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„Ich will dieses Orchester“Bayer Philharmoniker aus Leverkusen haben neuen Dirigenten

Lesezeit 4 Minuten
Jesús Ortega Martínez dirigiert seit Januar 2025 die Bayer Philharmoniker.

Jesús Ortega Martínez dirigiert seit Januar 2025 die Bayer Philharmoniker.

Jesús Ortega Martínez leitet seit diesem Jahr das Orchester.

Jesús Ortega Martínez lässt sich auf dem Sofa im Künstlerzimmer des Erholungshauses nieder. Er ist gerade aus München ausgereist. Dort lebt der neue Chefdirigent der Bayer Philharmoniker. Bei der Anreise sei im Grunde alles gut verlaufen, nur 50 Minuten Verspätung habe die Bahn gehabt. „Hier in Deutschland ist sonst immer alles perfekt und pünktlich“, sagt er und lacht. Nur bei der Bahn funktioniere das irgendwie nicht.

Seit Anfang des Jahres arbeitet Martínez mit dem Leverkusener Orchester. Also erst seit Kurzem. „Die ersten Wochen waren oder sind sehr wichtig für mich, um das Orchester kennenzulernen“, sagt er. Schon jetzt ist sich aber sicher: „Das Orchester hat so viel Potenzial.“ Das sinfonische Orchester ist streng genommen ein Laien-Orchester. Allerdings nur, was den finanziellen Aspekt, die einzelnen Musiker betreffend, angeht. De facto sitzen in der 60 Leute starken symphonischen Gruppe viele Profimusiker und Profimusikerinnen.

Die Fußstapfen, in die Jesús Ortega Martínez tritt, sind groß. Die letzte Chefdirigentin war die gefeierte Bar Avni. Gerhard Wansleben, Vorsitzender der Bayer Philharmoniker, ist aber sicher, wieder einen Glücksgriff getan zu haben. Martínez war dem Orchester von Katharina Morin, die übergangsweise ein paar Konzerte mit den Leverkusener Musikerinnen und Musiker gespielt hatte, empfohlen worden. Der Vorstand hatte sich dann im Sommer ein Konzert von Jesús Ortega Martínez angeschaut und im Herbst hatte es eine Probe-Probe gegeben.

Jesús Ortega Martínez.

Jesús Ortega Martinez.

Jesús Ortega Martínez’ instrumentale Ausbildung passt eigentlich nicht so recht zu einem symphonischen Orchester. Sein Hauptinstrument, klassische Gitarre, passt gar nicht ins Orchester. Das Instrument hat er in Alicante (Spanien) studiert, Dirigieren und Chorleitung in Helsinki (Finnland) und für seinen Master war er nach München gekommen. Während er also an der Gitarre eher solistisch unterwegs ist und auch diverse Preise gewonnen hat, habe er „schon immer Interesse am Orchester“ gehabt. Einmal am Klang, aber auch an den Menschen, an der Interaktion. Daran, zusammen etwas auf die Beine zu stellen.

Seit 2022 ist er Chefdirigent des Symphonieorchesters „Wilde Gungl München“ sowie des Orchesters „Die Bergson Phil'“, ebenfalls in München. Daher weiß er: „Beim Dirigieren geht es vor allem um Kommunikation“, mindestens genauso viel wie um die musikalische Expertise, das „Handwerk“. Orchester und Dirigent müssten „Partner“ werden. Und bei den Bayer Philharmonikern habe er das Gefühl, dass das funktioniere.

„Ich wusste nach der ersten Probe sofort: Das Orchester will ich.“ Die Chemie habe gestimmt, die Musikerinnen und Musiker verhielten sich professionell, trotzdem sei die Stimmung sehr angenehm. Überhaupt lobt Jesús Ortega Martínez die Basis, auf der er aufbauen könne. Die Musikerinnen und Musiker seien alle sehr gut ausgebildet, ob sie nun Profis seien oder nicht. Dazu sei die Mischung aus den Leuten sehr interessant.

Leverkusen: Dirigent lobt professionelles Umfeld

Und, auch das ist dem Dirigenten wichtig zu erwähnen, die Rahmenbedingungen stimmten. Vom Vorstand des Orchesters über die Zusammenarbeit mit Bayer-Kultur bis zur Kommunikation mit der Stadt. Der neue Dirigent ist begeistert. „Ich habe den Eindruck, dass hier alle das Orchester fördern wollen. Die Strukturen sind sehr professionell.“

„Polyvalent“ möchte er das Orchester aufstellen. Das heißt, musikalisch vielseitig. Klar, die klassischen symphonischen Werke der bekannten Komponisten gehörten dazu, und man merke, dass das Orchester sich darin sicher fühle. Aber er möchte auch „neue Perspektiven“ einbringen, neue Richtungen. Damit will er ein Alleinstellungsmerkmal schaffen, denn in Köln, Düsseldorf oder in anderen Städten gebe es viele gute Orchester. „Die Kombination ist wichtig. Ich habe Spaß daran, Punkte, die weit weg voneinander sind, zusammenzubringen.“

Eines der eher außergewöhnlichen Stücke, ist das, was am Mittwochabend im Erholungshaus auf den Notenpulten liegt: „Elegy“ von Yoav Talmi, untertitel mit „Dachau Recflections“. Das Stück spielen die Bayer Philharmoniker am Freitag, 14. Februar, um 19.30 Uhr im Forum auf dem Konzertabend „unvollendet?“ im Rahmen der Reihe „Farbe beknnen“. Dazu Schubert und Weill.

„Es ist eine große Ehre, hier Dirigent zu sein, denn … “– Martínez zögert – „das sind wirklich coole Leute“. Wie lange er in Leverkusen bleiben werde, wisse er noch nicht. „Solange meine Ideen zum Orchester passen.“