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20 Jahre VizekusenAls die Meisterschaft vergeigt wurde

Lesezeit 3 Minuten
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Reiner Calmund nimmt erstaunt die Gegentreffer des Underdogs Unterhaching entgegen.

Leverkusen – Die rasende Hinfahrt nach Bayern oft mit Tempo 200 und mehr nach Unterhaching am Morgen des 20. Mai 2000 im Auto des Kollegen Matthias Bauschen war eine wahre Triumphfahrt. Bundesweit war es abgemachte Sache, dass Leverkusen der Titel gehört. Bauschens pfeilschneller roter Alfa hatte Lev-Kennzeichen und auf der Autobahn ernteten wir viele freundliche Gesten.

Die Meisterschaft war sicher

Eins war ja jetzt schon klar: Leverkusen hatte den blöden Bayern die Meisterschaft genommen. Ich war neutral, hänge bis heute keinem Fußballverein an, der 2017 gestorbene Bauschen war Leverkusen-Fan, wenn auch ein extrem kritischer. Außer uns waren viele mit „LEV“ auf der gleichen Route unterwegs und grüßten.

Unterhaching ist eigentlich nur ein Münchner Vorort. Es wimmelte von siegessicheren Leverkusenern, die Unterhachinger Fans gingen mit Lockerheit an die Sache, wahrscheinlich haben sie deshalb gewonnen.

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Viele wollten eigentlich den Sieg in Unterhaching feiern.

Prominenz war da: Der für den Sport zuständige Innenminister Otto Schily, DFB-Präsident Egidius Braun, die beiden würden später die Meisterschale überreichen. Schily trug einen Haching-Schal. Die berühmte Salatschüssel durften sich alle schon mal angucken, sie lag auf einem Tisch, der auf dem Rasen stand. Die Leverkusener Delegation war groß. Gute Tausend Fans, Oberbürgermeister Paul Hebbel, dann die Bayer-Entourage: Reiner Calmund, Wolfgang Holzhäuser, Rudi Völler, Meinolf Sprink und als quasi offizieller Bayer-AG-Vertreter der damalige Finanzvorstand Werner Wenning.

Erschrecken beim Eigentor

Das Spiel lief und es lief schlecht. Erste Halbzeit – Michael Ballack schießt ein Eigentor: Erstaunen in Callis Gesichtszügen, direkt hinter ihm jubeln die Bayern. Im kleinen Stadion mit Amateurfußball-Atmosphäre war alles ungeregelt, wenige Sicherheitsleute und wir beiden vom „Leverkusener Anzeiger“ konnten uns vollkommen frei bewegen. Aus heutiger Sicht ist das unvorstellbar, da dürfen sich besonders die Journalisten in den Stadien kaum mehr frei bewegen. Als Bayer zunehmend patzte und Bayern München gleichzeitig ein Tor nach dem anderen schoss, verließen die Leute vom DFB mit der Meisterschale heimlich und schnell Unterhaching in Richtung des nahen Olympiastadions.

Das Alphorn tutete

Jedes Tor der Hachinger und der Münchner wurde mit einem lauten Hup-Ton angezeigt; wie ein Alphorn klang das. Die Sache war gelaufen. Bayern war wieder Meister, Werner Wenning vergrub den Kopf in seinen Händen, viele Fans weinten, Spielerfrauen auch und sie tippten SMS. Irgendwann guckten alle Offiziellen leer, ein paar Fans wurden aggressiv, drohten Fotografen und der Mannschaft.

Dann die Rückfahrt, aber mit eher hämischen Gesten im Münchner Raum. Zurück in Leverkusen lag der ganze Jammer über der Stadt und den Kneipen. Da wir Fotografen selbst nur ein Schwarz-weiß-Labor in der Redaktion hatten, hatten wir extra für den historischen Meistertag einen Spät-Termin mit den Damen vom Agfa-Labor im Bayer-Kaufhaus ausgemacht; die entwickelten freundlicherweise und ausnahmsweise die Farbfilme von der „Meisterfeier“ noch nachts.

Vorhänge zu

Auf einer Rundfahrt sah ich, dass Bayer heimlich eine Bühne am Kasino an der Kaiser-Wilhelm-Allee für die Meisterfeier aufgebaut hatte. Die Vorhänge am Kasino, in das sich die Mannschaft, Trainer und die Offiziellen zurückgezogen hatten, waren zugezogen.