Buch veröffentlichtGebürtige Leverkusenerin schildert Eindrücke ihrer Kindheit
Leverkusen – Steine in Einmachgläsern, nach Größe und Farbe geordnet. Das sind die Eindrücke aus der Kindheit. Die Mutter putzte im Büro der Kiesgrube und die Protagonistin des Romans „Einer aus Wiesendorf“ zieht den Vergleich zu den Steinen in Gläsern mit eingemachten Kirschen, Mirabellen oder Pflaumen.
Große Ähnlichkeit mit Leverkusen
Auch im Mayer-Werk putzt die Mutter und an den langen Wäscheleinen hängen tausende Wollfäden, die sie aber nicht mitnehmen darf. Die Handlungsorte des Romans von Edith Lutz haben auffällige Ähnlichkeit mit Leverkusen, Wiesdorf, dem Bayerwerk. Das ist beabsichtigt. Die gebürtige Leverkusenerin, die heute in Kall in der Eifel lebt, recherchierte unter anderem im Bayer-Archiv für ihren Roman. Im Werk arbeitete ihr Vater, im Roman heißt er Walter Paul. Sein Schicksal arbeitete Lutz auf, als sie nach dem unaufgeklärten Tod des Vaters Briefe und Dokumente in einer Gartenlaube fand. Auch Zeitungsausschnitte aus dem „Leverkusener Anzeiger“, in denen über das Schöffengericht Ende März und Anfang April 1958 berichtet wurde, sind Grundlage ihrer Recherche. Ihrem Vater wurde Werksspionage zur Last gelegt.
Erinnerung an den Vater
Was sie mitnimmt aus der Kindheit, ist die Erinnerung an den unglücklichen Vater, im Roman ist es der Werksmeister Walter Paul, der erfolgreich in der Kautschukabteilung arbeitete. Er machte mehrere Erfindungen, die zum Patent angemeldet wurden. Dem Konzern verhalfen sie zu ansehnlichen Gewinnen. Im Dritten Reich war es Ziel des Regimes im Zuge der Autarkiebestrebungen unabhängig von Rohstoffimporten zu werden – unter anderem im Bereich des synthetischen Kautschuks Buna, der auch für Autoreifen verwendet wurde. Dem Vater waren im Werk polnische Zwangsarbeiter zugeteilt.
Aktiv in der Friedensbewegung
Verstehen zu wollen, das war ein Antrieb für das Buch. Für ihren Roman recherchierte Edith Lutz im Auschwitz-Archiv, im Bundesarchiv sowie im NRW-Rheinland-Archiv. Und sie befragte ihre Geschwister. Lutz (Jahrgang 1949) absolvierte nach einer Ausbildung zur Krankenschwester und einem Lehramtsstudium in Englisch, Biologie und Religionswissenschaften im Fach Jüdische Studien. Sie engagiert sich in der Friedensbewegung Israel Palästina und möchte mit ihrem Roman, der auf wahren Ereignissen basiert, Brücken schlagen. „In diesem Roman, der auf Geschehnissen basiert, die sich in vergleichbarer Weise zugetragen haben, geht es um mehr als ein Einzelschicksal; denn die Kräfte, denen Einer aus Wiesendorf zum Opfer fällt, sind die gleichen, die für das Leid einer Vielzahl von Menschen verantwortlich sind: Das Streben nach Macht und Profit“, erklärt der Pop-Verlag aus Ludwigsburg, bei dem Edith Lutz ihr Buch veröffentlichte.
Persönliche Bezüge
Ihr fiktiver Roman hat viele persönliche Bezüge. Die Schauplätze, welche sie auswählte, erinnern an das Leverkusen der 50er Jahre. Der lokale Bezug wird bereits durch das Bild auf dem Umschlag des Buchs hergestellt. Es zeigt eine Gruppe Jugendlicher aus der Wandervogelbewegung.
Es ist ein Foto aus dem Nachlass von Amelie Gade, das ihr wiederum der Historiker Reinhold Braun zur Verfügung stellte. Nach Altenberg gingen die Jugendlichen damals, um auf einer Kuhwiese beim Dom zu musizieren und zu kochen.
Amelie Gade stellte ihre Erinnerungen fast hundertjährig für ein Buchprojekt Brauns zur Verfügung. Wie Edith Lutz mitteilt, findet die erste Lesung am 22. September, 17 Uhr im Café Zettel's Traum in Opladen, Altstadtstraße 20, statt.
Edith Lutz, Einer aus Wiesendorf, Roman, ISBN 978-3-86356-268-7, 16,50 Euro.