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TanzbühneLeverkusener holen Depression aus der Tabuzone

Lesezeit 3 Minuten

Tanzstück zum Thema Depression.

Leverkusen – Jeder Fünfte erkrankt mindestens einmal in seinem Leben an Depression. Aber nur ein Bruchteil von ihnen nimmt eine Therapie in Anspruch. Der Rest leidet im Stillen – auch aus Angst, von Familie und Freundeskreis nicht mehr ernst genommen oder gar ausgegrenzt zu werden. Das Bündnis gegen Depression, das sich im Jahr 2016 in Leverkusen gründete, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erkrankung Depression aus der Tabu-Zone zu holen.

„Es gibt immer noch viel zu wenig Informationen und die Betroffenen werden stigmatisiert“, schilderte Rita Apke, Mitarbeiterin des Sozialpsychiatrischen Zentrums Leverkusen, aus ihrer beruflichen Erfahrung heraus. „Man kann besser mit anderen über Magengeschwüre sprechen als über Depressionen.“

Botschaft unterstreichen

Dabei könne die Erkrankung grundsätzlich jeden treffen, ganz gleich, welche soziale Herkunft, Alter, Bildungsgrad oder Geschlecht man hat. Um diese Botschaft zu unterstreichen, nutzt das Bündnis auch ungewöhnliche Mittel. Wie den Tanz beispielsweise. Gemeinsam mit dem Tanztrieb-Ensemble wurde bereits im Jahr 2017 ein Stück konzipiert, das die ganze Tragweite der Erkrankung für das Publikum sichtbar machen sollte. Anregungen dafür kamen von Betroffenen selbst, die sich während eines Workshops zu ihren Gefühlen und Gedanken äußerten.

Traurig und nachdenklich

Das Ergebnis ist ein traurig und nachdenklich stimmendes Stück mit dem Namen „Auf-Bruch“, das Tanzpädagogin und Choreographin Monika Piechowicz am Samstag nochmals in der Friedenskirche in Schlebusch präsentierte. Und die Organisatoren schienen einen Nerv getroffen zu haben. Schier überfordert mit der größer als erwarteten Zuschauerzahl verschob sich der Start der Aufführung nach hinten. Dennoch bekamen nicht alle Interessierten einen Sitzplatz, was die Aufmerksamkeit in Richtung Bühnenraum aber nicht schmälerte. Das Publikum war von dem Geschehen gebannt, einfach betroffen.

Mehr als schlechte Stimmung

Depression ist mehr als nur eine zeitweise schlechte Stimmung. Es ist ein Zustand, der Körper und Geist gleichermaßen lähmt. Die zehn Tänzerinnen bewegten sich langsam und mit beinahe mechanischen Bewegungen. Die Mienen waren versteinert und ohne Ausdruck, man funktionierte einfach nur noch. „Was tun, wenn nicht die Knochen sondern die Seele bricht?“ Diese Frage wurde in den Raum geworfen.

Statt einer Antwort wurden aus dem Off nackte Zahlen und Fakten vorgetragen. Berühmte Persönlichkeiten wurden aufgezählt, die selbst mit Depressionen kämpften: Brad Pitt, Winston Churchill, Abraham Lincoln und Joanne K. Rowling sind nur wenige Beispiele.

Die Tänzerinnen machten sich gegenseitig Vorwürfe, wer was bemerkt haben soll. „Nein, ich habe nichts gesehen“, kamen sie alle zu dem Schluss. „Ich habe teilnahmslos teilgenommen. So war mein letztes Jahr“, sagte eine Tänzerin.

Mut fassen

Man muss dazu wissen: Betroffene brachten nicht nur ihre Ideen in das Stück ein, einige von ihnen fassten gar den Mut, selbst zu tanzen, was bei dem Krankheitsbild eine enorme Leistung und zu würdigen ist.

Die Antriebslosigkeit war das bestimmende Motiv des Tanzstückes, dabei gibt es viel mehr Facetten. Es bleibt doch die Frage, ob der Tanz das geeignete Darstellungsmittel ist, um diese Bandbreite abzubilden. Ebenso fehlte der Hoffnungsschimmer. Die Depression wurde als ein nicht veränderbarer Zustand dargestellt. Sie ist das dank moderner Therapiemöglichkeiten aber nicht mehr. Eine sinnvolle Erweiterung des „Auf-Bruchs“ ist die bildende Kunst.

Bilder von Menschen, die an Depression erkrankt sind, sind ab Dienstag, 30. April, in der Friedenskirche zu sehen. Am Sonntag, 5. Mai, sind ab 14.30 Uhr Vertreter des Bündnisses gegen Depression vor Ort und geben Informationen zur Erkrankung und Behandlung.