FotoausstellungGanz Leverkusen eine Baustelle
Leverkusen – Ganz Leverkusen ist eine Baustelle. Den Eindruck kann man aktuell wieder gewinnen, aber eigentlich war es immer schon so seit es Leverkusen gibt. Sogar vorher noch, denn die Stadt Leverkusen wurde ja erst 1930 gegründet. Einige der Fotos in der Ausstellung „Baustelle Leverkusen“, die am Donnerstagabend in der Stadtbücherei in der Rathaus-Galerie eröffnet worden ist, sind aber schon älteren Datums, erinnern beispielsweise an die mühseligen Arbeiten zur Wupper-Regulierung im Jahr 1911.
Eindrucksvoll zu sehen ist auf diesen historischen Dokumenten, wie sich das Arbeiten auf Baustellen grundlegend verändert hat. Ein Foto aus dem Jahr 1900 zeigt einen Haufen Schotter im Vordergrund und vier Männer, die mit Schaufeln arbeiten. Es zeigt den Straßenbau in Höhe des Bayer-Werkes, den Bau der heutigen B 8.
Auch der Autobahn-Bau der A1 durch den Bürgerbusch erfolgte 1937 noch in sehr viel Handarbeit – es galt nach der Massenarbeitslosigkeit eben, viele Menschen in Arbeit zu bringen. Wer heute eine Autobahn-Baustelle betrachtet, sieht umgekehrt viele große Maschinen und Fahrzeuge, weniger Arbeitende.
1900 bis 2010
Von 1900 bis 2010 reichen die 40 überwiegend schwarz-weißen Fotos, die Reinhold Braun vom Bergischen Geschichtsverein und Karlheinz Beeres, der für seine Stadtrundfahrten für Einheimische bekannt ist, in dieser Ausstellung zusammengestellt haben.
Vor allem haben viele Fotos des 2000 verstorbenen Peter Weingarten Eingang in diese Bilderschau der Baustellen gefunden. Die Idee dazu kam zunächst vom Hausherren des Ausstellungsortes, Stadtbücherei-Leiter Ralf Junker, der nach der Vollendung der Rathaus-Galerie direkt vor der Haustür nun wieder den Umbau des Busbahnhofs erlebt. „Gefühlt ist diese Stadt doch ständig eine Baustelle“, so Junker.
Ein Eindruck, den Kulturdezernent Marc Adomat bei der Eröffnung der Schau vor zwei Dutzend Zuschauern ausdrücklich bestätigte: „Baustellen haben ja auch ihr Gutes. Sie sind ein Zeichen dafür, dass es vorangeht, dass sich etwas tut.“ Leider machten sich die Leverkusener gern selber schlecht und sähen ihre Stadt viel zu kritisch; ganz im Gegenteil zu den Kölnern, die sich allen Missständen zum Trotz immer toll fänden.
Erschreckt habe ihn rückblickend aber, wie man ernsthaft planen konnte, für eine riesige Betonburg namens „Lindwurm“ die alte Bayer-Kolonie abzureißen. „Das ist doch fürchterlich! Wie kann man nur auf so eine Idee kommen?“ Zum Glück sei die ja nie verwirklicht worden.
Denn heute kann sich Leverkusen mit den beiden noch bestehenden Kolonien aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts glücklich schätzen, gelten sie doch als größtes Flächendenkmal Nordrhein-Westfalens. Darauf machte der frühere städtische Baudezernent Eckhard Krajewski in seinem Einführungsvortrag aufmerksam. Er versuchte dabei, den jeweiligen Zeitgeist in Erinnerung zu rufen, der die städtebaulichen Trends bis heute spürbar prägte.
Mut zu Neuerungen
So sei die Errichtung des Bayer-Werks im Grundriss eines Rastersystems revolutionär im Industriebau gewesen und habe maßgeblich dazu beigetragen, dass sich das Werk aus sich heraus zum modernen Chempark selbst erneuern konnte.
Krajewski erinnerte anhand der ausgestellten Fotos an die Geschichte des ersten Wiesdorfer Rathauses, das 1910 eingeweiht und 1971 wieder abgerissen wurde, dem viele alte Leverkusener aber heute noch nachtrauern.
Der Nachfolgebau bestand gerade einmal bis 2007 und musste dann der Rathaus-Galerie weichen, deren belebter Vorplatz nach Ansicht Krajewskis die städtebauliche Neuordnung an dieser Stelle bereits rechtfertigt.
Die Ausstellung erinnert auch an andere Bauten, wie die Errichtung der Stelzenautobahn (1963) und des Europaringes (1968), natürlich den Bau der modernen City samt Kulturzentrum Forum (1968), für den Leverkusen sich stolz feierte.
Dass selbst so ein Funktionsbau wie der Wasserturm (1977) in Leverkusen zu einer Landmarke und einem Stadtsymbol werden kann, während die City zum Problemfall wurde, zeige, wie unerwartet sich manche Dinge entwickelten. Wobei Krajewski als Fachmann nun einmal weiß: „Bauen ist immer ein Abenteuer, es gibt immer Unerwartetes.“
Womit auch klar ist: Die Baustelle Leverkusen bleibt.
Die Ausstellung „Baustelle Leverkusen“ kann in der Hauptstelle der Stadtbibliothek in der Rathaus-Galerie, Friedrich-Ebert-Platz 3d, noch bis zum 23. Mai zu deren Öffnungszeiten besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.