Chempark in LeverkusenDas schwierige Erbe von Dystar

Im März 2012 schien noch alles in Ordnung: Axel Ebbecke (links) hatte viel vor im Chempark. Auch dessen Chef Ernst Grigat war optimistisch. Doch dann gab es Probleme, weil die alte Dystar-Anlagen verpfändet waren. Jetzt macht Inprotec einen neuen Anlauf.
Copyright: Ralf Krieger Lizenz
Leverkusen – Es war ein unerwartet steiniger Weg, gepflastert mit einer weiteren Pleite: Jetzt scheint sich die Lage in D 2, einem alten Dystar-Gebäude im Chempark, stabilisiert zu haben. Einige Maschinen laufen, „alles ist auf einem guten Weg“, sagt Pierre Schwerdtfeger. Er ist Vorstandschef der Inprotec AG. Der Spezialist aus Heitersheim im Schwarzwald hat sich inzwischen endgültig im Chempark eingekauft. Seit Oktober ist der Backsteinbau D 2 eine Niederlassung von Inprotec – und ganz nebenbei „die schönste Niederlassung, die wir haben“, findet Schwerdtfeger.
Jetzt muss sie nur noch Erfolg haben. Kunden gebe es durchaus, aber der Wettbewerb sei hart, erklärt der Inprotec-Chef. Trotzdem sei es schon merklich aufwärts gegangen. „Wir haben mit elf Leuten angefangen; jetzt sind es 28.“ Außerdem werde ein Investitionsprogramm abgearbeitet, das allein in den kommenden zwölf Monaten rund eine Million Euro umfasse, ergänzt Volker Bauer, Betriebsleiter im Chempark.Vier Maschinen, die früher vom Textilfarben-Spezialisten Dystar gebraucht wurden, seien schon umgerüstet worden – „wir werden immer flexibler“, sagt Schwerdtfeger.
Bekanntes Geschäftsmodell
Das braucht man auch in einem ausgesprochen vielfältigen Geschäft: Die Dystar-Maschinen eignen sich ausgezeichnet für die Sprühtrocknung von allen möglichen Substanzen, vor allem aus der Chemie. Das geschieht im Lohnverfahren, mithin wechseln die Stoffe noch häufiger als die Auftraggeber. Das Geschäftsmodell kennt man bei Inprotec, für Leverkusen musste es nicht erfunden werden: Vor zweieinhalb Jahren war ein anderer Spezialist, die Ebbecke AG, mit den selben Zielen im Chempark angetreten. Doch schon ein halbes Jahr später war Schluss: Ebbecke Spraytech wurde zahlungsunfähig. Warum, erläutert Geschäftsführer Axel Ebbecke jetzt im Detail: Hintergrund sei gewesen, dass die Maschinen in D 2 im Verlauf der Dystar-Pleite verpfändet wurden. „Zunächst hieß es: »Kein Problem, das wird schnell aufgehoben. In zwei, drei Wochen sind die Anlagen freigegeben«“, sagt Ebbecke. Aber es sei nichts passiert. Nach Monaten habe dann der Aufsichtsrat von Ebbecke beschlossen: „Das ist uns zu unsicher“, denn es seien ja hohe Beträge in den alten Dystar-Maschinenpark gesteckt worden.
Also wurde das vielversprechende Leverkusener Projekt abgebrochen. Schweren Herzens, versichert Ebbecke: Viele Maschinen seien. Auch mit der Belegschaft, die zumeist früher bei Dystar gearbeitet hatte, sei Ebbecke gut klar gekommen: „Das waren Mitarbeiter, die wirklich toll sind.“ Mit Finanzierungsproblemen der Muttergesellschaft habe das Aus im Chempark überhaupt nichts zu tun gehabt, versichert Ebbecke: Gerade erst sei das Unternehmen wegen seiner außergewöhnlich hohen Eigenkapitalquote von der Wirtschaftsdatei „Creditreform“ ausgezeichnet worden.
Das Thema verpfändete Anlagen kennt auch Ebbeckes Nachfolger Pierre Schwerdtfeger. Doch habe man es sehr schnell lösen können: nach zwei, drei Wochen habe die Bank des indischen Investors Manish Kiri ihr Pfändungsrecht aufgegeben. Es stammt noch aus den Zeiten der Dystar-Pleite, in deren Folge das Textilfarben-Unternehmen 2010 nach Indien verkauft und schließlich die Produktion komplett nach Asien verlagert worden war. Übrig blieben Gebäude im D-Block des Chempark, deren Eigentümer ursprünglich Lanxess war.
D 2 befinde sich inzwischen im Eigentum von Inprotec, sagt Vorstand Schwerdtfeger. Und man habe auch genug Luft, das Leverkusener Projekt trotz hoher Anlauf- und Fixkosten im Chempark nachhaltig ans Laufen zu bringen. Allerdings hat sich auch Ebbecke nicht von dem Thema Sprühtrocknung verabschiedet: Fündig geworden sei man im ehemaligen Hoechst-Werk in Frankfurt, so Axel Ebbecke. Der dortige Chemiepark sei allerdings auch ein günstigerer Standort. In Hoechst scheint der Weg zum Erfolg weniger steinig zu sein als in Leverkusen.