Mitfahrerbank-TestWie ich versuchte, als Mitfahrer durch Leichlingen zu kommen
- 30 Mitfahrerbänke gibt es im Rheinisch-Bergischen Kreis, fünf davon stehen in Leichlingen
- Wer mitgekommen werden möchte, kann sich hier für Autofahrer gut sichtbar hinsetzen. Ob das wirklich funktioniert, hat unser Autor Lukas Eisenhut getestet
Leichlingen – Es ist ungefähr 9.30 Uhr, als ich an der Mitfahrerbank in der Leichlinger Birkenstraße aufschlage. Das Wetter ist optimal, und ich bin guter Dinge. Es geht heute um Mitfahrbänke. Wie und ob sie überhaupt funktionieren. Kaum bin ich da, kommt auch schon meine Arbeitskollegin vorgefahren, die ein paar Fotos machen soll. Und schnell fällt uns beiden auf: Die Bank steht ja schon an einer Stelle, an der nicht unbedingt viele Autos vorbeikommen. Für den Rest der Mitfahrbänke in Leichlingen trifft das allerdings auch zu. Also fangen wir an.
Britta macht die Bilder, ich hocke auf der Bank. Als Model sozusagen. Konnte ich noch nie, aber hat wohl ganz gut geklappt. Als alles fertig ist, setzt sich meine Kollegin zu mir und das Experiment kann beginnen. Wir reden noch ein wenig über Autos und Urlaub, bevor sie zum nächsten Termin muss. Und schon nach wenigen Minuten hält tatsächlich ein Auto an. Ob ich mitfahren möchte, fragt der Fahrer. „Ja, gerne“, antworte ich und steige ein. Alexander Comes heißt der Mann, der mich mitnimmt. „Da ist doch überhaupt nichts dabei. Ich verstehe nicht, warum die Leute vorbeifahren“, sagt er. Die Fahrt dauert nicht lange. Knapp fünf Minuten. Dann sind wir am Bahnhof. Ich wollte zwar eigentlich ins Zentrum, aber gut. Man muss sich als Mitfahrer eben anpassen.
Kollegin ist verwirrt
Am Bahnhof kommt plötzlich Britta vorgefahren. Etwas verwirrt, was ich dort mache. „Er wollte nur zum Bahnhof“, sage ich. Meine Kollegin hält an, um sich Frühstück zu besorgen. Auch ich bekomme ein Müslibrötchen. Ein Trostpreis sozusagen. Gemeinsam überlegen wir, wie es nun weitergeht. Und ob die Idee geplatzt sei. „Ich gucke mal, was ich jetzt mache“, sage ich. Britta muss weiter.
Nun stehe ich da, am Leichlinger Bahnhof. Etwas verloren. Ich habe da zwar mal für drei Jahre gewohnt. Da war ich allerdings kaum älter als zehn. Und orientieren konnte ich mich noch nie besonders gut. Also: ab zur Bushaltestelle. „Es kommt bestimmt gleich einer“, denke ich mir in meinem köln-ehrenfelderlichen Leichtsinn. War nicht so. 16 Minuten stehen auf der Anzeigetafel, für Kleinstadtverhältnisse wahrscheinlich wenig. Und ich weiß auch nicht so recht, ob der Bus überhaupt dahin fährt, wo ich hin will. Nämlich zur nächsten Mitfahrerbank. Leichlingen ist halt nicht Köln. Ich gucke also, was noch so geht. Google Maps auf, Adressen eingegeben. Die nächste Bank ist tatsächlich die, von der ich gerade komme.
Zu Fuß wohl schneller
17 Minuten Fußweg. „Das geht“, sage ich mir und laufe los. Auf dem Weg komme ich an einer Bushaltestelle vorbei. In drei Minuten soll der nächste Bus kommen. „Nein, das ist nicht fair“, denke ich mir. Schließlich geht es darum, sich nur zu Fuß oder per Mitnahme fortzubewegen. Vermutlich hätte ich vom Bahnhof aus auch einfach in die Stadt laufen können. Zu einfach, da spricht der Ehrgeiz gegen.
Also laufe ich zurück zur ersten Mitfahrerbank. Ich genieße die Sonne, die Idylle und den Ausblick. Kenne ich aus Ehrenfeld so nicht wirklich. Ich möchte Podcast hören. Meine Kopfhörer habe ich aber leider nicht dabei. Also: einfach über den Handylautsprecher abspielen. Bin ja eh alleine. Zumindest, bis mir zwei Joggerinnen entgegenkommen. Ich mache leise und halte mir das Handy ans Ohr. Die Imitation eines Telefonats, Lifehack. Kurz vor dem Erreichen der Bank fällt mir auf, dass der Bus, den ich hätte nehmen können, gar nicht kam.
Und dann auch noch eine Spinne
Es ist 10.39 Uhr, als ich zum zweiten Mal an der Mitfahrerbank in der Birkenstraße auftauche. Ich setze mich also wieder in die Sonne und höre den Podcast weiter. Dann will ich mein Handy checken. Twitter, Facebook, Instagram. Der normale Zyklus bei Langeweile. Geht nicht, kaum Empfang.
„Vielleicht sitze ich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort“, denke ich mir. Jedes vorbeifahrende Auto, es sind ungefähr zehn, weckt kurz Hoffnung. Aber es bleibt bei freundlichen Blicken und Zunicken. Keiner will mich mitnehmen. Dann fällt mir auf, dass hinter mir eine große Kreuzspinne in ihrem Netz hängt. Ich habe Angst vor Spinnen. Aber ich bleibe sitzen. Denn die Leute müssen ja sehen, dass ich mitgenommen werden will.
Ohne Akku wird es schnell langweilig
Um 11.02 Uhr geht dann sogar der Podcast aus. Das, was bei Empfang vorgeladen war, ist nun abgespielt. Und in Bruchstücken macht das nur halb so viel Spaß. Ich bin also wieder mit meinen Gedanken alleine. Und frage mich dann, ob ich einen Sonnenbrand bekomme, so mitten in der Sonne. Ich glaube schon. Dann fährt ein Mercedes an mir vorbei, bremst und schaltet in den Rückwärtsgang. „Der wendet“, denke ich mir. Tut er nicht. Er fährt in seine Einfahrt. Langsam kriege ich Durst. Ich habe einen Smoothie dabei. Einen grünen. Mit Grünkohl. Geht aber.
Zu viel Fremdendistanz?
Und dann, um 11.18 Uhr, hält tatsächlich ein Auto an und bietet mir an, mich mitzunehmen. Laurids heißt der Fahrer des schwarzen Golf 4. So einen habe ich auch. Wir sprechen kurz über das Auto, dann erzähle ich ihm, wofür ich das heute überhaupt mache. „Ich nehme immer gerne Leute mit“, sagt der 19-Jährige. Aber er sagt auch, dass ihm auffällt, dass ältere Leute eher nicht anhalten. Vermutlich aus Angst, meint er. „Ich glaube, es ist diese Fremdendistanz. Aber ich finde, es ist eine geile Idee. Fahrgemeinschaften zu bilden, ist immer eine gute Sache.“
Laurids lässt mich an der Aral in Leichlingen raus. Dort holt mich Britta ab und bringt mich zu meinem Auto. Experiment beendet.
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