Gewerbesteuer in LeverkusenBayer Patentabteilung sitzt in der Steueroase Monheim
Leverkusen/Monheim – 225 Millionen Euro Gewerbesteuer – in einem Jahr. In Monheim. Leverkusen bräuchte im Moment etwa vier Jahre, um auf diesen Betrag zu kommen.
Dabei hat die Stadt doch die Zentrale von Bayer, Monheim dagegen nur die der Agrochemie-Sparte. Und seit drei Jahren die vormalige Patentabteilung des Konzerns. Am 6. Juni 2011 machte Bayer eine eigene Firma draus: die Bayer Intellectual Property. 2012 zog die GmbH nach Monheim, in den dortigen Creative Campus.
Das soll sich extrem gelohnt haben. Sagt jedenfalls Apostolos Tsalastras, der Kämmerer von Oberhausen. Im Gegensatz zu Bayer und zu Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann redet der Herr der leeren Kasse in der Ruhrgebietsstadt Klartext: 30 Millionen Euro Gewerbesteuer hätte Bayer Intellectual Property in Leverkusen zahlen müssen, sagt er. In Monheim sei es wegen des viel niedrigeren Hebesatzes entsprechend weniger gewesen. Bestätigt wird das weder bei Bayer an der Kaiser-Wilhelm-Allee noch im Rathaus von Monheim. Mit Hinweis auf das Steuergeheimnis. Wer es verletzt, begeht eine Straftat.
Monheims Bürgermeister lässt sich am Mittwoch lediglich entlocken, dass es 2012 einen enormen Anstieg des Gewerbesteueraufkommens gegeben habe. Das ist eine sehr bescheidene Darstellung: Die Einnahmen haben sich vor drei Jahren schlicht verdreifacht, auf reichlich 147 Millionen Euro.
2012 war freilich auch das Jahr, in sich Monheim aufmachte, zur rheinischen Steueroase zu werden. Der Gewerbesteuer-Hebesatz sank von stolzen 435 auf 300 Punkte. Das war konkurrenzlos günstig, wie ein Vergleich zeigt: Im gleichen Jahr berechnete Leverkusen die Gewerbesteuer auf der Basis von 460 Punkten.
Und das erwähnte Oberhausen stand mit 520 Prozentpunkte an der Spitze nicht nur des sowieso schon teuren Ruhrgebiets, sondern des ganzen Landes. Nach der gängigen Gleichung: Hoher Hebesatz bedeutet hohe Steuern. Monheim trat 2012 den Gegenbeweis an, obwohl mit einer massiven Steuersenkung die Einnahmen einbrechen.
Wie man es schafft, stattdessen seine Einnahmen zu verdreifachen, bleibt Zimmermanns (Steuer)-Geheimnis. So viel aber verrät der junge Bürgermeister: „Wir hatten in dem Jahr eine Menge Neuansiedlungen.“ Unter anderem die Truppe unter Jörg Thomaier und Michael Reinartz. Sie sind Geschäftsführer von Bayer Intellectual Property mit Adresse im Creative Campus. Das ist das Gelände, das Schwarz-Pharma früher mal komplett brauchte. Die Versammlung von Unternehmen aus zukunftsträchtigen Branchen liegt einen Steinwurf entfernt von Bayer Crop Science. Und fast genau so nah an der Grenze zu Leverkusen.
15 Punkte rauf, 15 Punkte runter
Inzwischen beträgt der Unterschied zwischen Monheim und der eigentlichen Bayer-Stadt satte 190 Prozent, was die Gewerbesteuer angeht. Seit 2012 wurden die Hebesätze nochmals um 15 Punkte verändert. In Leverkusen nach oben, in Monheim nach unten. So etwas reizt Unternehmen, die ihre Steuern in Deutschland zahlen müssen. Das trifft auf Bayer nur bedingt zu. Aber je nach Konzern-Konstruktion kann der Gewerbesteuer-Hebesatz Einfluss auf die Frage haben, wo man eine 100-prozentige Tochter ansiedelt.
Für Monheims Bürgermeister ist das Anzapfen neuer Steuerquellen alles andere als verwerflich. Auch wenn es die Nachbarn trifft. Der Begriff Steueroase gelte schließlich nur im Verhältnis zur Region, betont Zimmermann. Anderswo plage man die Unternehmen nicht mit dermaßen hohen Hebesätzen. Er sieht sein Monheim insofern als Labor, in dem die Frage beantwortet wird, ob Steuer-Dumping wirklich schadet. Seiner Stadt jedenfalls nicht.