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Fliegen statt kletternChempark Leverkusen testet Leitungscheck mit einer Drohne

Lesezeit 3 Minuten

Nie wieder aufs Gerüst: Eine Drohne mit Kamera hilft bei Covestro, Rohrleitungen zu inspizieren.

  1. Fliegen statt klettern: Um Leitungen zu prüfen, hat Covestro eine Drohne ausprobiert.
  2. Das rund 80.000 Euro teure Gerät verfügt über acht Rotoren.
  3. Die Kamera an Bord liefert hochauflösende Bilder.

Leverkusen – Bisher läuft es immer so: Gerüst aufbauen, der Gutachter begibt sich Hilfe eines Hubsteigers in die Höhe, macht sich ein Bild, steigt wieder runter, füllt ein Formular aus und nimmt die nächsten Meter Leitung auf der Rohrbrücke im Chempark ins Visier. Das heißt: Gerüst abbauen, ein paar Meter weiter wieder aufbauen. Und das immer weiter.

Als die Salzsäure-Leitungen am Tanklager neben der Chlorfabrik weit im Nordwesten des Chempark gecheckt werden mussten, stellte sich Hans-Georg Döring eine Frage: „Wie kriegen wir das schneller hin?“ Rund ein Kilometer Kunststoff-Leitung stand zur Begutachtung an. Normalerweise „hätte das zwei bis drei Wochen gedauert“, weiß der Ingenieur aus fast auf den Tag genau 40 Jahren Erfahrung in der Chemie-Industrie.

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Scharfes Bild: Der Kameramann an der Drohne hat alle Leitungen im Blick.

Die Lösung: auf die Gerüste verzichten, stattdessen eine Drohne aufsteigen lassen. Im Chempark gibt’s so etwas schon: Currenta verfügt über ein Gerät mit acht Rotoren. Das verspricht eine sehr stabile Fluglage und genügend Kraft, um eine Spezialkamera zu tragen. Denn die wiegt um die es zwei Kilo, liefert aber auch Bilder in 4-K-Qualität. Man sieht also alles und kann jedes Bild bei Bedarf vergrößern. Der Apparat hat um die 80 000 Euro gekostet, heißt es.

Ein Pilot, ein Kameramann

Damit der Prüfer jeden Zentimeter Salzsäureleitung auf der Rohrbrücken begutachten kann, wird das Fluggerät von zwei Leuten gesteuert: Einer fliegt, der andere bedient die Kamera. Daneben steht der Prüfer und gibt Anweisungen, was er sehen will. Die Kamera liefert die Bilder, und aufgezeichnet wird das Ganze auch noch. Was ein weiterer Vorteil ist, so Thomas Wächter. Der Leiter der Chlor-Elektrolyse, die nach dem zweiten Bayer-Umbau zum Kunststoff-Konzern Covestro gehört, hat mit der Leitungsprüfung zu tun, weil die Salzsäure in seinem Betrieb entsteht.

Wenn die Begutachtung der Rohrleitungen filmisch dokumentiert sei, bringe das mehr als eine handschriftliche Aufzeichnung auf einem Prüfbogen. Das sieht auch Wächters Kollege Döring so. „Man kann alles jederzeit nachvollziehen.“ Das kann wichtig sein bei Leitungen, durch die gefährliche Stoffe fließen und die alle paar Jahre in Augenschein genommen werden. Wobei die Sicherheitsreserven groß seien, versichert Döring. Im Zweifel werde ein Stück Leitung lieber ein paar Jahre zu früh ausgetauscht als die Verschleißgrenze des Materials auszureizen – beim Pilotprojekt ist das zweischichtiger Kunststoff.

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Thomas Wächter (links) und Hans-Georg Döring, die Initiatoren des Drohnen-Projekts

Mit den Ergebnissen sind nicht nur die Initiatoren des Pilotprojekts zufrieden. Auch die Prüfer haben mit Hilfe der fliegenden Kamera gesehen, was sie sehen wollten.

Das ist Anlass genug, über weitere Anwendungen nachzudenken. Eins befindet sich ganz in der Nähe des Testgebiets: das Tanklager neben den Kohlebunkern von Currenta. Die sind im übrigen dieses Jahr so voll wie selten: Das Massengut Kohle kommt natürlich mit Schiffen. Das Niedrigwasser des vorigen Jahres hat die Chempark-Manager veranlasst, lieber eine etwas großzügigere Vorratshaltung zu betreiben.

Als nächstes: Flug durch den Tank

Das Tanklager von Covestro muss – wie die Rohrleitungen – regelmäßig untersucht werden: Ist alles dicht, wie sehen die Schweißnähte aus, wie die Beschichtung der Tanks von innen? Auch das ist bis jetzt ein Job, für den Gerüste aufgebaut werden müssen. Hohe Gerüste, die nicht nur ein Sicherheitsrisiko bergen, weil der Gutachter darauf herumklettern muss. Auch bei ihrem Auf- und Abbau müsse man aufpassen, sagt Döring: „Dabei darf die Tankbeschichtung nicht beschädigt werden.“

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Nähme man die Drohne, gäbe es diese Risiken nicht. Dazu käme eine ziemliche Zeitersparnis, und billiger wäre das alles auch. Denkbar wäre zudem, Produktionsanlagen zu checken, nachdem sie für Reparaturen oder Wartungsarbeiten heruntergefahren wurden. Der Verantwortliche könnte sich die eine oder andere Klettertour sparen, wenn er die Anlage mit der Video-Drohne abfliegen lassen würde. Das ist noch Zukunftsmusik. Aber Projektleiter Hans-Georg Döring ist froh, „dass die neuen technischen Möglichkeiten auch einfach mal ausprobiert werden“. Und nicht immer alles so läuft, wie es immer lief.