Schweißtreibend, aber elegantFechtvereine in Leverkusen suchen Nachwuchs
Leverkusen – Es piept: Hell und durchdringend. Ein schneller Blick auf das Meldegerät offenbart: Es ist Marius, der den Punkt gemacht hat. Der 15-Jährige keucht, zieht sich den Helm vom Kopf, ein rotes Gesicht schaut darunter hervor. Fechten ist ganz schön anstrengend.
„Was wir hier machen, ist Degenfechten“, erklärt Lehrer Manfred Herrig vom Fecht-Club Leverkusen. Florett und Säbel sind die beiden anderen Arten. Zwei Fechtvereine gibt es in Leverkusen: die Fechtabteilung im TSV Bayer 04 und den Fecht-Club Leverkusen, der in der Schulhalle der Pestalozzischule trainiert. Ersterer ist eher ein Leistungsverein, letzterer eher aufs Hobby fokussiert, erklärt Herrig. Doch es kommen zu wenig junge Leute nach: Händeringend sucht er Nachwuchs für seinen Verein. „Es ist schon eine ganz schöne Randsportart“, räumt der Kölner ein.
Kein Interesse an Fußball
Heute stehen David und Marius in der Halle. Die beiden 15-Jährigen aus Burscheid und Lützenkirchen sind seit der Grundschule befreundet. Fußball habe ihn nie so interessiert, sagt David, und hatte Lust das Fechten auszuprobieren. Seinen Freund hat er mitgenommen, beide trainieren seit Grundschulzeiten im Verein. Was ihnen Spaß macht? „Man muss schnell reagieren“, antwortet Marius. Auch das Taktische reizt ihn, das Antäuschen.
„Es wird viel mit Finten gearbeitet“, bestätigt Manfred Herrig, der seit 30 Jahren Fechten unterrichtet und seit seinem Sportstudium ein riesen Fan der olympischen Sportart ist: „Seit 1982 habe ich alles aufgenommen, was es gibt“, meint er lachend. Auch der schreckliche Unfall bei der Weltmeisterschaft 1982 ist ihm noch gut in Erinnerung geblieben, als der Deutsche Matthias Behr mit seinem Florett durch die Maske seines Gegners stößt, der wenige Tage später stirbt. Konsequenz daraus sind strenge Kontrollen, erzählt Trainer Herrig.
Kontakt zu vereinen
Kinder ab sieben Jahren können mit dem Fechten anfangen. Der Fecht-Club Leverkusen trainiert immer freitags von 16 bis 18 Uhr in der Sporthalle der Pestalozzischule in der Hermann-von-Helmholtz-Straße 72. Informationen gibt Manfred Herrig unter der 0221/592288. Der TSV Bayer 04 bietet mehrere Schwierigkeitsgrade von Schnupperkursen bis hin zu Fortgeschrittenen an. Es gibt vier Trainer. Kontakt können Interessierte telefonisch unter der
☎ 0214 /868 - 00 oder - 34 oder per E-Mail aufnehmen.
„David, vergiss den hinteren Arm nicht!“, korrigiert er seine Sprösslinge während des Trainings – und lobt: „Sehr schöner Doppeltreffer.“ Rotes und grünes Lämpchen leuchten gleichzeitig auf und zeigen damit an, dass beide Fechter zeitgleich getroffen haben. Wäre der Unterschied größer als eine Zwanzigstel-Sekunde gewesen, hätte nur ein Treffer gezählt. Der Kontakt an der Degenspitze ist durch ein dünnes Kabel, das durch die Fechtjacke verläuft, mit dem Meldegerät verbunden.
Die Jungs grüßen sich vor dem Kampf. „Es ist nicht nur eine Sportart, sondern ebenfalls elegante Kunst“, schwärmt Manfred Herrig – es sei auch heute noch ein wenig elitär, fügt er hinzu. Und es ist „extrem anstrengend“, findet Herrig. Man müsse auf alles schnell reagieren und sei die gesamte Zeit „auf Spannung“, erklärt der 61-Jährige. Er hat die Erfahrung gemacht: Kinder, die Ballett gemacht haben, lernen das Fechten in sehr kurzer Zeit. Schnelligkeit, Präzision, Aufmerksamkeit. Aber auch Ähnlichkeiten mit Kampfsportarten sieht Manfred Herrig: „Wer schon eine Kampfsportart ausübt wie Taekwondo, ist besser im Kämpfen.“
Das Rheinland bietet für Fechtfans gute Bedingungen: „Hier gibt es viele Vereine und man muss nicht weit fahren für ein gutes Turnier“, lobt Herrig.
Der nächste Kampf beginnt wie in einem Mantel-und-Degen-Film: „En garde“ – das sagt man tatsächlich an – und die beiden Jungen gehen in die Kampfstellung. Marius macht einen großen Ausfallschritt, er ist der Mutigere, der David in die Ecke drängt. Doch der gibt nicht auf: Beide Klingen kreuzen sich, ein schrilles Piepen ertönt, diesmal geht der Punkt an David.