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2 Stunden in LeverkusenAm Rhein in Hitdorf gelingt der perfekte Kurzurlaub

Lesezeit 4 Minuten
eigene Liegen am Rheinufer

Manche Besucher der Wiesen am Rhein bringen ihre eigenen Liegen mit.

Leverkusen – Volltreffer. Mein Dartpfeil landet in Hitdorf am Rhein. Es führen so viele kleine Wege durch die Auenwiese zum Ufer, ich kann mich kaum entscheiden, welchen ich nehmen soll. Statt Stadtluft atme ich heute die kühlere Brise am Rhein ein. Ich setze mich. Die Bäume rascheln laut. Das angenehme Rauschen verursachen die vielen kleinen Blätter der Pappeln und Silberweiden. Volle Holunderbüsche an den Stämmen der mächtigen alten Bäume machen Lust auf sommerliche Beeren.

Eltern mit jungen Kindern, die auf dem Spielplatz toben, sind die eine Gruppe von Menschen, die ich antreffe. Das Ufer erstreckt sich so lang und breit, dass sich ihre verspielten Rufe vom Klettergerüst in der Ferne verlieren. Rentnerinnen und Rentner zählen zu der anderen Gruppe, die ich ausmache.

Traktoren fahren von der Fähre

Auch Landwirte nutzen die Hitdorfer Fähre.

Viele scheinen die Ruhe des Rheinufers schon seit Jahren aufzusaugen und strahlen sie nun selbst aus. Mit dem Fahrrad, E-Bike oder Rollator machen sie Halt an den Parkbänken. Oder bringen ihre eigenen Stühle mit: Kurzurlaub am Hitdorfer Rhein. Und wenn es nur zwei Stunden sind.

„Die Sicht auf den Rhein hat immer was“

Marlies und Reiner aus Langenfeld kommen seit 15 Jahren hierhin. Sie fahren mit dem Auto, weil sie ihre eigenen Liegen dabeihaben. „Die Sicht auf den Rhein hat ja immer was“, schwärmt Marlies, als sie von ihrer Zeitung aufblickt. Einen anderen Ort in der Nähe, an dem der Rhein in Toilettennähe, mit Schatten und bei Weitläufigkeit zu genießen ist, gebe es nicht. Reiner gefällt das stetige Fließen des Flusses.

Zur Serie

In unserer Serie „2 Stunden...“ werfen die Autorinnen und Autoren mit einem Dartpfeil auf eine Landkarte von Leverkusen. Wo auch immer der Pfeil landet, verbringen sie zwei Stunden. Sie erkunden den Zufallsort, treffen auf fremde Menschen, erleben Ungewohntes, Schönes und Skurriles – und erzählen davon.

Schiffe ziehen vorbei und die Fähre fährt hin und her. Die Hitdorfer am Ufer starren einem Flusskreuzfahrtschiff hinterher. Und die Urlauber auf dem Schiff starren die Hitdorfer am Ufer an. Man grüßt sich durch ein kaum merkliches Kopfnicken. Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir in diesem Moment alle das Gleiche denken: „Ist nett hier,“ kommentiert zumindest meine innere Stimme. Aber nicht alle besuchen den Ort nur zur Erholung.

Ungläubig schaue ich zu, wie zwei Traktoren mit Strohballen vollgepackte Anhänger von der Fähre ziehen. Vermutlich nutzen die zwei Landwirte den Wasserweg, weil die Leverkusener Brücke für sie gesperrt ist.

Seit 30 Jahren steht hier der Eiswagen

Wer mit der Fähre von Köln übersetzt, läuft als erstes an einem Eiswagen vorbei. Aus seinem umgebauten T3 verkauft Domenico „Mimo“ Spiteri italienisches Gelato. Schon sein Vater hat hier jeden Sommertag mit gutem Wetter verbracht. Der T3 und die Familie Spiteri stehen seit mehr als 30 Jahren am Fähranleger. Und in Langel war früher sogar ein Gegenstück anzutreffen.

Domenico „Mimo“ Spiteri vor seinem Eiswagen an der Hitdorfer Fähre

Domenico „Mimo“ Spiteri vor seinem Eiswagen an der Hitdorfer Fähre.

Je wärmer das Wetter, desto größer der Eisbecher, beobachtet Mimo. Bis vor drei Jahren hat er das Restaurant Le Palme in Wiesdorf betrieben. „Wenn weniger zu tun ist, genieße ich die Ruhe“, sagt er heute und klettert von der Eistruhe auf den Vordersitz. Von dort aus sieht er den Rhein. Mimo hat einen Arbeitsplatz mit fantastischer Aussicht.

Biergarten III

Der Biergarten zieht Ausflügler an.

Ein paar Meter weiter, an der Wiesenstraße, wartet das Einkehrparadies für Ausflügler. Am „Biergarten an der Hitdorfer Fähre“ gehen nur wenige vorbei. Auch vormittags ist die Terrasse schon gut gefüllt. Noch beliebter ist der Biergartenbereich mit Holzboden, großen Sonnenschirmen und jeder Menge Fahrradständern. Akkus können neben der Theke aufgeladen werden.

Dass der Ort auch abends noch gut besucht ist, lässt die Strandbar mit Liegestühlen im Sand und Cocktailausgabe erahnen. Die Zapftheke in einem langgezogenen Holzhäuschen hat Miroslav Bejger selbst gebaut. Er arbeitet ähnlich lange wie Mimo an der Fährstraße, seit 30 Jahren besitzt er das Lokal.

Fähre II

Die Fähre fährt zwischen Leverkusen-Hitdorf und Köln-Langel.

Das Eis und die kühlen Getränke haben mich etwas weggelockt von dem Punkt, an dem mein Dartpfeil eigentlich gelandet ist. Die Wiesenstraße hinunter gehe ich in seine Richtung, bis zur Querstraße Am Werth, vorbei an hohen Betonfundamenten und steilen Auffahrten. Diesen Häusern kann der Rhein nichts anhaben. Ich treffe Ulla Ladewich. Sie lebt seit 51 Jahren hier.

„Seitdem die Mauer da ist, kommt der Rhein nicht mehr so weit“, tut sie meine Frage nach Sorge vor Flut ab. „Aber früher konnten wir bei Hochwasser das Fenster öffnen und im Rhein spielen. Da sind die Schwäne direkt vor uns vorbeigeschwommen.“ Mit der Fähre verbindet sie vor allem Karneval. Dann geht es rüber nach Köln-Langel zum Feiern.

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Vor dem „Türmchen Am Werth“ treffe ich noch jemanden, der typischer für das historische Hitdorf nicht sein könnte. Vor dem Heimatmuseum mit derzeitiger Sonderausstellung zur Gleisanlage im Hitdorfer Hafen sitzt er mit einer Pfeife im Mund auf einem Bierfass neben Streichhölzern.

Bronzestatue Heimatmuseum Hitdorf (1)

Die Bronzestatue erinnert an die industrielle Vergangenheit des Stadtteils.

Er ist aus Bronze. Tabakverarbeitung, Zündholzherstellung und Bierbrauen waren die wichtigsten Industrien im Dörfchen. Heute hat jemand eine Blüte in seine Pfeife gesteckt und einen Zweig zwischen die Finger. Welch passende Ergänzung der Statue, steht doch das grüne Fleckchen am Rhein mittlerweile für Erholung.