50 Jahre „City A“Das war die vielleicht größte Wandlung in der Geschichte Leverkusens
Leverkusen – Eine der vielleicht einschneidendsten Wandlungen Leverkusens war der Bau der City A, die am 12. Oktober, vor 50 Jahren, eröffnet wurde. Der Bau begann mit – einem Abbruch. Denn da, wo heute die Luminaden und der Kaufhof im besten Beton-Brutalismus-Stil der 1960er Jahre stehen, gab es zuvor Koloniehäuser und -gärten.
Als erstes Haus traf es am 20. Februar 1967 das Eckhaus Liebigstraße/Hauptstraße. Bis zu diesem Tag hatte die Großstadt Leverkusen mit der Hauptstraße, heute die Fußgängerzone, zwar eine Geschäftsstraße, die allerdings nur auf einer Seite Läden und Lokale hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite reichte die Bayer-Kolonie bis an die Hauptstraße.
„Man empfand das als provinziell und piefig“, erinnert sich der Zeitzeuge Holger Schmitt, der damals Fotograf beim „Leverkusener Anzeiger“ war, „für eine Großstadt, die Leverkusen nun mal war, empfanden viele das als nicht angemessen“. Heute würde man wohl vieles anders machen, ist er sicher.
In Leverkusen herrschten damals schon Verkehrsprobleme
Die Stadt war Dank der damals noch sprudelnden Unternehmenssteuern alles andere als arm, die Einwohner kaufkräftig.
Die heutige City entstand abschnittsweise. Ideen für die neue Stadtmitte hatte man ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre gesammelt.
1965 hatten Stadt und Investoren den „Stadtmitte-Vertrag“ fürs alte Wiesdorf geschlossen, mit Investoren für die Tiefgaragen und für die Hochbauten.
Als 1967 das erste Koloniehaus für den neuen City-Abschnitt A fiel, wurde in Leverkusen andernorts viel Beton gegossen. Etwa in Manfort, wo Wohnhochhäuser entstanden. Und die City C wuchs zu der Zeit schon. Oft herrschten Verkehrsprobleme, weil an der großen Stadtautobahn B8 gebaut wurde.
Das Forum war im September 1969 als erstes fertig. Es gehörte von Anfang an zu den Stadtmitte-Plänen. Der Standort des Kulturzentrums war lange umstritten. Man entschied sich schließlich für den Büchelter Hof, der nebst Küppersteger Mühle weichen musste, damit – noch vor der City C – das Forum am 20. September 1969 eingeweiht werden konnte.
33 Monate dauerten die Bauarbeiten im Abschnitt A, dann standen Hochhäuser, Kaufhof, Hertie, Wehmeyer, die Schrägstraße, die zu der Zeit noch luftig und ohne das heutige Luminaden-Glasdach auskam. Das kam erst in den 90er Jahren.
137 Eigentumswohnungen in den Hochhäusern
Die Architekten hatten für den neuen Abschnitt mehr Farbe für die Fassaden vorgesehen. Rot lockerte den Sicht- und Waschbeton auf. 137 Eigentumswohnungen in den Hochhäusern sollten Garant sein, dass die neue City auch nach Geschäftsschluss nicht ausgestorben wirken sollte.
Die zentrale Figur, der Finanz- und Baumanager Carl Schaetzle, der neben anderen Städten auch Hannover mit einer Innenstadt aus Beton beglückt hatte, protzte damals noch mit ihrem Reichtum: Schaetzle besaß einen großen sowjetischen Hubschrauber, mit dem er Leverkusen und seine vielen anderen Baustellen anflog. Das Exemplar steht heute im Technikmuseum in Sinsheim. Schaetzles City Bau KG ging später pleite.
Die Eröffnung des Abschnitts A am 12. Oktober verlief nach Plan: Menschenmassen drängelten sich in die neue City. „Stadtmitte ein Knalleffekt“ und „Ein unendlicher Trubel“, schreibt der „Leverkusener Anzeiger“, auch von hundert Ehrengästen. Nicht alle Geschäfte waren fertig geworden und hatten geöffnet. Die anderen waren überfüllt.
Eine Investition entpuppte sich von Anfang an als Unsinn: Passend zur Doktrin der autogerechten Stadt sollten die Fußgänger aus dem Weg: Einen teuer mit Rolltreppen gebauten Fußgängertunnel unter der Nobelstraße wollten die Leverkusener partout nicht nutzen, sie stiegen lieber über die Absperrungen und querten die Straße ebenerdig. Den Tunnel und die Rolltreppen soll es heute noch geben.
Abgesehen von dieser Fehleinschätzung war die City ein Erfolg. Der Verwaltungsbericht 1972 schwärmt: Leverkusen habe an Zentralität gewonnen, während die Einkaufszentren Köln und Düsseldorf an Bedeutung verlören.
Das „Leverkusener Modell“ funktionierte
Das damals „Leverkusener Modell“ genannte Prinzip, Geschäftszentren mit vielen privaten Eigentümern zu bauen, funktionierte für die Investoren zunächst. Das Modell entpuppt sich heute aber als echter Webfehler – siehe die Dauer-Problemimmobilie City C: Einigkeit, etwa über große Umgestaltungen, zu erzielen, scheint unmöglich.
Viel Altes wurde vor 50 Jahren infrage gestellt. Dem allgemeinen Zeitgeist, sogenannte alte Zöpfe schnell mal abzuschneiden, fiel auch das erste Wiesdorfer Rathaus zum Opfer. Es gab zwar auch Gegner des Abbruchs, dennoch lag zwischen Entscheidung und der Schleifung im Oktober 1971 nicht viel Zeit. Dieser Abbruch, sagt unser Zeitzeuge Schmitt, sei ein Sündenfall in der Stadt gewesen.
Mit dem Bau der Rathaus-Galerie mit 22.000 Quadratmetern Geschäftsfläche ist die Entwicklung neuer Einkaufsmöglichkeiten in der City abgeschlossen. Größere Baupläne existieren derzeit in Wiesdorf nur noch für das Postgelände zwischen B8 und Eisenbahn und für die stillgelegte Ganser-Brauerei – ohne nennenswerte Einzelhandels-Anteilen.