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„Schokkersau“ und KarnevalshochburgErinnerungen an Jahrzehnte im Hitdorfer „Schokker“

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Die „Wirtschaft Peter Auweiler“ wurde 1849 eröffnet. Auch davor soll es bereits an der Stelle ein Lokal gegeben haben.

LeverkusenDas Traditionslokal „Em Schokker“ schließt Ende Januar nach 173 Jahren seine Türen. Wie sehr die Hitdorfer an ihrer Gaststätte im Dorf hängen, erkennt man an den vielen Anekdoten, die ins Gästebuch eingetragen werden, das derzeit im Lokal ausliegt. Gestiftet hat es Bernd Bilitzki. erster Vorsitzender des Heimatvereins in Hitdorf. Er hat für den „Leverkusener Anzeiger“ Erinnerungen an die Gaststätte zusammengetragen:

  1. Lena, die Besitzerin in der dritten Generation und Mutter von Gerd Kürten, Oma von Brigitta (Seidel, heutige Inhaberin, Anm. d. Red.) war eine leidenschaftliche Skatspielerin. Sie saß mit den männlichen Gästen abends am Tisch in der Gaststätte und spielte sie oftmals schwindelig. Skat wurde in der Wirtschaft viel gespielt, freitags oft an mehreren Tischen gleichzeitig und dann ging es oft sehr laut und sehr heftig zu.
  2. Der Wirt geht erst ins Bett, wenn er müde ist und das konnte beim Gerd (Kürten, Vater der heutigen Inhaberin Brigitta Seidel, Anm. d. Red.) sehr, sehr lange dauern. So manche Feier endete erst beim Hellwerden.
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  1. Das „Em Schokker“ war die erste Gastwirtschaft mit einem Fernseher. Bei besonderen Spielen (Weltmeisterschaft oder sonstigen Fußballereignissen) waren nicht nur die Räumlichkeiten proppenvoll, sondern die Gäste standen in mehreren Reihen draußen auf dem Bürgersteig und schauten durch die Fenster zu.
  2. Über Jahrzehnte war es die Karnevalshochburg von Hitdorf, Weiberfastnacht und auch alle anderen Tage war kein Durchkommen; die Besonderheit war die Sektbar mit dem alten Chaiselongue bzw. der Couch. Gut, dass diese nicht erzählen konnte, dann hätte so mancher Haussegen nach Karneval schief gehangen.
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Bernd Bilitzki

  1. Das Lokal war die Vereins-Gastwirtschaft von zahlreichen Hitdorfer Vereinen, vom Fußballverein – siehe auch heute noch das Kästchen des Vereins vor der Garage –, Schützenverein, Taubenzüchterverein, Schachverein, Kirchenchor, Jagdverein, Heimatverein, Villa Zündfunke und viele, viele mehr.
  2. Hier konnten auch Frauen ohne Begleitung schon immer sicher hin.
  3. Das Schokker wurde bzw. wird von Schulpflegschaften genutzt, um bei einem Wasser den ganzen Abend über die Schule und Kinder zu diskutieren.
  4. Hier wurde das Reu nach der Beerdigung abgehalten und das Fell versoffen.
  5. Hier trafen sich die Männer nach der Kirche zum Frühschoppen und tranken ihr Bier, bis die Frauen zu Hause das Mittagessen auf dem Tisch hatten. Oft wartete die Familie aber vergeblich auf das pünktliche Erscheinen des Mannes...
  6. Oftmals werden ja in Lokalen vielen Runden geschmissen und dann stehen vier, fünf Bier vor einem; aber bei den Schokkers gab es das nie, dass ein Gast mehr wie zwei volle Gläser gleichzeitig vor sich stehen hatte, sie brachten einfach nicht mehr Bier, auch wenn es dann oft heiße Diskussionen gab.
  7. Es gab eine eigene Schlachtung der hauseigenen Schweine, die letzte Schokkersau von 2006 war wunderschön. Die Schweine wurden unter anderem mit „Dröppelches-Bier“ gemästet und schmeckten hervorragend. Die Schokkers machten diverse Würste, Panhas, Kotelett, Schnitzel und mehr daraus und im Herbst gab es im Schokker die Schlachtwoche.
  8. Zur Weihnachtszeit wurde im großen Fenster der Gastwirtschaft eine bewegte, weihnachtliche Landschaft aufgebaut und das gesamte Lokal mit Lichterketten, Grünzeug und anderem Weihnachtsschmuck festlich geschmückt. Zu dieser Zeit kamen besonders viele Gäste oft vorbei, um sich diese Pracht anzusehen.
  9. Der Schokker ist und war immer ein Familienbetrieb, auch wenn heute Küchenhilfen beschäftigt werden. Aber Schwestern, Schwäger, Kinder haben hier einträchtig zusammen gearbeitet und gewirkt.
  10. Während einer Gruppenstunde der KJG-Hitdorf wurden die Kinder von der Gruppenleiterin gefragt, was sie mal werden wollen. Die damals achtjährige Brigitta Seidel sagte spontan, dass sie später den Schokker übernehmen werde – hat sie dann auch.

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  1. Am 6./7. April 1945 überquerte das US-Militär bei Hitdorf den Rhein. Die Kriegsspuren sind bis heute da: Einige Tische im Schokker haben noch Einschusslöcher von dem Gefecht, die später geflickt wurden.
  2. 1944 blieb gegen Ende des Jahres die Schule aus Sicherheitsgründen geschlossen. Der Unterricht findet jetzt für die Schüler getrennt statt: Im „Oberdorf“ in der Gaststätte Steinkühler in der Festhalle (heute Stadthalle), in der Ortsmitte in der Gaststätte „Em Schokker“ und im „Unterdorf“ dem Lohr in der Gaststätte Kohnen „Auf’m Lohr“.

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„Es ist und war die urigste und gemütlichste Gastwirtschaft von Hitdorf“, schwärmt Bilitzki. „Die Hitdorfer werden ab Februar spüren, um wieviel ärmer unser Hitdorf jetzt ist.“ Auch gerade viele Ältere seien über die Schießung entsetzt, weil sie nicht wissen, woher sie ihren Mittagstisch herbekommen sollen. Dennoch scheint es Verständnis für die Entscheidung zu geben. Auf der ersten Seite des Gästebuches steht der Spruch:

Eines ist so wichtigwie das andere:rechtzeitig zufassen undrechtzeitig loslassen könnenNikolaus von Kues

Aufgezeichnet von Agatha Mazur