zeit abmontiert wurde. Coen: „Die Uhr funktionierte irgendwann nicht mehr. Das Haus gehörte dem Schmitten-Hans. Als der auszog, war das mit der Uhr vorbei.“ Hans Schmidt war Mitglied der Heimatfreunde.

Und sie schließt an: „Und der Nachwuchs? Das wissen sie ja alles.“ Fürs Gemeinschaftliche haben die Leute immer weniger Zeit zur Verfügung, darunter haben nicht nur die Heimatfreunde gelitten. Wo kann man sich noch treffen? Es gibt kaum noch Kneipen in Burscheid.

Kaum noch Orte, wo Treffen möglich sind

Dass es in Kaltenherberg die Gaststätte „Zur Wiehbachquelle“ gab, ist viele Jahre her. In ganz Burscheid sieht es inzwischen mau aus mit den Treffpunkten. Zuletzt schloss das alte Gasthaus „Zur Post“ in Hilgen, das soll familiäre Gründe haben. Die Immobilie soll schon verkauft sein.

Reinigung des Teichs vom Schlamm 2011

Der Teich am Arentshain der Heimatfreunde im Eifgental wurde 2011 vom Schlamm gereinigt.

Die Pandemie und die daraus entstandene Vereinzelung haben den Kaltenherbergern offenbar den Rest gegeben. Im Oktober 2020 hatte die Hilgener Mundart-Autorin Waltraud Küpper mit den Kaltenherbergern einen Bergischen Abend vorbereitet, man war mitten in den Proben für das Volkstheaterstück, als der zweite Lockdown kam. Der Abend wurde abgesagt und das Stück, das Küpper geschrieben hatte, kam bis heute nicht zur Aufführung.

Helga Coen, Vorsitzende der Kaltenherberger Heimatfreunde

Helga Coen

Mundart  wird mit dem Mund geformt, wie man sehen kann:  Kaltenherberger Heimatfreunde, hier Waltraud Küpper

Mundart wird mit dem Mund geformt: Waltraud Küpper.

„Das ist sehr traurig“, sagt Waltraud Küpper, „da hängt mein Herz dran.“ Wie Helga Coen beklagt auch sie, dass die Kinder keine Zeit für Theaterproben hätten und dass jüngere Leute keine Verantwortung im Verein übernähmen. Küpper hat noch eine weitere Erklärung: Die Schließung des Hauses der Kunst sei der letzte „Dolchstoß“ für den Verein gewesen, sagt sie bildhaft.: „Uns fehlt jetzt definitiv eine Spielstätte in Burscheid.“

Die Requisiten für ihre Aufführungen, die der Verein im alten Haus lagern konnte, mussten für die Renovierung des Kulturhauses entsorgt werden. Küpper: „Ich sehe auch noch nicht, dass für uns Platz im neuen Haus der Kunst ist.“ Ohne ein Kulissenlager sei an eine Aufführung nicht zu denken.

Bild: Britta Berg
Kaltenherberger Orgel

Die Drehorgel war stets ein wichtiges Instrument der Heimatfreunde.

„Dabei sind wir der einzige Burscheider Verein, der das Haus an vier Abenden hintereinander bespielen konnte.“ Die Stücke hätten immer einen geschichtlichen Bezug zu Burscheid und einen lokalen zu den Leuten gehabt. Dass die Kinder und auch Erwachsene, im Gegensatz zu früher, kaum noch Platt sprechen können, damit kam man im Theater zurecht.

„Platt zu sprechen, bedeutet heute oft Auswendiglernen“, sagt die Mundart-Schützerin Küpper, die sagt, dass sie liebend gerne wieder spielen würde und genug Stücke in petto habe. Die Basis dafür könnte ihr Mundartstammtisch sein, den sie in Ermangelung eines geeigneten Gasthauses inzwischen alle paar Monate gemeinsam mit Gaby Winitzski privat abhält.

Die Dinge scheinen am sprichwörtlich sehr dünnen Faden zu hängen. Käme es nicht mehr zu einer Aufführung, wäre Burscheid um ein wichtiges Stück seiner ureigenen Kultur ärmer.