Ausbildung zum Erzieher in Leverkusen„Als Mann in die Kita? Auf jeden Fall!“
Leverkusen – Larsen Altenburg ist in zweierlei Hinsicht ein Exot an der städtischen Kita Morsbroicher Straße: Mit 28 Jahren hat er weder das klassische Alter noch das klassische Geschlecht für eine Ausbildung zum Erzieher. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum er sich für die noch relativ neue PIA-Ausbildung entschieden hat und was er sich für seine berufliche Zukunft wünscht.
Herr Altenburg, wie sind Sie zu der PIA-Ausbildung gekommen?
Larsen Altenburg: Ich habe nach meinem Fachabitur im sozialen Bereich zunächst den Bundesfreiwilligendienst gemacht. Dabei habe ich einen Menschen mit Behinderung im Abitur betreut, danach habe ich als Ergänzungskraft in einer OGS gearbeitet und eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann bei Bayer 04 Leverkusen angeschlossen. Zunächst wollte ich mit einem BWL-Studium die kaufmännische Schiene weiter verfolgen, das habe ich dann aber abgebrochen und mir noch einmal Gedanken über meine eigentlichen Stärken gemacht. Und das Arbeiten mit Kindern liegt mir einfach. Über meine Frau, die auch Erzieherin ist, bin ich dann zur PIA-Ausbildung gekommen.
Warum haben Sie sich für PIA entschieden?
Der Vorteil gegenüber der klassischen Ausbildung ist ganz klar, dass man das, was man theoretisch im Unterricht lernt, direkt in der Praxis sieht und umsetzen kann und Entwicklungsschritte der Kinder besser verfolgen kann, als wenn man drei Monate Schule hat und dann sechs Wochen Praktikum. Dann sieht man die Kinder immer nur über einen kurzen Zeitraum, so kann ich die Kinder über drei Jahre begleiten, das ist für mich der entscheidende Vorteil. Aber natürlich spielt auch der finanzielle Aspekt eine Rolle. Jemand wie ich, der vielleicht schon etwas älter ist und schon eine Ausbildung gemacht hat oder auch schon gearbeitet hat, der kann sich nicht mehr erlauben, noch einmal zwei Jahre ohne Vergütung zur Schule zu gehen. Für mich war klar, dass das nur mit Bezahlung möglich ist.
PIA ist die Abkürzung für „Praxisintegrierte Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern“. Diese wird seit 1. September 2019 am Geschwister-Scholl-Berufskolleg an der Bismarckstraße angeboten.
Die klassische Kita-Ausbildung besteht aus zwei Jahren unbezahlter Schulausbildung und einen vergüteten Anerkennungsjahr. Die PIA-Ausbildung ist ebenfalls dreijährig, allerdings sind die Studierenden von Anfang an in den praktischen Betrieb einer Kita eingebunden. Ihre Woche besteht aus je zweieinhalb Tagen an der Schule und in der Kita. Dafür bekommen sie auch von Anfang an ein Gehalt. Bei den städtischen Auszubildenden sind das im ersten Jahr 1140 Euro brutto, im zweiten 1202 Euro und im letzten Jahr 1303 Euro.
20 Plätze stehen zur Verfügung - allerdings sind diese aktuell nicht voll besetzt, da nicht genug Bewerber die Aufnahmevoraussetzungen erfüllen. Neben einer gewissen Vorerfahrung erwartet das Berufskolleg Organisationsfähigkeit. „Für dieses duale Studium braucht es schon ein hohes Maß an Selbstmanagement, weil auch einiges außerhalb der Schulzeit erarbeitet werden muss“, erklärt die Bildungsgangs- und Klassenleiterin Silke Denef-Tauber. Grundsätzlich eignet sich die Ausbildung aber für jedes Alter und auch für Quereinsteiger.
Interessierte können sich beim Geschwister-Scholl-Gymnasium informieren.
Was sind die größten Herausforderungen in der Kombination von Schule und Kita?
Da die Ausbildung noch relativ neu ist, war die Koordination zwischen der Schule und der Stadt Leverkusen als Arbeitgeber am Anfang ein bisschen schwierig. Da brauchte die Stadt eine Bestätigung der Schule, dass ich aufgenommen werde, die Schule brauchte aber erst eine Zusage, dass ich einen Arbeitsplatz bekomme, das waren ein paar bürokratische Hürden. Aber ich habe da alles auf die Stadt Leverkusen gesetzt, weil das der einzige Träger war, von dem mir bekannt war, dass er Plätze für die PIA-Ausbildung vergibt und ich bin jetzt glücklich, dass das auch geklappt hat.
Und was ist anstrengender? Schule oder Kita?
Ganz klar Schule! In der Arbeit mit Kindern hatte ich ja schon einige Vorerfahrungen, aber sich nach der Arbeit zu Hause dann noch einmal hinzusetzen und die Schulaufgaben durchzugehen anstatt einfach den Abend zu genießen, das fällt dann schon mal schwer. Aber es gehört eben dazu. Und schön ist, dass es auf beiden Seiten einen großen Austausch gibt. In der Schule wird immer gefragt: Wie ist die Arbeit? Seid ihr glücklich, macht es noch Spaß? In der Kita fragen auch immer alle, wie es in der Schule läuft, ob ich Unterstützung brauche. Das finde ich auch wichtig, dass man alle Themen ansprechen kann, ohne Angst haben zu müssen, missverstanden zu werden.
Vorher haben Sie aber vor allem mit älteren Kindern gearbeitet.
Ja, kleine Kinder in einer Alterspanne von eins bis sechs sind für mich eine neue Erfahrung und Herausforderung. Aber ich bin sehr froh damit, es macht mir sehr viel Spaß und hat mich auch noch einmal in meiner Entscheidung bekräftigt, dass das das Richtige für mich ist.
Sie haben Ihre Ausbildung im Sommer 2020 begonnen, also im Corona-Lockdown. Eine normalen Kita-Betrieb kennen Sie also noch gar nicht.
Das stimmt. Im Bewerbungsgespräch spielte das Offene Konzept der Stadt Leverkusen eine große Rolle, aber live erlebt habe ich bislang nur das Gruppenkonzept. Ich freue mich darauf, irgendwann zu erfahren, wie es im Offenen Konzept läuft, weil ich selber noch nie damit gearbeitet habe. Aber das Gruppenkonzept mit einer überschaubaren Anzahl an Kindern ist für den Einstieg in die Kita glaube ich gar nicht so verkehrt. Da muss man sich auch nicht so viele Namen auf einmal merken. (lacht)
Wie erleben Sie die personelle Situation?
Das ist natürlich gerade mit Corona eine große Herausforderung. Immer wieder fallen Kollegen aus, weil sie selbst erkranken oder ihre eigenen Kinder zu Hause betreuen müssen. Dazu können Stellen, die etwa wegen Schwangerschaft oder Elternzeit unbesetzt sind, oft nicht nachbesetzt werden. Das ist unser täglich Brot, das fordert viel, aber die Arbeit mit den Kindern steht im Vordergrund und dafür sind wir hier.
Leidet die Arbeit mit den Kindern darunter?
Natürlich. Gerade Kinder mit Problemen in der Entwicklung, etwa in der Sprache, leiden darunter. Sich mal eine halbe Stunde ein einzelnes Kind rausziehen und sich nur dem zu widmen, ist quasi unmöglich, wenn nur zwei Erzieher in der Gruppe sind. Die Vollzeitkollegen müssen ja auch noch für jedes Kind Bildungsdokumentationen während der Arbeitszeit schreiben, das fordert viel Flexibilität und auch Verständnis von den Kollegen. Es bleibt einfach auch vieles liegen: Man will es machen, findet die Zeit aber einfach nicht. Da gehen viele Kollegen am Stock.
Aber es hat Ihnen den Spaß nicht verdorben?
Nein, ich bin froh, dass ich die Ausbildung angefangen habe und freue mich auch auf den Abschluss und dann voll im Berufsleben zu stehen. Wenn die Kinder morgens durch die Tür kommen und lachen und man sieht, was die für einen Spaß haben, dann weiß man: Okay, man macht einiges richtig. Das ist das, wofür man gerne hier hinkommt.
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Wie ist es als Mann in einem von Frauen dominierten Beruf?
Manchmal ist es anstrengend. Mehr Männer wären für die Kinder schöner, die Kinder brauchen auch männliche Vorbilder. Ich bekomme von den Eltern nur positives Feedback, die freuen sich, mal einen Mann hier zu haben. Wir haben hier im Haus zwei und das ist schon eine ganz gute Quote. Aber da könnte definitiv noch mehr passieren.
Sie können es also weiterempfehlen?
Definitiv! Wenn mich jemand fragt: als Mann in eine Kita? Sage ich: Auf jeden Fall! Da gibt es nichts, was dagegen spricht.
Welche Wünsche haben Sie für Ihren Beruf?
Vor allem eine höhere Wertschätzung für das, was wir machen. Wir arbeiten mit kleinen Menschen, die auf uns angewiesen sind. Das sollte honoriert werden, mit besseren Arbeitsbedingungen und auch mit mehr Gehalt. Und natürlich mit mehr Personal. Dafür fehlt es an Fachkräften, aber die PIA-Ausbildung ist ein erster Schritt, dass man drei Jahre lang auch bezahlt wird, auch mit einem relativ guten Ausbildungsgehalt, das muss man schon sagen. Eine normale schulische Ausbildung kann sich nur jemand leisten, der von zu Hause unterstützt wird. Da muss sich noch mehr tun, damit sich auch noch mehr für den Beruf des Erziehers entscheiden.