Meistgelesen 2022Vom Rettungswagen in die Radarfalle gejagt – Streit über Bußgeldbescheid
- Dieser Text ist zuerst am 10. Oktober 2022 erchienen.
Was macht man, wenn im Rückspiegel plötzlich ein Rettungswagen mit Blaulicht auftaucht, das Martinshorn erschallt und man auf der Überholspur ist? Gas geben, weil man den Rettungsdienst nicht behindern darf? Falsch!
Das lernt gerade Günter Falderbaum. Monate lag er mit der Bußgeldstelle im Ordnungsamt im Clinch. Inzwischen liegt die Sache bei Gericht. Wie es dazu kam? Ende April, genau am Freitag, 29., 15.30 Uhr, war Falderbaum auf dem Karl-Carstens-Ring in Richtung Alkenrath unterwegs. Hinter dem Kreisverkehr am Klinikum hat die Straße noch zwei Spuren, Falderbaum war auf der linken, um ein Auto zu überholen.
Blaulicht im Rückspiegel
Als er im Rückspiegel den Rettungswagen sah, gab er Gas, „um schnell Platz zu machen“, berichtet der 75-Jährige. „Genau in diesem Moment wurde ich geblitzt.“ Die Polizei – so reimte es sich der Autofahrer später zusammen – hatte ein mobiles Gerät vom Typ ES 3.0 auf Höhe der Fußgängerbrücke im Verlauf des Auerwegs in Stellung gebracht. Gemessen wurden 66 Stundenkilometer. Macht bei einer erlaubten Geschwindigkeit von 50 insgesamt 98,50 Euro: 70 für die zu hohe Geschwindigkeit, 25 Euro Gebühr und 3,50 Zustellung.
Als er den Bescheid von der städtischen Bußgeldstelle bekam – sie treibt auch für die Polizei die Strafen ein –, erhob er sofort Einspruch: „Ich bin doch vom Rettungswagen in die Radarfalle gedrückt worden“, beschreibt er die Situation um 15.31 Uhr an jenem Freitag. Ohne das herannahende Einsatzfahrzeug hätte er nicht beschleunigt.
Auf der Bußgeldstelle glaubt man ihm nicht
Was er in den folgenden Monaten lernen musste: dass er die Sache mit dem RTW zu beweisen hat. Und dass er das nicht kann: „Der Messfilm wurde hinsichtlich der Angaben des Betroffenen begutachtet. Es wurde kein Rettungswagen zum entsprechenden Zeitpunkt durch die Messanlage erfasst. Weiterhin befindet sich zum Tatzeitpunkt auf dem Messbild nur der Betroffene. Die Messung davor und danach zeigen ebenfalls keinen Rettungswagen.“ Das sei die Aussage der Polizei gewesen, schrieb ihm Marc Käwel von der städtischen Bußgeldstelle. „Ich kann Ihrem Einspruch somit nicht abhelfen“, so Käwel, für den der Fall damit erledigt war.
Nicht jedoch für Günter Falderbaum. Nach seinen Informationen werden Rettungsfahrzeuge von den Messfilmen der Blitzer gelöscht, weil sie mit Blaulicht und Martinshorn natürlich zu schnell fahren dürfen. „Somit wurde mir ein entscheidendes Beweismittel genommen.“ Er sei nun darauf angewiesen, dass die Bußgeldstelle das Einsatzprotokoll der Rettungsleitstelle prüft. Denn dort müsste der Einsatz zum fraglichen Zeitpunkt ja verzeichnet sein.
Genau das schlug ihm der Sachbearbeiter aber ab: „Ich werde die Feuerwehr nicht nach einem Protokoll befragen“, denn er habe andere Informationen: „Es kann sein, dass Rettungsfahrzeuge im Auswerteprogramm als nicht auszuwerten gekennzeichnet und somit nicht in das Bußgeldverfahren übermittelt werden. Aber diese Vorgänge sind über das Auswerteprogramm im Nachhinein noch überprüfbar – sie werden nicht gelöscht. Und genau dies tat die Polizei auch auf meine Anfrage hin.“ Das ist die letzte Nachricht aus der Stadtverwaltung, die sich unter Hinweis auf das anhängige Gerichtsverfahren nicht weiter zu der Sache äußern will.
Wie es sich nun wirklich verhält, weiß Falderbaum nicht, „und ohne Anwalt werde ich das auch nicht erfahren“. Womöglich muss er es auf einen Prozess ankommen lassen. Ob er das will, weiß er noch nicht.