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Während AfD-VeranstaltungIn nur 48 Stunden organisiert Leichlingen eine Demo

Lesezeit 3 Minuten
100 bis 150 Menschen kamen zur Gegendemo zu einer AfD-Veranstaltung auf den Marktplatz Brückerfeld.

100 bis 150 Menschen kamen zur Gegendemo zu einer AfD-Veranstaltung auf den Marktplatz Brückerfeld.

Einige Reden offenbarten eine verstörende Seite der Blütenstadt.

Antisemitismus und Rassismus ist wohl auch in Leichlingen ein Thema. Das machen verschiedene Redner am Donnerstagabend auf der Demonstration „Leichlingen steht zusammen gegen Rechts“ deutlich. Aber sie selbst zeigen eben auch die andere Seite Leichlingens. Sehr kurzfristig – die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten erst einige Stunden zuvor von der Aktion erfahren – kommen um die 100 bis 150 Menschen zusammen.

Die Demo ist eine Gegenveranstaltung zum Bürgerdialog der Leichlinger AfD, die zu dieser Zeit im Bistro Lanzelot stattfindet. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass die AfD hier unerwünscht ist“, sagt Önder Balkaya vom Bündnis „Leichlingen ist bunt“. Zwei Tage zuvor hatte das Bündnis die Einladung der Partei zum Bürgerdialog in den sozialen Medien gesehen. Die Gruppe war sich direkt einig, dagegen etwas tun zu müssen. „Was die machen geht einfach nicht. Wo wir geboren werden ist kein Verdienst, es ist Schicksal oder Glück“, betont Astrid Dederichs, ebenfalls von „Leichlingen ist bunt“.

„Leichlingen ist bunt“ um Önder Balkaya (r.) hatte die Demo innnerhalb von zwei Tagen organisiert.

„Leichlingen ist bunt“ um Önder Balkaya (r.) hatte die Demo innnerhalb von zwei Tagen organisiert.

Bei vielen Leichlingerinnen und Leichlingern schwingt an diesem Abend auch Angst mit. „Ich habe Angst, dass unsere Demokratie gefährdet ist“, sagt eine ältere Dame. „Das, was momentan in Europa passiert, macht uns Angst“, äußert sich ein Ehepaar. Die Menschen demonstrieren nicht nur, um zum Allgemeinwohl beizutragen, sie wollen sich selbst dadurch auch die Angst nehmen. „Das Demonstrieren gibt mir Kraft, weil man sieht, dass man nicht alleine ist“, sagt eine Dame, die zum ersten Mal ein Plakat trägt, ihr sei dabei zu Beginn etwas mulmig gewesen.

Das Bündnis gibt den Demonstrierenden kurzfristig die Möglichkeit, sich zu der Thematik zu äußern. Die Themen, die dabei anklingen, sind vielseitig. Rednerin Annika, die spontan zum Mikro greift, geht auf Frauenrechte und den Weltfrauentag ein. „Morgen ist Weltfrauentag. Wenn die AfD an die Macht kommt, dann war alles umsonst, wofür unsere Großmütter gekämpft haben.“ Ein lesbisches Paar betont: „Wir gehören zu einer Minderheit aufgrund unserer sexuellen Orientierung. Diskriminierung würde uns in dem Moment betreffen, in dem die AfD an die Macht käme.“

Auch Leichlingerin Ayleen richtet sich mit einigen Worten an die versammelte Einheit. Meinungsfreiheit sei ihr wichtig. „Ich möchte, dass Menschen frei ihre Meinung äußern können“ – bei diesen Worten zittert ihre Stimme, vielleicht vor Angst oder Wut oder Stärke. „Es ist wichtig, diesen Idioten dahinten keine Stimme zu geben“, verleiht sie ihrem Frust Ausdruck.

Uns wurde gesagt, man sollte uns vergasen.
Leichlingerinnen Molly und Dunja über Anfeindungen

Bis jetzt sind es noch verstörende Vorstellungen, die den meisten Demonstrierenden Angst machen. Bei Leichlingerin Molly und ihrer Mutter Dunja sind diese allerdings schon Realität geworden. Molly ist vor drei Jahren nach Witzhelden gezogen. Sie ist in Deutschland geboren. Ihre Mutter ist in Deutschland geboren. Die Eltern ihrer Mutter kommen aus Israel und Marokko, Molly ist Jüdin. Dunja und Molly stehen unter Personenschutz, seitdem ein Neonazi Dunja vor zwei Wochen mit einem Messer verfolgte. Sie hatte gerade noch in einem Bauernhof Schutz suchen können.

Bedrohungen, dass man sie töten oder überfahren solle, haben die beiden bereits mehrfach erlebt. „Uns wurde gesagt, man sollte uns vergasen“, berichten sie. Auch körperliche Gewalt haben Dunja und Molly schon des Öfteren erlebt. Das hätten auch Außenstehende mitbekommen, aber: „Die lassen machen, die gucken zu“, sagt Dunja. Die beiden möchten schnellstmöglich aus Witzhelden wegziehen, nur Wohnungen zu finden, sei momentan schwierig.