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Revolution an der NobelstraßeBayer-Kultur plant neues Festival und neues Programm

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„Leverkusen, get ready!“ - ein Slogan für die Zukunft? Die Leverkusener sollen sich nach den Vorstellungen von Bayer-Kulturchef Thomas Helfrich und seines Teams jedenfalls bereitmachen für neue Formate.

Leverkusen – Es ist durchaus eine mittelgroße bis große Revolution, die da ins Haus steht. Genauer gesagt: ins Erholungshaus. Denn das altehrwürdige Gebäude an der Nobelstraße ist ja das Herz der Bayer-Kultur. Und die wird von 2021 an neu aufgestellt, wie ihr Chef Thomas Helfrich erklärt.

Jahrzehntelang fußte das Kulturangebot des Chemiekonzerns auf regelmäßigen Veranstaltungen in den fest gelegten Ressorts Theater, Tanz, Musik. Vom Kammerkonzert über den Klavierzyklus bis hin zu den Sinfoniekonzerten. Vom Theatergastspiel großer Bühnen bis hin zur Eigenproduktionen. Vom Tanz- bis hin zum Musiktheater. Die Monate September bis Mai waren stets prall gefüllt mit Kultur. Das Erholungshaus öffnete jede Woche mehrfach seine Pforten. Jetzt ist dieses Schema Geschichte.

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Die wichtigsten Neuerungen – deren Entwicklung unter anderem auf den Ergebnissen einer umfangreichen Befragungen von Veranstaltungsbesuchern basiert – sind diese: Das Hauptprogramm der Bayer-Kultur konzentriert sich ab 2021 auf knapp acht Wochen zwischen Mitte April und Mitte Juni. Dann findet ein Festival statt. Und zwar gleichzeitig an allen Standorten des Landes, an denen Bayer vertreten ist: Neben Leverkusen sind das Wuppertal, Berlin und Bitterfeld. Außerhalb dieser Festivalzeit wiederum wird das Erholungshaus vor allem externen Veranstaltern zur Verfügung stehen, die sich einmieten können. Fortgeführt werden an der Nobelstraße die Angebote für Schulen und Kinder im Hause sowie einzelne besondere Veranstaltungen wie der Saison-Eröffnungsball.

Die Musiker des Bayer-„Orchestra In Residence“ L’arte del mondo (im Bild) werden auch weiterhin Protagonisten des Bayer-Kulturprogramms bleiben.

Während der Festivalzeit sollen in Leverkusen etwa 15 bis 20 Konzerte – darunter Klavierkonzerte oder Konzerte des „Orchestra in residence“ L’arte del mondo – sowie Tanzaufführungen stattfinden. Die Sinfoniekonzerte werden nach Wuppertal in die dortige historische Stadthalle vergeben. In Bitterfeld soll im Kulturhaus mindestens ein Konzert – womöglich unter Beteiligung der Bayer-Philharmoniker – angeboten werden. Und in Berlin – wo Bayer mit dem Prime-Time-Theater Wedding kooperiert – stehen Jazzkonzerte auf dem Plan.

Etablierte Künstler verpflichten

Die Protagonisten sollen dabei zum einen die von der Bayer-Kultur im Rahmen des „stART“-Programmes geförderten jungen Künstler sein – das sind derzeit unter anderem der Tänzer und Tanz-Choreograf Philippe Kratz oder der Ausnahme-Violinist und Crossover-Musiker Sandro Roy. Zum anderen kann Thomas Helfrich sich nach eigenen Worten auch die Verpflichtung etablierter Künstler vorstellen, die international bereits Popularität genießen – womit Musiker der Kategorie eines Lang Lang gemeint sind. Der ist bekanntlich ein Weltstarpianist aus China.

Mit dem Zurückfahren des eigenen Programmes will Thomas Helfrich einer „Quantitätsfalle“ entgehen. Sprich: Lieber weniger Veranstaltungen anbieten, die für die Bayer-Kultur kostspieliger und qualitativ hochwertiger seien, als viele günstige. Und: Mit diesem Modell stelle man sich erfolgreicher auf in Zeiten, in denen in der Region ein extrem hohes Kulturangebot existiere und in denen die angrenzenden Anbieter – meist die Kommunen – sich gegenseitig das „begrenzte und endliche“ Publikum abzögen.

Mann mit Visionen: Thomas Helfrich und sein Team krempeln das Programm der Bayer-Kultur ab dem kommenden Jahr gehörig um.

Durch die Vermietung des Erholungshauses über das ganze Jahr wiederum werde dieses bauliche Alleinstellungsmerkmal der Bayer-Kultur von der reinen „Kulturimmobilie“ zum „Erlebnisort“, denn: Es sei nicht nur für eine bessere Auslastung gesorgt. Auch würden Formate wie die Jazztage, die Shows des Jungen Musical Leverkusen oder das erfolgreiche Jugendprojekt Young Stage spannende und wichtige Kulturimpulse setzen, die über das bislang bekannte Spielzeitenprogramm hinausgingen.

Dazu passt übrigens, dass demnächst die Bestuhlung des Erholungshauses erneuert wird – zum ersten Mal seit 20 Jahren. Sie werde flexibler. „Das beschert uns und externen Veranstaltern ganz neue Möglichkeiten der Präsentation“, sagt Thomas Helfrich.

Das Budget der Bayer-Kultur soll bei all dem gleich bleiben – Helfrich spricht von jährlich fünf Millionen Euro, die ihm zur Verfügung stünden. Zwei Millionen davon fließen in das reine Programm. Wiederum 60 Prozent dieser zwei Millionen würden bislang in den Standort Leverkusen investiert. Diese letzte Zahl sei zwar nicht auf ewig in Stein gemeißelt. Aber das hänge nicht mit der geplanten Änderung zusammen, sondern könne sich immer einmal ändern.

Thoma Helfrich betont diesbezüglich auch, dass der Schritt der Bayer-Kultur weg vom „Local Hero“, also dem rein lokal agierenden Anbieter-(Helden), hin zum „Global Player“ (globaler Kulturanbieter) keine Entscheidung und kein Rückzug aus Leverkusen sei. Im Gegenteil: Die Bayer-Kultur – und somit durchaus auch die Kultur Leverkusens generell – werde dadurch vielmehr auf eine überregionale Ebene gebracht. Die Wahrnehmung der Stadt könne sich dadurch ändern. Schließlich gehe es nicht nur darum, Kultur in Leverkusen zu machen. Sondern auch darum, die Leverkusener Kultur aus der Stadt hinauszutragen.le