Menschen in der KlemmeViele Besucher bei neuer Ausstellung im Leichlinger Bürgerhaus
Leichlingen – Die Vielfalt an Themen und Techniken ist beeindruckend: Bleistiftzeichnungen hängen neben mannshohen Plastiken, Nina Holzwegs graue Stillleben von Hausfassaden mit Satellitenschüsseln neben Frank Tschentschners Fotografien aus dem Raster-Elektronenmikroskop. Ines Baumgarts Draht- und Folien-Skulptur „Körperhaut“ schlängelt sich in Raum 2 über den Boden. Axel Radermacher hat eine rot-weiß-gesprenkelte Domkulisse auf Ahornholz gefertigt. Und Andi Dost hat „Det“ fotorealistisch in Öl gebannt, einen Mann mit Zahnlücke und im Unterhemd, von dessen faszinierendem tumben Blick man sich gar nicht mehr abwenden mag.
Die 30. Jahresausstellung Leichlinger Künstlerinnen und Künstler ist am Sonntag im Bürgerhaus Am Hammer eröffnet worden. Der Andrang war riesig: Rund 200 Besucher strömten zu der Vernissage, die Erich Leininger und Marius Pietruszka im Weyermannsaal an Saxophon und Piano musikalisch begleiteten. Das Interesse drückte sich auch auf andere Weise aus: Einige der Werke, die zu Preisen von 95 bis 5000 Euro angeboten wurden, hatten schon einen roten Punkt, waren also verkauft, bevor Bürgermeister Frank Steffes die Gäste begrüßt hatte.
Anspruchsvolles Niveau
Wer bei einem Heimspiel örtlicher Kreativer noch an Heimat, Hobbykunst und Kunsthandwerk denkt, wird beim Rundgang staunen: Das Niveau der Arbeiten ist außergewöhnlich hoch. Bei der vom Kulturbüro der Stadt ausgerichteten Schau darf auch nicht jeder mitmachen. Eine unabhängige Jury aus Profis wählt die Stücke stets aus.
Diesmal hatten Güdny Schneider-Mombauer (Künstlerin und Dozentin aus Haan), Annabelle Schleder (Fotografin aus Solingen) und Manfred van Remmen (Kurator aus Solingen) diese Aufgabe.
104 Arbeiten von 40 heimischen Künstlern waren für die beliebte Jahresschau eingeliefert worden. 47 Exponate aus 32 Ateliers haben es ins Bürgerhaus geschafft.
Drei Maler sind seit 30 Jahren tatsächlich jedesmal dabei: Ellen-Blank-Hasselwander, Werner Preuß und Vincent van den Bogaard, der diesmal Greta Thunberg mit ihrer Jahrhundertparole „Skolstrejk för Klimatet“ porträtiert hat – ein Statement, unverkäuflich. Sechs Künstler sind erstmals dabei, darunter Elena Büchel, die eine Schaufensterpuppe in Verpackungsmüll und Kartons gehüllt und „Black Friday“ genannt hat – ihr Protest gegen die Auswüchse des Online-Konsums.
Internationale Motive
Keine Heimattümelei, sondern international sind die Schauplätze vieler Werke. Auf Horst-Peter Jansens Foto-Überblendung wandeln geisterhafte Touristen durch Venedig. Peter Thönes hat Reifenspuren im Schnee der Bettmeralp fotografiert, Joe Azzopardi einen Zug, der durch einen Bahnhof in Amsterdam rast. Regine Evertz hat sich vom Times Square inspirieren lassen. Wolfgang Ahrens hat eine PC-Platine in sein Bild „Auf der Suche nach der künstlichen Intelligenz“ montiert.
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Doch auch wer lokale Sujets sucht, wird fündig: Uwe Miserius hat den Sturz des gesprengten Witzheldener Fernsehturms im Zeitraffer fotografiert und vergrößert. Irmgard Kaduk lässt Keramikmännchen auf Treibholz vom Rhein herumturnen. Einer Figur hat sich ein Tau gefährlich um den Hals gezogen. Eine andere hat sich in einem Spalt verklemmt. Und zwei Kollegen mit Badekappen und Rettungsring sind kurz vor dem Sprung ins kalte Wasser – es sind „Die letzten Schwimmer von Diepental“, so hat Kaduk verschmitzt getitelt. Sie sind ein herrlicher Blickfang dieser sehenswerten Ausstellung, als deren roter Faden Menschen in bedrohlichen Situationen gelten können.