Landtagswahl in LeverkusenDie Linke schickt Newcomer Sönke Voigt ins Rennen
Leverkusen – Nein, es sind keine guten Zeiten für die Linken. Vor zehn Jahren sind sie aus dem NRW-Landtag geflogen, die kürzlich enthüllten Sexismus-Vorwürfe und eine (bislang) gefühlte Verbundenheit zu Russland hängen ihnen wie ein Mühlstein um den Hals. Dafür wirkt Sönke Voigt erstaunlich entspannt, wie er da im grauen Sweater und Jeans in der Fußgängerzone steht und seinen Wahlprogrammflyer den vorbeihastenden Menschen in die Hand drücken möchte.
Auf keinen Fall aufdringlich sein
Die Strategie ist klar: Auf keinen Fall „aufdringlich“ wolle er erscheinen, lieber auf „Interesse achten“ und einen schönen Tag wünschen, egal ob die Leute den Flyer mitnehmen oder nicht. Sönke Voigt kandidiert zum ersten Mal. Wahlkämpfe habe er schon viele begleitet, erzählt er hinterher, als er seine Sprite trinkt, jetzt wird es ernst für ihn. Der 23-Jährige ist der mit Abstand jüngste Direktkandidat auf der Liste für Leverkusen.
Warum er hier kandidiert, wo er doch in Köln-Nippes wohnt? In Leverkusen habe sich zuerst niemand gefunden, der Kreisverband hier sei klein, erläutert der gebürtige Troisdorfer. Also wollte er ran. In Leverkusen hat er vor knapp zwei Jahren schonmal an einer Demo gegen den rechten „Aufbruch Leverkusen“ teilgenommen, gemeinsam mit „Lev ist bunt“.
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Die Leverkusener Themen findet er „super interessant“. Welche hier aus seiner Sicht am wichtigsten sind, zählt er auf: Der Öffentliche Personen-Nahverkehr müsse ausgebaut und kostenlos werden, gerade wichtig für Leverkusen, „weil es da ja auf die Dörfer hochgeht, wo man noch weniger die Möglichkeit hat, alle zehn Minuten einen Bus oder eine Bahn zu nehmen“. Auch die „explodierenden Mietpreise“ hat er als Thema identifiziert. Das dritte ist eins seiner wichtigsten: Sönke Voigt setzt sich für Behinderte ein und kämpft für einen Mindestlohn auch in Behindertenwerkstätten.
Das Thema betrifft ihn: Als er 18 war, sei bei ihm ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) festgestellt worden, erzählt er. Mit Medikamenten habe er das im Griff, Voigt arbeitet unter anderem als Assistent der Linkenfraktion im Düsseldorfer Stadtrat. Sachen, die ihn sehr interessieren, kriege er gut hin, sagt er, da könne er sich sehr gut konzentrieren. Ansonsten sei man als Mensch mit ADS aber auch leicht ablenkbar, ein Gang durch die Kölner Innenstadt könne auch schonmal reizüberflutend wirken, „danach brauche ich fünf Minuten“. Sein bester Freund sitzt im Rollstuhl, „daran kann ich sehen, wie sehr diese Menschen von der Gesellschaft ausgeschlossen sind“, betont Voigt.
Hofft auf einen Wiedereinzug
Er verströmt – zumindest äußerlich – Optimismus für den 15. Mai. „Ich hoffe auf eine fünf“ sagt er und meint damit fünf Mandate. 30 Plätze auf der Landesliste wurden vergeben. Das ist schon sehr ambitioniert, die aktuellen Umfrageergebnisse sehen die Linke überhaupt nicht im Landtag. Vielleicht seien die Leute „abgeschreckt, dass die Linke sich so radikal für Menschen einsetzt, die nicht so viel haben“, sinniert der gelernte Bürokaufmann. „Viele denken, sie müssen ihr halbes Gehalt abgeben.“ Oder die Linke werde mit der DDR assoziiert und „wahrgenommen“ – „was sie absolut nicht ist“. Doch es gebe auch zu viele innerparteiliche Streitigkeiten, räumt er ein.
Und ja, die Sexismusvorwürfe. Von denen er aus den Medien erfahren habe. Sein erster Gedanke: „Warum ausgerechnet jetzt?“, aber auch: „Wie konnte das so weit gehen und wie kann man diese Personen schützen?“, erinnert er sich. Das Programm, das die Linke nun aufsetzt, um solche Situationen in Zukunft zu verhindert, findet er gut. Ebenfalls positiv bewertet er auch die bislang geleistete Arbeit von Linkenchefin Janine Wissler. Er hätte Favoriten für die Parteispitze, die im Juni neu gewählt werden soll, will sich aber nicht in die Karten gucken lassen. Es sollten aber „lieber neue Gesichter“ rein.