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Laufstegmodel aus LeverkusenVon Schlebusch nach New York

Lesezeit 6 Minuten

Hier posiert die 21-jährige Leverkusenerin am Sensenhammer im heimatlichen Schlebusch.

Leverkusen – Das lange Paillettenkleid schmiegt sich eng an ihren Körper. Mit konzentriertem Blick schreitet die junge Frau über die Fläche. Ihre Ohrringe reichen bis auf ihre Schultern, der lange braune Zopf schwingt bei jedem Schritt mit. Alle Augen sind auf die junge Frau gerichtet. Konzentriert setzt sie einen Fuß vor den anderen. Und schwebt über den Laufsteg. Wenn Christina Krumbach in den vergangenen vier Jahren etwas gelernt hat, dann an sich selbst zu glauben.

Es ist ein sonniger Nachmittag. Ein Hauch von Frühling liegt in der Luft über dem Kuhlmannweg in Schlebusch. Christina lächelt, als sie die Haustür öffnet. Sie trägt eine helle Jeans und ein schlichtes graues Oberteil. Ihre Haare hat sie zu einem lockeren Dutt zusammengesteckt. „Wenn ich zu Hause bin, mag ich es am liebsten natürlich“, sagt die 21-Jährige. Kein Wunder: Schließlich sitzt sie während der Arbeit oft stundenlang in der Maske.

Christina ist professionelles Werbe- und Laufstegmodel, erst kürzlich ist sie aus New York zurückgekehrt. Zweieinhalb Wochen war sie in Amerika, hat dort mit vier anderen Mädchen in einem kleinen Apartment mitten in der Stadt zusammengewohnt – und ist auf der Fashion Week mitgelaufen. Paris, Mailand, London und eben New York: Das sind die „Big Four“, die vier bedeutendsten Modewochen der Welt. Wer auf diesen Schauen Designerkleider über den Catwalk trägt, hat es als Model geschafft.

Wenn die 21-jährige Christina erzählt, dann lächelt sie zwischendurch immer wieder. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal als Model arbeite“, sagt sie. Nach all den Abenteuern der vergangenen Monate und Jahre kann sie es doch selbst noch nicht so recht glauben. Tausende Mädchen träumen davon, einmal Model zu werden. Christina hatte diesen Traum nicht. Es ist einfach so passiert. Sie war in der elften Klasse, als eine Agentin sie auf dem Festival „Rheinkultur“ ansprach. Es folgten Testshootings. Und dann: erste Aufträge für Werbekunden. Aber als Model arbeitete die 1,78 Meter große junge Frau erst einmal nur nebenbei. „Ich wollte unbedingt die Schule fertig machen“, sagt sie. Erst seit ihrem Abitur im Jahr 2013 ist Christina hauptberuflich Model. Mittlerweile ist sie bei Modelwerk unter Vertrag, einer bekannten deutschen Agentur mit Sitz in Hamburg.

„Ich habe denen nach dem Abi einfach meine Unterlagen geschickt“, erzählt die Schlebuscherin und nippt an einem Glas Wasser. Ein paar Tage später saß sie im Flugzeug nach Asien. „Damit hatte ich im Leben nicht gerechnet.“ Zwei Monate Südkorea, drei Monate Singapur und all das völlig ohne Erfahrung. „Aber das ist üblich so. Der asiatische Markt ist kompakt, da kann man gut ein Portfolio aufbauen.“ Und mit diesen Fotos später Werbekunden und Designer überzeugen. Christina kommt an. In Berlin ist sie für Guido Maria Kretschmer gelaufen, in Singapur hat sie die Mode von Giorgio Armani und Chanel auf dem Catwalk präsentiert. Und in Taipeh wurde sie für die Shampoomarke „Syoss“ fotografiert, das Ergebnis hängt überlebensgroß am Düsseldorfer Flughafen. Was sie als Model so erlebt, hält Christina fleißig auf Facebook und Instagram fest. Ihr Handy hat sie immer dabei. Auch, während sie im elterlichen Wohnzimmer erzählt, liegt es griffbereit. Und piept immer wieder.

Christina reist durch die Welt, wird gestylt, trägt auf den Schauen wunderschöne Kleider – ob ihr da in ihrem privaten Umfeld auch schon mal Neid entgegenschlage? „Nein“, sagt Christina. Und außerdem: So glamourös, wie sich Freunde und Verwandte den Modelalltag oft vorstellten, sei er auch gar nicht. „Die Arbeit ist hart“, stellt Christina richtig. Nach den großen Modewochen hat sie regelmäßig blutige Füße und kaputte Haare.

Über ihre Gage darf Christina nicht reden. Tatsächlich lässt sich das Einkommen der Models nur schwer pauschalisieren. „Die Gage wird immer mit dem Model verhandelt. Die Höhe hängt von vielen Faktoren ab“, sagt Modelagent Amir Samari von der Kölner Agentur Cocaine Models und zählt auf: dem Budget des Werbekunden, der Beziehung zwischen Agentur und Kunde, der Erfahrung des Models. „Entscheidend ist vor allem, wie bekannt das Model ist, und auch, wie aktiv es sich zum Beispiel in Sozialen Netzwerken oder auf Blogs selbst vermarktet.“ Je populärer das Model, desto mehr Gage kann es fordern.

„Im Modelbusiness bist du ersetzbar“

Reich werden damit längst nicht alle. Auch Christina musste eine ganze Weile arbeiten, bis sie selbst etwas verdient hat. Flug und Unterkunft muss sie stets selber zahlen, ein großer Teil ihrer Gage geht außerdem an die Agentur. Und auch sonst ist ihr Alltag nicht gerade glamourös. Eine eigene Villa, wie etwa Heidi Klums Models sie in der Castingshow „Germany’s next Topmodel“ bewohnen? „Das ist nicht die Realität“, sagt Christina. In Athen etwa habe sie in einem Keller mit Herdplatte gelebt. „Heidis Show vermittelt ein völlig falsches Bild.“ Auch würden Models, anders als Heidis Mädchen, nicht in der Gruppe durch die Stadt kutschiert.

Von Casting zu Casting hetzen, mit nichts in der Hand als einem Stadtplan und der Zieladresse, nur um immer wieder eine Absage zu bekommen – „in echt bist du auf dich allein gestellt“, sagt Christina. Und: „Im Modelbusiness bist du absolut ersetzbar.“ Eine bittere Wahrheit, die auch die junge Leverkusenerin erst einmal lernen und verstehen musste. Heute sieht sie es gelassen. Mit ihren 21 Jahren zählt Christina in der Branche schon zu den Älteren. Ihre Mitbewohnerin bei der Berliner Fashion Week im Januar war gerade einmal 14 Jahre alt.

Zu jung? Ja, findet Christina. „Meiner Tochter würde ich das nicht erlauben.“ Auch ihre Eltern waren anfangs nicht sonderlich begeistert. Unterstützt haben Brigitte und Bernd Krumbach ihre Tochter trotzdem immer. Genau wie ihr Freund Timo. Seit drei Jahren sind der angehende Sportstudent und das Model nun ein Paar. Die Fernbeziehung ist für beide nicht leicht. Wenn Christina nach Hause kommt, genießt sie die gemeinsame Zeit umso mehr – auch, wenn die Rückkehr zunächst immer ein kleiner Kulturschock ist. Leverkusen ist eben eine andere Welt als New York oder Singapur.

Ewig will Christina nicht modeln. Ab Herbst möchte sie in Mönchengladbach Modemanagement studieren und sich nur noch nebenbei vor der Kamera oder auf dem Laufsteg in eine andere Person verwandeln. Davor geht es aber noch mal nach New York, diesmal für ein paar Monate. Dass die Konkurrenz dort groß ist – darauf ist die Leverkusenerin gefasst.

Eines würde sie für den Job trotzdem nie tun: auf das Essen verzichten. Bei Geschichten über Mädchen, die jede Kalorie zählen, kann die 21-Jährige nur den Kopf schütteln. Natürlich muss auch sie auf ihre Figur achten. Aber ein Grundsatz war für Christina immer klar: „Meine Gesundheit steht an erster Stelle.“ Hungern? Nein, das wäre es ihr nicht wert.