181 Frauen wandten sich im vergangenen Jahr an die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Leverkusen.
JahresberichtBeratungsbedarf beim Frauennotruf in Leverkusen wächst

Marlene Caspers auf einer Fachtagung zum Thema sexualisierte Gewalt. (Archivfoto)
Copyright: Frauennotruf Leverkusen
Der Bedarf nach Beratungen beim Frauennotruf Leverkusen, die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, hat im vergangenen Jahr zugenommen. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, den der Frauennotruf für 2024 veröffentlicht hat. 25 Prozent mehr Beratungsanfragen habe man verzeichnet, heißt es darin. Das habe zu 15 Prozent mehr Beratungen geführt.
In absoluten Zahlen: 604 Einzelberatungen, die sich auf 181 Frauen verteilen, hat das Frauennotruf-Team im vergangenen Jahr durchgeführt. Die meisten Betroffenen waren zwischen 26 und 40 Jahren alt (23 Prozent), gefolgt von den 18- bis 25-Jährigen (36 Prozent). 70 Prozent der Frauen, die eine Beratung in Anspruch genommen haben, waren Deutsche.
Mehr als ein Viertel der Beratenen (27 Prozent) befand sich zum Zeitpunkt der Beratung in einer Ausbildung, einer Umschulung oder im Studium, 22 Prozent arbeiteten in Vollzeit. In den meisten Beratungen ging es um sexuelle Belästigung, ein Drittel der Betroffenen waren deshalb zum Frauennotruf gekommen. Ebenfalls häufig waren psychische oder psychosomatische Erkrankungen (31 Prozent). 99 Prozent der 181 beratenen Frauen hatten mit sexualisierter Gewalt zu tun, 33 Prozent mit häuslicher Gewalt, 16 Prozent mit digitaler.
Leverkusen: 94 Prozent der Täter waren männlich
94 Prozent der angegebenen Täter waren männlich, heißt es im Bericht. In 17 Prozent der Fälle war es der Ehepartner, in 23 Prozent andere Verwandte. 56 Prozent der Frauen kamen wegen Vergewaltigung oder sexueller Nötigung zum Frauennotruf, 34 Prozent wegen eines zurückliegenden Missbrauchs.
Die Arbeit des Teams des Frauennotrufs hat auch immer eine politische Dimension. Nach umfassenden Appellen habe man Anfang 2025 einen Erfolg erzielen können: Das Gewalthilfegesetz wurde verabschiedet. Umgesetzt werden soll es allerdings erst ab 2032, erst dann haben von Gewalt betroffene Frauen einen Anspruch auf Schutz und Unterstützung. „Bis dahin ist die finanzielle Situation weiterhin unsicher“, heißt es im Jahresbericht.
Geld bekommt der Frauennotruf vom Landesministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleisstellung, Flucht und Integration, dazu von der Stadt. Von Januar 2022 bis Ende 2024 erhielt der Verein eine Förderung der Deutschen Fernsehlotterie für ihr Projekt „Beratung bei digitaler sexualisierter Gewalt“. Die öffentliche Förderung reiche aber nicht. Man sei immer auf Spenden angewiesen, sowohl von Privatpersonen als auch von Firmen oder Institutionen.
Über das Projekt „Beratung bei sexualisierter Gewalt“ konnte man an Schulen und Jugendhäusern in der Stadt das Workshop-Programm „Frauen und Mädchen sicher im Netz“ anbieten. 120 Mädchen und junge Frauen hätten im vergangenen Jahr mitgemacht, heißt es. Auch wenn die Förderung durch die Deutsche Fernsehlotterie ausgelaufen ist, geht es weiter: Durch Zuwendungen der Stadt könne man Präventions- und Beratungsarbeit zu digitaler Gewalt weiterführen.
Weiterführen kann das Team auch seine Arbeit mit Frauen mit Zuwanderungsgeschichte. Eine „dringend notwendige, niedrigschwellige Unterstützung“ sei die Arbeit. Konkret heißt das unter anderem: monatliche Sprechstunden im Servicepoint Integration in den Luminaden in Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum. Aber auch die steht auf finanziell wackeligen Füßen. Zunächst habe es so ausgesehen, dass das Förderprogramm des Landes „Need-Help.NRW“ dafür auslaufe. „Eine Tatsache, die uns auch angesichts der aktuellen politischen Situationen große Sorgen bereitete“, heißt es dazu im Bericht. Glücklicherweise fördert das Land die integrative Arbeit des Frauennotrufs zumindest im Jahr 2025 weiter.
Beratung
Zum Frauennotruf gehören vier hauptamtliche sowie sieben ehrenamtliche Mitarbeiterinnen. Vorsitzende des Vereins sind Sabine Rusch-Witthohn und Sabine Lindlar. Das Beratungsangebot gilt für betroffene Frauen und Mädchen sowie deren Angehörige. In Einzelfällen ist auch eine Traumatherapie möglich, es gibt auch die Möglichkeit zu Rechtsberatung nach sexualisierter Gewalt. „Wir vermitteln hilfreiche Adressen und unterstützen bei der Suche nach weiteren Hilfen“, heißt es im Jahresbericht. Zudem begleitet das Team auf Wunsch Betroffene zu Anwälten, Ärzten oder zur Polizei. Auch Sprachvermittler können bereitgestellt werden. Eine telefonische und persönliche Beratung ist möglich, auf Anfrage auf per Mail- oder Videochat. Außerdem gibt es offene Telefon- und Chatzeiten. Alle wichtigen Informationen gibt es im Netz.
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