AutozuliefererBeim Metallwerk Biebighäuser fallen 250 Arbeitsplätze weg
- Beim Metallwerk Biebighäuser fallen bis Ende 2021 zugunsten des slowakischen Zweigwerks rund 250 Arbeitsplätze weg - Zum Ausgleich soll der Autozulieferer in Zukunft auf Leiharbeit verzichten - Ein Tarifvertrag sichert den Deal ab
Leverkusen – Jahrelang herrschte Platzmangel. Das Metallwerk Biebighäuser musste sich dringend vergrößern. Ein Grundstück der Technischen Betriebe Leverkusen auf der anderen Seite der Borsigstraße war als ideales Areal für die Erweiterung ausgeguckt worden, vor genau fünf Jahren kam es deshalb zu einem Machtkampf zwischen dem damaligen Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn und dem amtierenden TBL-Chef Reinhard Gerlich: Der hatte dort bereits mit dem Bau eines Salzlagers begonnen und wurde vom OB zurückgepfiffen. Die Affäre vergiftete das Klima zwischen Buchhorn und Gerlich weiter – unnötigerweise: Biebighäuser hat dort nicht gebaut.
Seine Erweiterungspläne hat der international tätige Autozulieferer inzwischen ad acta gelegt. Jedenfalls in Leverkusen. Die beiden Stammwerke in der Fixheide werden schrumpfen. Von heute rund 780 auf 520 Beschäftigte Ende 2021.
Wachstum künftig im Osten
Hintergrund ist die Übernahme eines Werks in Surany, Slowakei. Wie Biebighäuser stellt es Leitungen für den Motorenbau her, war aber in die Insolvenz gerutscht, berichten Insider. Daraufhin sei einer der größten Kunden, Daimler-Benz, an die Biebighäuser-Führung herangetreten mit dem Vorschlag, die slowakische Firma zu übernehmen, um die Versorgung mit den Zulieferteilen zu sichern. Ende 2015 griff Biebighäuser zu, bezahlte die Übernahme ausweislich des Geschäftsberichts aus der Portokasse – und änderte damit seine Expansionsstrategie grundlegend.
Die Beschäftigten – darunter wie bei Biebighäuser üblich mehr als ein Drittel Leiharbeiter – fragten sich, wie weit die Geschäftsführung gehen würde mit der Verlagerung in die Slowakei. Im Geschäftsbericht für 2016 steht zwar, dass die Übernahme des Werks 90 Kilometer östlich von Bratislava „mittelfristig, auch durch die Bündelung von technischen und kaufmännischen Kompetenzen am Standort Leverkusen, die hier bestehenden Arbeitsplätze absichern“ werde.
Aber das Vertrauen der Belegschaft in ihre Chefs ist bei Biebighäuser traditionell ziemlich begrenzt. Dafür ist schlicht zu viel passiert (siehe „Irgendwann zusammengerauft“). Seit kurzem wissen die Mitarbeiter genau, wie es weitergeht. Die Geschäftsführer Joachim Hager und Ulrich Potthast haben mit dem Betriebsrat und der IG Metall eine Regelung ausgehandelt. Sie steht in einem Tarifvertrag, der dem „Leverkusener Anzeige“ vorliegt. Danach soll der Personalabbau kontrolliert vonstatten gehen und die Jobs in der Fixheide aufgewertet werden, und zwar in doppelter Hinsicht: Die Mitarbeiter sollen mehr lernen – und aus Leiharbeitern werden Stammbeschäftigte. Auch Leute mit Zeitverträgen sollen eine feste Stelle bekommen.
Historischer Bruch
Für Biebighäuser ist das ein geradezu historischer Bruch. Wie er bewerkstelligt wird, ist deshalb im Vertrag detailliert beschrieben. Danach muss die Geschäftsführung befristet Beschäftigten und Leiharbeitern ein Übernahmeangebot machen, das die Mitarbeiter zwei Wochen lang prüfen können. Zwingend dazu gehört, dass dem Leiharbeiter die Probezeit erlassen und die Zeit, die er bis dahin bei Biebighäuser war, als Betriebszugehörigkeit gewertet wird.
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Diese Transformation funktioniert nur unter zwei Voraussetzungen: Die Geschäftsführer müssen dem Betriebsrat detailliert und regelmäßig ihre Personalplanung vorlegen und sich für Streitfälle in eine paritätisch besetzte Kommission setzen. Für die zweite Bedingung muss die IG Metall eine Öffnungsklausel im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in Anspruch nehmen. Denn seit vorigen April gilt, dass Leiharbeiter nur noch 18 Monate in einem Job sein dürfen. Danach müssen sie übernommen werden.
Für Biebighäuser passt das nicht, vor allem in dieser Umbruchphase mit einer langsamen Verlagerung der Massenfertigung in die Slowakei nebst Aufwertung der Leverkusener Zentrale. Deshalb wurde in dem Vertrag vereinbart, dass Leiharbeiter 48 Monate im Unternehmen bleiben können. Natürlich nur mit der Perspektive, danach einen festen Job in der Fixheide zu bekommen.
Betriebsrat und IG Metall sind mit dem Vertrag ganz zufrieden. Was die Geschäftsführung denkt, war zunächst nicht zu erfahren: Eine Anfrage blieb am Mittwoch unbeantwortet.
Irgendwie zusammengerauft
Im März 2014 ist das Tischtuch zerschnitten bei Biebighäuser. Der IG-Metall-Bevollmächtigte Wolfgang Rasten droht Thomas Adank, damals Gesellschafter, und Geschäftsführer des Metallwerks, mit einer Anzeige wegen fortwährender Behinderung der Betriebsratsarbeit. Auch der Umgang mit der Belegschaft ist rau: Diffamierende E-Mails der Personalchefin sickern durch.
Eine Woche später einigen sich Geschäftsführung und Gewerkschaft auf die Einberufung eines Runden Tischs und eine Befragung der Belegschaft.
Im Juni zeichnet das Befragungsergebnis ein desaströses Bild von den Zuständen bei Biebighäuser. Kurz darauf zieht sich Thomas Adank aus dem operativen Geschäft zurück. (tk)