RTL-II-ReportageVon der CDU ins Freudenhaus
Leichlingen – Wer nicht fragt, bleibt dumm. Und so beginnt auch die Geschichte von Sandy und Tobias mit einer Frage. In einem Brief an das Kölner Großbordell Pascha wollen Sandy und zwei ihrer Freundinnen wissen, warum Bordellbesuche nur Männern vorbehalten seien. Sind sie gar nicht, stellt sich heraus. Denn der Bordellbetreiber lädt die drei Frauen mit ihren Ehegatten ein, um für den Fernseh-Sender RTL II die Reportage „Der große Bordell-Check: Kölns Freudenhaus XXL“ zu drehen. Die war vergangenen Donnerstag nach 23 Uhr zu sehen und steht nun im Internet. Eine Dreiviertelstunde dauert das Ganze und darf aus Jugendschutzgründen im Internet nur zwischen 23 und 6 Uhr abgerufen werden.
Sich schlau zu machen, das ist Tobias Unger und seiner Frau Sandy offenbar auch auf kommunalpolitischer Ebene ein Anliegen. Unger bezeichnet sich auf der Internetplattform Xing unter der Rubrik „Organisationen“ als Vorstandsmitglied der Leichlinger CDU, Business-Partner von Bayer 04 und Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung Leichlingen (MIT). Letztere versuchte er für die CDU zu beleben. Aber erfolglos, die Vereinigung ist derzeit nicht aktiv. Und wie Rainer Hüttebräucker, der neue Vorsitzende des Leichlinger CDU-Stadtverbandes, klarstellt, ist Tobias Unger seit Anfang des Jahres auch nicht mehr Mitglied der CDU. Immerhin war er seit 2010 drei Jahre im Vorstand der Partei. Auf die Frage, ob Ungers Frau Sandy noch Mitglied ist, musste Hüttebräucker passen. Tatsächlich vertritt Ungers Frau als sachkundige Bürgerin den CDU-Ratsherrn Dominique Rondé im Jugendhilfeausschuss des Rates. Im Filmchen tauschen sich die Bordell-Tester-Pärchen über ihre Kinder aus, die im gleichen Alter seien, und über die sie sich kennengelernt hätten. Auch Partnertausch ist ein Thema.
Der Link mit der RTL-Internetseite über den Besuch im Freudenhaus machte gestern unter Leichlinger Kommunalpolitikern die Runde. Auf der Internetseite des RTL-II-Magazins ist Unger mit nacktem Oberkörper zu sehen, wie er beim Doktorspiel tapfer seine Muskeln spannt, während ihm seine als Krankenschwester auftretende Frau den Blutdruck misst. Die drei Paare erhielten offenbar Schlüssel zu allen Zimmern des Bordells, die sie erkunden durften, um zu sehen, wie die "Professionellen" arbeiten.
Mutig ins Sklavenzimmer
Der Begleittext zum Film hebt den Mut hervor, mit dem sie sich in die Sado-Maso- und Sklavenzimmer wagen. „Sie lassen sich von verschiedenen Themenzimmern inspirieren und sehen vor allem auch, was Tag für Tag in Deutschlands größtem Puff möglich gemacht wird“, heißt es in dem Einführungstext. Unger zeigt auch auf seiner privaten Facebook-Seite freimütig Bilder. Eine Frau mit Augenbinde aus Spitze liegt da gefesselt auf einem Bett. Eine andere sitzt breitbeinig auf dem Sofa, und der Aufkleber „Ich hab’ dich gestern Nacht auf Youporn gesehen“ ist ebenfalls öffentlich zu sehen. Aus der Facebook-Gemeinschaft der Jungen Union sei Unger aufgrund sexistischer Kommentare ausgeschlossen worden, heißt es aus gut unterrichteten Kreisen. Die jüngsten JU-Mitglieder sind 14 Jahre alt.
CDU-Chef Hüttebräucker gab an, keine Kenntnis von dem Film und der Internetseite zu haben: „Das interessiert mich nicht“. Auch die Facebook-Seite habe er bislang nicht gesehen. „Ich bin damit überfordert und habe andere Baustellen. Ich kann nicht solche Seiten auf ethische und moralische Hygiene hin kontrollieren.“ Auf die Frage, wie er denn zu Ungers Fernsehauftritt stünde, wäre dieser noch Mitglied der christlichen Partei, sagte Hüttebräucker: „Er ist kein Mitglied mehr. Darüber brauche ich mir jetzt keine Gedanken mehr zu machen.“
Unger selbst gab sich auf telefonische Nachfrage erstaunt. Parteiarbeit und Bordelltest haben seiner Ansicht nach nichts miteinander zu tun. Auf die Frage, ob seine Frau als Mitglied des Jugendhilfeausschusses nicht eine Vorbildfunktion habe, sagte Unger: „Das ist total lächerlich und albern.“ Danach legte er auf.