Rundgang durch WitzheldenWo Fußgänger kaum über die Straße kommen
Leichlingen-Witzhelden – Eng und gemütlich schmiegen sich die Fachwerkhäuser in der Witzheldener Ortsmitte aneinander. Die Heimeligkeit, die den unter Denkmalschutz stehenden Dorfkern zu einem Juwel im Bergischen Land macht, ist aber auch das größte Verkehrsproblem des Leichlinger Höhendorfs. Zwei Landesstraßen, die L359 und L294, treffen versetzt mitten im historischen Wegekreuz aufeinander. Das ist – trotz der Tempo-30-Zone – ein Übel für Anwohner, Fußgänger und Geschäftsleute, die über den starken Auto-, Lkw-, Bus- und an schönen Wochenenden auch immensen Motorrad-Ausflugsverkehr stöhnen.
Verkehrsplaner sammeln Ideen
Und es ist eine harte Nuss für Verkehrsplaner, die im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes (InHK) derzeit über Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken. Es ist rund um den Marktplatz einfach zu wenig Platz für breitere Bürgersteige, aufgeweitete Einmündungen, begrünte Freiräume, Zebrastreifen und kundenfreundliche Parkplätze – von Radwegen ganz zu schweigen.
Das wurde auch bei dem Stadtrundgang deutlich, den 20 Bürgerinnen und Bürger am Montagabend mit Klimaschutzmanagerin Monika Meves und fünf Expertinnen und Experten der beiden Ingenieurbüros Isaplan und Via unternahmen. Wie schon Ende April in der Stadtmitte diente auch diese Exkursion der Erarbeitung eines Mobilitätskonzeptes zur klimafreundlichen Umgestaltung des Stadtverkehrs.
Den Fußgängern, Schulkindern, Senioren und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen galt das Hauptaugenmerk der zweistündigen Begehung. Und wohin man auch blickte: Überall war offensichtlich, dass es Passanten in Witzhelden sehr schwer haben, über die vier Straßen zu kommen, über die aus Nord, Süd, Ost und West Blechverkehr durch den Ort strömt.
Zwei zur Beruhigung gut gemeinte Feststellungen von Kathrin Krienke (Via) konnten die kundige Einwohnerschaft wenig trösten: Gemessene 6000 bis 8000 Kraftfahrzeuge pro Tag seien noch keine Katastrophe, und man könne froh sein, dass man es Witzhelden sogar geschafft habe, Tempo 30 auf Landesstraßen durchzusetzen. Das hilft den Leuten aber auch nicht viel weiter, wenn sie versuchen müssen, in den Verkehrslücken über Haupt-, Burscheider, Leichlinger und Solinger Straße zu huschen.
Zumindest auf letzterer, am Busbahnhof, ist nun Hoffnung in Sicht. Wohl im nächsten Jahr, antwortete Tiefbauamtsleiter Jürgen Scholze vor Ort, könne eine Überquerungshilfe für Busfahrgäste und Supermarkt-Kunden angelegt werden. Das sei auch dringend nötig, mahnte ein Bürgerbusfahrer aus der Gruppe, denn 80 bis 90 Prozent seiner Fahrgäste seien mit Rollatoren unterwegs und hätten große Mühe, die breite L359 an den Haltestellen zu überwinden. Nachdem die Ratsfraktionen auf eigene Faust eine Verkehrszählung unternommen hatten, konnte der Landesstraßenbaubehörde die erforderliche Fußgängerquote nachgewiesen werden. Jetzt müssen noch Grundstücksverhandlungen geführt werden.
Auch an der Einmündung der Burscheider Straße, eingangs des Friedhofswegs und am evangelischen Gemeindehauses fehlt es an sicheren Furten für Fußgänger. Die Verkehrsteilnehmer sind oft allein auf gegenseitige Rücksichtnahme und Achtsamkeit angewiesen. Die Gehwege am Ortseingang in Höhe der „Alten Post“ sind katastrophal schmal und lebensgefährlich. Ortskundige machen da lieber einen Bogen, zum Beispiel über Schneeberg, Fritz-Hinrichs- und Felder Weg. Solche Umleitungen, wird im Handlungskatalog stehen, könnten besser ausgeschildert werden. Und auch über nur einseitige, dafür breitere Bürgersteige wird nachgedacht.
Schleuse für Busse
Auch für die neuralgische und zu Stoßzeiten verstopfte Ampelkreuzung am Markt haben die Verkehrsplaner eine neue Idee: Busfahrer sollen beim Herannahen Rotlichtphasen für einmündende Autos auslösen können, damit sie beim Abbiegen mit großen Schleppkurven nicht die gesamte Kreuzung verstopfen. Das sei relativ einfach zu bewerkstelligen und klappe andernorts gut.
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Keinen Anklang fand hingegen der wiederholte Vorschlag eines Teilnehmers, noch einmal über den Bau einer Ortsumgehung im Süd-Westen nachzudenken, um die Dorfmitte zu entlasten. Diese Radikallösung ist schon vor Jahrzehnten politisch verworfen worden, als eine Stelzenstraße um den Ort diskutiert wurde. „Je mehr Straßen ich baue, desto mehr Verkehr bekomme ich“, wies Yvonne Göckemeyer (SPD) auf eine Einsicht der Verkehrswende hin. Amtsleiter Jürgen Scholze ergänzte lapidar: „Das Land finanziert keine Umgehungsstraßen mehr.“