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Bluttat in LeichlingenMutmaßlicher Muttermörder fühlte sich abgelehnt und einsam

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Die Spurenlage lässt Raum für Zweifel: Deshalb sagen im Prozess um den mutmaßlichen Muttermord in Leichlingen eine ganze Reihe Zeugen aus.

Leichlingen – Was ist das eigentlich für ein Mensch, der da des Mordes an seiner Mutter beschuldigt wird? Vorigen Mittwoch hatte die Schwester von Klaus F. (Name geändert) ein ziemlich umfassendes Bild des 46 Jahre alten Mannes gezeichnet - und aus ihrer Sicht ist es ziemlich klar, dass er Mitte März ihre Mutter zu Hause aufgesucht und erstochen hat. Die Spurenlage ist allerdings nicht so eindeutig, dass die 11. Große Strafkammer am Kölner Landgericht kurze Prozess machen könnte mit dem psychisch schwer kranken Angeklagten.

In der Psychiatrischen Klinik kennengelernt

Am Montag berichtete zunächst ein Mann, der Klaus F. in der Psychiatrischen Klinik Langenfeld kennengelernt hatte. Der Angeklagte sei ein besonderer Mensch „mit einem ganz eigenen Weltbild“: Aus seiner Sicht sei die Menschheit fremdgesteuert. Daraus habe sich Klaus F. eine ganze Philosophie zurechtgezimmert, die „ich nicht immer so ganz verstanden habe“, so der Student, der ebenfalls psychische Probleme hat.

Aus seinen wöchentlich zwei-, dreimaligen Kontakten könne er sagen, dass das Mutter-Sohn-Verhältnis „ambivalent“ gewesen sei und „instabil“: Die aller Wahrscheinlichkeit durch den jahrzehntelangen Drogenkonsum hervorgerufene Psychose habe die Mutter schwer belastet. „Ich glaube, sie hat ihn nie akzeptiert, wie er ist.“ Erschwerend sei sicher hinzugekommen, dass auch sie krankheitsbedingt zwischendurch unter Erschöpfung litt.

Auch die Mutter hatte Probleme

Ein Befund, den ein weiterer Bekannter am Montag bestätigte. Der Leichlinger ist Sozialarbeiter, hat mit Klaus F. aber nicht beruflich zu tun. Eher fühlt er sich dem Mann, den er „seit mehr als 20 Jahren kennt“, distanziert freundschaftlich verbunden. In dieser langen Zeit habe sich der psychische Zustand des Angeklagten fraglos verschlechtert. Immer wieder habe es depressive Phasen gegeben, in denen „er sich nicht gemocht und abgelehnt fühlte“ von seinem gesamtem Umfeld. Die Einsamkeit habe immer mehr zugenommen; auch die fortwährende Behandlung mit Medikamenten und die wiederkehrenden Aufenthalte in der Psychiatrie hätten daran nichts geändert. Klaus F. habe die Entwicklung der Welt so beurteilt: „Die Menschen werden immer kälter.“

Die Kontakte mit seiner Mutter, die nur ein paar hundert Meter entfernt wohnte, hätten ihm offenbar nicht immer gereicht. Aber sie habe „auch Grenzen gesetzt“, was immer wieder Anlass zu Konflikten mit ihrem Sohn gegeben habe.

Er war Grüner, sie bei der AfD

Hinzu kamen grundsätzlich verschiedene politische Ansichten: Klaus F. hatte ein Aufnahmegespräch bei den Leichlinger Grünen, die Mutter war nach Aussage der Tochter in der AfD aktiv, habe außerdem Verschwörungstheorien angehangen: „Das hat sie einige Freundschaften gekostet.“

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Vom Tod seiner Mutter will Klaus F. durch eine Tante erfahren haben. Mit ihm habe man nicht gesprochen. Allerdings nur zunächst nicht: Kurz nachdem die 73-Jährige in ihrer Erdgeschosswohnung gefunden worden war, wurde der Sohn verhaftet. Seine Bekannten fragte die Vorsitzende Richterin Sabine Kretzschmar, ob sie dem Mann eine derartige Tat zutrauten. „Eher nicht“, so sein Bekannter aus der Klinik. Der Sozialarbeiter äußerte sich ähnlich, schränkte aber ein: „Wenn, dann nur in einem psychotischen Zustand.“