Die Zahlungsmoral lässt nach, zeigt eine Umfrage bei den Unternehmen. Ein klares Zeichen, dass die Wirtschaftskrise angekommen ist.
Creditreform-UmfrageImmer mehr Leverkusener Mittelständler laufen dem Geld hinterher
Die Zahlungsmoral lässt nach. Das zeigt eine Umfrage von Creditreform Solingen bei mittelständischen Unternehmen im bergischen Städtedreieck. Ihre Ergebnisse wurden am Dienstag vorgelegt. Danach neigen sich die Zeiten, in denen Rechnungen so gut wie immer pünktlich beglichen wurden, dem Ende zu. Zwar beurteilen noch immer gut 88 Prozent der Unternehmen die Zahlungsweise ihrer Kunden als „befriedigend“ oder besser. Doch dieser Wert lag voriges Jahr noch knapp neun Prozent höher.
Noch eklatanter ist die Verschiebung beim Prädikat „ausreichende“ Zahlungsmoral. Gut zehn Prozent der Kunden werden jetzt in diese Kategorie eingeordnet; 2022 waren es gerade mal 2,7 Prozent. 1,3 Prozent der Mittelständler schätzen das Zahlungsverhalten als „mangelhaft“ ein, im Vorjahr keiner der Befragten.
Auch die Creditreform selbst stellt fest, dass die Zahlungsmoral nachlässt. Für die 106 Kunden, die ihre Rechnungsabwicklung der Tochter Crefo-Factoring Rhein-Wupper anvertraut haben, bilanzieren Andreas Koch und Stefan Krause in diesem Jahr bisher eine Mahnquote von rund 14,7 Prozent; voriges Jahr waren es nur 12,2, 2021 sogar nur 9,8 Prozent.
Leverkusen: Viel schlechter als der deutsche Durchschnitt
In der Region um Leverkusen, Solingen und Remscheid können knapp 82 Prozent der Mittelständler ihre Rechnungen innerhalb von 30 Tagen als bezahlt abhaken. Das liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 92,3 Prozent. Nach 60 Tagen haben an Rhein und Wupper knapp 95 Prozent der Kunden gezahlt, die Quote in ganz Deutschland liegt gut drei Prozent höher. 5,2 Prozent der Mittelständler in der Region warten durchschnittlich länger als zwei Monate auf ihr Geld, im Bundesdurchschnitt sind es lediglich 1,6 Prozent.
Von einer guten Zahlungsmoral berichtet vor allem der Handel, schreiben Andreas Koch und Stefan Krause, Geschäftsführer bei Creditreform Solingen. Mehr als 90 Prozent der Befragten registrierten einen Rechnungsausgleich binnen 30 Tagen. Auch von den Bauunternehmen berichteten immerhin noch 87 Prozent der Firmen von derart zügiger Bezahlung. Auch die Dienstleister lägen mit einem Wert von 83 Prozent noch leicht über dem Schnitt.
Deutlich schleppender seien aber die Zahlungseingänge in der produzierenden Wirtschaft: 73 Prozent der Industrie-Unternehmen können ihre Rechnungen nach 30 Tagen „abhaken“ – 4,5 Prozent der Betriebe warteten länger als drei Monate.
Öffentliche Auftraggeber sind immer öfter säumige Zahler. Knapp 42 Prozent der befragten Mittelständler wickeln Aufträge für die öffentliche Hand ab. Hier habe sich die Zahlungsweise im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert: Nur bei sieben von zehn der Mittelständler gehen Zahlungen binnen 30 Tagen ein. Nach 60 Tagen werden immerhin gut 94 Prozent der Unternehmen bezahlt. Allerdings warteten 2,7 Prozent länger als zwei Monate auf ihr Geld, ebenso viele länger als drei Monate, zeigt die jüngste Creditreform-Umfrage.
Jetzt zeigt sich der Corona-Effekt
Dass Kunden gar nicht zahlen, kommt bei Dienstleistern selten vor. 84 Prozent mussten weniger als ein Zehntel Prozent ihres Umsatzes abschreiben; acht von zehn Händlern verzeichnen ähnlich geringe Forderungsverluste. Bei den Bauunternehmen können sich gegenwärtig zwar 87 Prozent über Verluste unter 0,1 Prozent ihres Umsatzes freuen. Allerdings müssen sieben Prozent der Befragten dieses Sektors Summen bis ein Prozent ihres Umsatzes ausbuchen. Am schlechtesten steht die Industrie da: Nur knapp zwei Drittel verzeichnen keine oder geringe Forderungsausfälle, 9 Prozent leiden unter Ausfällen, die mehr als ein Prozent ihres Umsatzes ausmachen.
Sehr stark zugenommen haben Forderungsverluste im Nachgang von Unternehmenspleiten. Fast 28 Prozent waren das bisher in diesem Jahr, 2022 lag der Anteil mit 12,7 Prozent nicht einmal bei der Hälfte. „Creditreform und Crefo-Factoring registrieren aktuell eine deutliche Zunahme der Unternehmensinsolvenzen“, heißt es in der Studie von Koch und Krause. Es bestätige sich die Befürchtung, dass nun viele der Unternehmen zusammenbrechen, „die sich nur aufgrund der in der Coronakrise ausgesetzten Insolvenzanmeldung und durch Coronahilfen über Wasser gehalten haben“.
Am deutlichsten betroffen war hier wiederum die Industrie. Bei 36 Prozent der Unternehmen hat die Insolvenz eines oder mehrerer Kunden in der jüngsten Vergangenheit zu Verlusten geführt. Aber auch rund 30 Prozent der Dienstleister und der Händler mussten Forderungen abschreiben, weil Kunden „pleite gegangen“ sind. Besser stehen das Baugewerbe und die baunahen Mittelständler da. Sie seien bisher weitgehend von Forderungsausfällen durch Kundeninsolvenz verschont geblieben: Sieben Prozent mussten Forderungen aus diesem Grund abschreiben.
Der deutliche Zinsanstieg und Unsicherheiten in der gesamten Wirtschaft machen auch die Finanzierung für Unternehmen problematischer. Creditreform Solingen hat deshalb nachgefragt: „Wie schwierig ist es derzeit einen Kredit bei Ihrer Hausbank aufzunehmen?“ Das Ergebnis: Nur noch 7,5 Prozent der Befragten halten eine neue Finanzierung für „sehr leicht“ zu bekommen – voriges Jahr waren es noch über 20 Prozent. Als „schwierig“ bezeichnen jetzt mehr als elf Prozent der Befragten eine Finanzierungsrunde – gegenüber 1,9 Prozent im vorigen Jahr. Die Einschätzung „sehr schwierig“ gaben nun 5,7 Prozent der Unternehmen ab; davor waren es nur 1,9.
Auch zur Zinslast gibt die Umfrage der Creditreform Auskunft. Knapp 86 Prozent der Mittelständler berichten von gestiegenen Zinsforderungen ihrer Bank, das sind gut sechs Prozent mehr als 2022. Von unveränderten Konditionen sprechen nur noch gut 14 Prozent der Befragten, das sind gut sechs Prozent weniger als vor Jahresfrist. Im Schnitt seien auch die Anforderungen der Bank an die Eigenkapitalquote gestiegen, wird berichtet. Gut 28 Prozent der Mittelständler an Rhein und Wupper haben das zuletzt festgestellt. (tk)