GrillDas Team Viking BBQ aus Leverkusen nimmt regelmäßig an Meisterschaften teil

Daniel Räder, Thomas Räder und Markus Bondorf (v. l.) mit Schweineschulter und Helga, dem Smoker.
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Leverkusen – Daniel Raeder nimmt die dünnen Gummihandschuhe und streift sie sich quietschend über die großen Hände. Dann versenkt er seine Finger in mehreren Kilogramm Fleisch. Jeden Vegetarier würde bei diesem Anblick der Schlag treffen.
Raeder dagegen streckt einmal den Rücken durch und trägt den Fleischberg zwei Meter weit zu einem Grill, der aussieht wie ein Schrank auf Rädern. Er wuchtet das Fleisch hinein, schlägt die Türe zu und sagt „So!“. So. Ein Wort, das Vieles beinhaltet: Zufriedenheit, Freude, Spannung. Der Grillmeister hat gesprochen.
Denn das ist Daniel Raeder: ein Grillmeister. Einer, der wie sieben andere Grillmeisterkollegen zur Grilltruppe Viking BBQ (Barbecue) Leverkusen gehört. An diesem schwülen Sommerabend sind jedoch nur er, sein Bruder Thomas und Markus Bondof im Einsatz am Grill.
Im Lützenkirchener Garten der Raeders trainieren die drei Leverkusener für zwei Grillwettbewerbe in Schweden und Norwegen, bei denen sie in den kommenden Wochen antreten werden, um abzusahnen. Oder besser: abzufetten.
Denn mit Sahne haben die BBQ-Jungs nichts zu tun. Ihre Sahne ist eher die Marinade, die sie selber herstellen und auf das Grillgut auftragen.
Kiloweise Pulled Pork
Um sich auf das „Smoke In The North“ – und das „Fjord BBQ“ – Festival in Göteborg und Oslo vorzubereiten, hat er an diesem Morgen kiloweise Pulled Pork, also Schweineschulter mit Nacken, auch Boston Butt genannt, und Rinderbrust gekauft. Natürlich beim Metzger, weil nur der solche Mengen an Fleisch auf Lager hat.
Und weil Billig-Fleisch aus dem Superbillig-Supermarkt-Kühlregal einem wie Thomas Raeder nicht in die Finger kommt. Sogar Grillwürstchen – die Klassiker von Generationen von Grillfans – sind für ihn keine wirkliche Alternative zum 1-A-Grillgut, das er und seine Kollegen normalerweise verarbeiten.
Würstchen liegen schließlich nur ein paar Minuten auf dem Rost. Die kriegt man auch auf Zwei-Euro-Fünfzig-Grills hin.
Das Fleisch indes, das Raeder eben in den Grill geschoben hat und das die drei am Morgen drei Stunden lang zurechtgeschnitten, präpariert und gewürzt haben, muss bis zu 16 Stunden durchziehen, ehe es kredenzt wird.
Erst dann ist es zart und köstlich. So, wie es sein sollte. Und so wie es eben rauskommt aus diesem so genannten Smoker, der so heißt, „Raucher“, weil das Fleisch in ihm gegart und geräuchert wird.
Der Raeder-Smoker hat übrigens einen Namen: Er heißt Helga. „Ohne Witz!“, wie sein Besitzer betont. Das spricht für eine gewisse Liebe zum Gerät. Und die hängt auch mit der Besonderheit dieser Dame zusammen: Helga wurde hergestellt als Unikat in Texas und für teures Geld aus den USA hierher verschifft.
Nun ist sie einer von knapp 20 Profi-Grills, die sich nach Aussage von Markus Bondorf im Besitz der acht Viking-Mitglieder befinden und die im Wechsel in Gärten oder auf Grill-Festival-Wiesen gerollt oder gehievt werden. Je nachdem, was zubereitet werden soll.
Gegrillt wird nach zig Kategorien
Gegründet haben die Vikings ihren Klub vor vier Jahren. Seitdem nehmen sie regelmäßig an Grillmeisterschaften in ganz Europa teil, bei denen sich wiederum die ganze Welt trifft. Gegrillt wird an Wochenenden und nach zig Kategorien – Chicken, Pork, Beef und einiges Anderes mehr. Meist haben die Wettkämpfer zwei Tage Zeit, ehe sie einer Jury aus Grill- und Verkostungsexperten das eigenhändig zubereitete Gericht servieren müssen.
Wenn der Moment der Wahrheit gekommen ist, dann geht es um: Optik, Zartheit, Geschmack. Manchmal muss auch noch ein Dessert gereicht werden, von dem mindestens eine Komponente auf dem Grill zubereitet wurde. Ein paar Mal haben die Leverkusener bei solchen Turnieren bereits gewonnen.
Derzeit rangieren sie in einer europaweiten Rangliste von Grillteams auf Platz 34 von 200. Umgerechnet auf den Fußball wäre das zumindest ein Europacup-Platz. Beim größten deutschen Grillfestival, dem „Ruhrpott-BBQ“, kamen sie 2015 in die Top Ten.
In Cuxhaven erlangten die Vikings – die sich übrigens nach ihrem Bayer-04-Fußballfanklub so benannten – den zweiten Platz in der Disziplin „Chicken“. „Das ist unsere Paradedisziplin“, sagt Daniel Raeder.
Und irgendwann wollen sie dann auch mal bei der Mutter aller BBQ-Festivals – ausgerichtet von der Jack-Daniels-Brennerei in Tennessee/USA – antreten. „Aber bis dahin fehlt uns noch Einiges“, sagt Thomas Raeder lächelnd und ein klein wenig verbissen dreinblickend. „Dafür kann man sich nämlich nicht bewerben.
Ein Schritt nach dem anderen
Da kommt man nur hin, wenn man eines von den weltweit wirklich größten Turnieren gewinnt.“ Zum Beispiel das „Italian BBQ“ in Perugia. Aber heute, da ist ja erstmal üben angesagt. Dann kommt Göteborg. Dann Oslo. Ein Schritt nach dem anderen. Wie bei den Gängen eines Menüs.
Übrigens: Auch wenn man das irgendwie erwartet, so ufert doch noch lange nicht jede private Grillparty der Viking-Mitglieder zum Gourmet-Stelldichein aus. Denn es gibt ja auch noch ein Leben neben dem Grillsport.
Und da ist auch mal Entspannung angesagt und Fleisch, das nicht über zwei Tage zubereitet werden muss. „Wir grillen auch mal ganz normal“, sagt Thomas Raeder. Was nicht immer so gut ankomme: „Wenn wir unsere Freunde und Verwandten einladen und sie fragen an der Haustüre: »Was macht Ihr denn heute Leckeres für uns?« und wir legen nur ein normales Steak auf den Grill legen, ist der eine oder andere schon mal enttäuscht.“
Aber es kann nun einmal nicht immer Kaviar – oder edel angerichteter Schweinbauch mit Kartoffelecken oder Burger mit gefüllten Yufkaröllchen und Zucchinispießen – sein. Helga und ihre Jungs brauchen auch mal eine Pause. So ein Sommer, so eine Grillsaison, ist schließlich lang genug. Und der nächste Wettkampf kommt bestimmt.