Leichlinger Schulen werden saniertGesundheitsamt sieht in PCB-Fund keine akute Gefahr
Leichlingen – Das Thema PCB schien fast schon vergessen. Die Hochsaison des Kampfes gegen den giftigen und seit 1989 verbotenen Weichmacher in Altbauten liegt schon ein paar Jahre zurück. Jetzt aber hat das Gespenst die Stadt Leichlingen eingeholt und zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt überrascht. In einer Phase, in der im Rathaus bereits vier Krisenstäbe tagen, tut sich für die Verwaltung eine neue Front auf. Mit einem unsichtbaren und ziemlich unkalkulierbaren Feind.
Erhöhte PCB-Werte in Sekundarschule und Gymnasium
In Sekundarschule und Gymnasium sind, wie vergangene Woche bekannt wurde, erhöhte Werte der für Menschen schädlichen Polychlorierten Biphenyle entdeckt worden. Am Montag stellte die Stadtverwaltung bei einem von Bürgermeister Frank Steffes eilig einberufenen Gipfeltreffen im Ratssaal erste Daten und Schritte für einen Maßnahmenplan vor, mit dem man der Gefahr begegnen will.
Eine akute Gesundheitsgefahr besteht nach Einschätzung der Experten zwar nicht. Die beiden betroffenen Gebäude müssen nicht gesperrt werden, das neue Schuljahr kann beginnen. Aber es deutet sich an, dass der Kampf gegen den bei zu hohen Dosen möglicherweise Krebs auslösenden Stoff ein langer und teurer Weg mit noch ungewissem Ausgang ist. Und bei Eltern- und Schülerschaft sorgt die Meldung zum ersten Schultag nach den Sommerferien naturgemäß für Sorgen. Die Schulgemeinde wurde schriftlich und am Montag bei einer Veranstaltung in der Mensa über die Lage informiert, an der man auch online teilnehmen konnte.
Dass die Lage als ernst eingestuft wird, sieht man am eingeleiteten Krisenmanagement und an dem breiten Podium, bei dem am Nachmittag in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit über den Maßnahmenkatalog informiert wurde. Neben dem Bürgermeister und dem für Schulen und Bildung zuständigen Fachbereichsleiter Ingolf Bergerhoff nahmen daran der Amtsleiter für Gebäudewirtschaft Wolfgang Kalski und sein Mitarbeiter Stephan Bergmann teil, Gutachter Robert Küpper von dem auf Schadstoffe spezialisierten Ingenieurbüro Küpper, Dr. Sabine Kieth, die Leiterin des Gesundheitsamtes des Rheinisch-Bergischen Kreises, sowie die beiden Schulleiter Martin Kayser (Sekundarschule) und Stephan Bräunl (Gymnasium).
Warum kam es zu neuen Luftmessungen?
Stephan Bergmann erläuterte genauer, wieso es jetzt überhaupt zu neuen Luftmessungen in den beiden Schulen gekommen ist, bei denen die erhöhten PCB-Werte ermittelt wurden. Ein besorgter Hausmeister hatte der Verwaltung den Hinweis gegeben, dass Schüler stellenweise in den Fugen der Betonwände herum kratzen, sich in den Ritzen inzwischen Risse und Löcher gebildet haben und aufgeweichte Dichtmasse zu sehen ist.
Bereits in den Jahren zwischen 1989 und 1991 war das Schulzentrum Am Hammer auf PCB-Ausdünstungen untersucht worden. Damals sind Kondensatoren in Leuchten als Hauptursache der Verunreinigung ermittelt und alle verdächtigen Lampen ausgetauscht worden, wonach die Werte stark gesunken sind.
Die aktuelle Beobachtung des aufmerksamen Hausmeisters nahm man nun zum Anlass, die Fugen zu inspizieren und – bereits im vergangenen Jahr – erneute Raumluftmessungen anzustellen. Dabei kam heraus, dass die PCB-Belastung wieder zugenommen hat. Die um 1990 gemessenen Werte hätten zwar viel höher gelegen, sagte Robert Küpper, aber die jetzt ermittelten Befunde machten ein Eingreifen erforderlich. Das wird bei Belastungen zwischen 300 und 3000 Nanogramm PCB pro Kubikmeter mittelfristig empfohlen.
Die Hauptschule Leichlingen gilt als unbedenklich
Das Gebäude der früheren Hauptschule, in dem zurzeit die Grundschule Büscherhof untergebracht ist, gilt als unbedenklich. Der Altbau des Gymnasiums ist gering belastet, nur zwei Einzelmessungen lagen über dem Zielwert der PCB-Verordnung. Hier soll versucht werden, die kritischen Fugen mit einem diffusionsdichten Aluminiumklebeband zu versiegeln. „Wir haben die berechtigte Hoffnung, dadurch den Vorsorgewert von 300 Nanogramm zu unterschreiten“, so Küpper.
In der Sekundarschule aber, wo Werte zwischen 1500 und 3000 gemessen wurden, ist größerer Aufwand erforderlich. In den nächsten Monaten soll eine Probe-Sanierung in zwei Räumen erfolgen, in denen unter luftdichter Abschottung die Fugenmassen entfernt werden. Wenn das nicht reicht, müssen auch Wände, Beläge und Mobiliar saniert werden.
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In den mit der Bezirksregierung abzustimmenden Maßnahmenplan eingeschaltet sind das Amt für Arbeitsschutz, Gesundheitsbehörden und Versicherungsträger. Als Sofortmaßnahme sind die betroffenen Gebäude in den Sommerferien bereits intensiv gereinigt worden.
Da PCB an Staub anhaftet, erfolgt ab sofort eine tägliche Reinigung aller Klassen- und Fachräume (bisher zwei bis drei Mal pro Woche). Den Hausmeistern der Schulen werden freiwillige Blut- und Urintests auf PCB-Belastungen angeboten. Für Lehrkräfte und Schülerschaft werden Vorsorge-Untersuchungen hingegen nicht für erforderlich gehalten. „Die Situation ist akut nicht toxisch“, erklärte Dr. Sabine Kieth, und eventuelle Belastungen könnten ohnehin nicht auf die Schulräume als Quelle zurückgeführt werden: „Die Hauptaufnahme von PCB erfolgt durch die Nahrung“. Die Leiterin des Gesundheitsamtes beruhigte verängstigte Eltern: „Wir gehen nicht davon aus, dass dauerhafte Schäden zu befürchten sind“.