Höchster Wert in DeutschlandWarum hat Leverkusen schon wieder so eine hohe Inzidenz?
Leverkusen – Leverkusen ist bundesweiter Spitzenreiter: mit dem aktuellen Inzidenzwert von 125. Der spielt zwar in der neuen Corona-Schutzverordnung, die am Freitag in Nordrhein-Westfalen in Kraft tritt, keine so große Rolle mehr, gibt aber natürlich dennoch Auskunft über den aktuellen Infektionsstand.
„Das war doch völlig klar, dass wir diese Entwicklung erleben“, kommentiert Dr. Thomas Eusterholz, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in Leverkusen. Für ihn ist die Steigerungen der Infektionszahlen auf die Reiserückkehrer zurückzuführen. Er weist darauf hin, dass ja auch die Türkei mittlerweile – zu spät, wie Eusterholz findet – als Hochrisikogebiet gilt, erst, als schon viele Reisende bereits zu Hause gewesen seien, schließlich sind die Sommerferien gerade zu Ende gegangen. Für einen Sonderfall hält er Leverkusen nicht, auch wenn die Stadt eine viel höhere Inzidenz hat als ihre Nachbarn Köln (99) und Düsseldorf (91).
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Die Stadt erklärt den hohen Anstieg wie im Frühjahr, als Leverkusen schon einmal in den Bundes-Top-Ten gewesen ist, erneut mit der Testmethode. „Leverkusen testet – anders als viele andere Kommunen – am 5. und 12. Tag der Quarantäne bei allen engen Kontaktpersonen, beide Male mit einem PCR-Test“, heißt es in der Stellungnahme. Dabei würden insbesondere bei asymptomatischen Personen immer wieder Infektionen aufgedeckt, die ohne den PCR-Test nicht nachgewiesen worden wären: „Dadurch werden »verborgene« Infektionen aufgedeckt, so dass Quarantänen bei Bedarf verlängert werden können.“
Diese Vorgehensweise sei forciert worden, um mögliche Cluster schnell eingrenzen zu können. „Die Entwicklung der Lage wird beobachtet; eine Anpassung der Teststrategie erfolgt bei Bedarf“, schreibt die Stadtverwaltung. Sie sieht als Grund für den Anstieg ebenfalls die Reiserückkehrer und „daraus resultierend die schnelle Virusausbreitung in den betroffenen Familien aufgrund der deutlich erhöhten Infektiosität der Delta-Variante“. Die Entwicklung in Leverkusen liege aber im Bundestrend, betont sie. „Insgesamt hat Leverkusen kein spezifisch höheres Infektionsgeschehen als andere Ballungsräume.“
Keine lokale Bedeutung
Dieser Ansicht schließt sich auch Prof. Dr. Stefan Reuter vom Klinikum in Schlebusch an. „Die Fallzahlen steigen in ganz NRW und wir haben in den letzten Wochen auch starke Schwankungen zwischen den Kommunen erlebt, sodass Momentaufnahmen mit Spitzenplätzen bei den Inzidenzen schnell wechseln können.“ Er messe diesen Inzidenzen keine besondere lokale Bedeutung bei: „Es handelt sich um ein überregionales Geschehen.“
Aktuell sei die Situation für die Krankenhäuser in Leverkusen aufgrund der immer besseren Durchimpfung „zu bewältigen“. Die Patienten, die im Klinikum liegen, seien in der überwiegenden Mehrheit nicht geimpft und erkranken schwer. Mehrere junge Patienten würden um ihr Leben kämpfen, schildert der Infektiologe und wirbt erneut eindringlich für die Impfung: „Wir müssen den Teil der Bevölkerung, der bislang noch ungeimpft ist, unbedingt darauf hinweisen, dass sie früher oder später an Covid-19 erkranken werden und dass mit der Delta-Variante auch junge, ansonsten gesunde Leute schwer erkranken können und sterben können.“
Ab Freitag neue Verordnung
Die neue Corona-Schutzverordnung, in der nicht mehr die Inzidenzstufen im Fokus stehen, sondern die „3G-Regeln“, sieht Thomas Eusterholz insofern positiv, als dass die Gesellschaft „grundsätzlich zum normalen Leben zurückkehren muss, wir werden mit dem Virus leben müssen“.
Doch dass mit der neuen Verordnung der Druck auf Ungeimpfte erhöht wird, findet er dennoch nicht gut. „Es ist eine Aufklärungsfrage“, betont der Augenarzt. Dass Deutschland anderthalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie nicht in ruhigeres Fahrwasser geraten ist, kreidet er der Landes- und Bundespolitik an.
„Eine große Herausforderung“ sieht er im Herbst auf die Städte zukommen, dann, wenn die Impfzentren Ende September geschlossen werden sollen und Vertragsärzte und mobile Impfteams das Impfen übernehmen sollen.
Ex-Ratsherr Friedrich Busch wirft die Frage auf, ob die Stadt Leverkusen die Nachverfolgung der Infizierten noch gewährleisten kann oder ob nicht erneut Mitarbeiter der Bundeswehr um Hilfe gebeten werden sollen.