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Waldsiedlung in SchlebuschAnwohner ärgern sich über Pläne für größeres Mietshaus

Lesezeit 4 Minuten
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Schlebusch, Waldsiedlung, Dillinger Straße 14: Das Haus, das hier gebaut wird, passe nicht zur Umgebung, sagen Nachbarn. 

Leverkusen – Häuser in Schlebusch verkaufen sich zur Zeit eigentlich von selbst. Wenn in einer Annonce auch noch das Wort Waldsiedlung vorkommt, kann man auf den Preis gleich noch ein paar Euro aufschlagen. Das Wort ist ein unwiderstehlicher Trigger für viele Hauskäufer und Makler.

Aber mit der Attraktivität der Siedlung wachsen auch die Gefahren für die gewachsene Architektur. Viele der alten Häuser sind inzwischen umgebaut, erweitert oder es wurde angebaut. Auch kommt es inzwischen öfter vor, dass mit hohem Geldeinsatz eines der alten Häuser gekauft, abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt wird. Wie gerade an der Dillinger Straße.

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Um solche Hausgrößen dreht sich die Debatte: Sind sie viel zu groß für die Waldsiedlung oder nicht? 

Dort entsteht laut einem Exposé ein Mehrfamilienhaus mit vier Mietwohnungen von Souterrain bis Dachgeschoss, insgesamt 448 Quadratmeter Wohnfläche, Platz für vier Pkw. Die Wohnungen (15 Euro Kaltmiete) sind in einem Baukörper untergebracht, der zwar von der Form noch entfernt an das typische Waldsiedlungshaus erinnert, aber sehr viel größer ist.

Ehemals bescheidene Architektur

Das ursprüngliche Siedlungshaus hatte eine Grundwohnfläche von 70 Quadratmetern, das neue an der Dillinger bringt es auf 155. Nach Meinung einiger Anwohner passen diese Art Bauten einfach nicht zur bescheidenen Architektur, die die Häuser auszeichnete, die der Berliner Bauunternehmer Adolf Sommerfeld in den 1930er-Jahren entwickeln ließ.

Die Waldsiedlung

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Die Waldsiedlung, hier die Schumannstraße. 

Die Allgemeine Häuserbau Actiengesellschaft (Ahag) aus Berlin errichtete bis 1940 in der gerade neu entstandenen Stadt Leverkusen 600 Häuser auf dem 800.000 Quadratmeter großen Gelände der früheren Sprengstofffabrik Carbonit. Dass der Boden teils stark verseucht war, interessierte nicht. Geplant wurde die Siedlung vom Berliner Architekten Adolf Sommerfeld, der mehrere Siedlungen entworfen hat – meist in Berlin.

Als Jude emigrierte er 1933 nach England, was das Nazi-Regime nicht daran hinderte, seine Planungen als vorbildliche typisch deutsche Siedlung zu feiern. 1938 gab es für die Waldsiedlung eine Auszeichnung als „eine der schönsten Gartenstädte im Westen Deutschlands“. Die schlichten Häuser mit 70 Quadratmetern Grundfläche kosteten um 12.000 Reichsmark. In den 50er Jahren entstanden weitere 50 Häuser – nun auch auf stärker belastetem Boden.

Siedlungen von Adolf Sommerfeld gibt es in Berlin mehrere. Die Bürgerhaussiedlung in Kleinmachnow ist der Waldsiedlung auffallend ähnlich, aber noch viel originaler erhalten. Dort gibt es eine rührige Bürgerinitiative, die sich um den Erhalt kümmert. diese Siedlung steht auch nicht unter Denkmalschutz. Da sie bis 1989 grenznah zur DDR gehörte, sind ihr über viele Jahre Umbauten wie in der Waldsiedlung erspart geblieben.

Dany Kahindi, die in der Waldsiedlung aufwuchs, sagt: „Ich frage mich, wie die Stadt derartige Bebauung überhaupt zulassen kann. Denn nicht nur leidet darunter der ursprüngliche Charakter der Siedlung; die zunehmende rücksichtslose Versiegelung lässt bekanntermaßen Regenwasser nicht versickern.“ Sie fordert, den Charakter der Waldsiedlung mit maßvoll großen Häusern und lebendigen Gärten zu erhalten.

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Die Simulation der Rückseite sieht so aus. 

Die Antwort auf eine Nachfrage bei der Stadt zur Baugenehmigung lässt erahnen, dass man sich im Leverkusener Bauamt diese Fragen auch gestellt hat: Der Antragsteller habe einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung gehabt, denn die in der Dillinger Straße vorhandenen Bauten bildeten den Maßstab, heißt es in einer Mail. Das von den Nachbarn als zu groß empfundene Bauvorhaben in der Dillinger Straße wurde im März 2021 in Abstimmung mit der Stadtplanung und dem Umweltamt genehmigt. Grundsätzlich sei „eine im Größenrahmen der Nachbarbebauung durchgeführte Nachverdichtung in vorhandenen Wohnstrukturen zu begrüßen“.

Bauherr Christian Semmelroth sagt, er habe alle Auflagen erfüllt. Er wohnt selbst schräg gegenüber. Das Haus habe die exakte Firsthöhe und Bautiefe wie ein anderes Haus in der Straße. Das abgebrochene Waldsiedlungs-Haus, Baujahr 1934, habe 14 kleine Zimmer gehabt, das werde heutigen Ansprüchen nicht gerecht; an den Balken des Altbaus habe er sehen können, dass es in dem Haus auch irgendwann schon einmal gebrannt habe. Neubauten seien immer Geschmackssache und für dieses Bauvorhaben habe Semmelroth sogar im Vorfeld schriftliche Zustimmungen der Nachbarn eingeholt, um diese von Anfang an mit einzubinden, sagt er.

Gestaltungssatzung schreibt Merkmale vor

Man kann in der Waldsiedlung nicht bauen, wie man will, eine Gestaltungssatzung schreibt einige Merkmale wie die Firstrichtung, Dachbeschaffenheit und -neigung vor. Verboten sind hohe Einfriedungen. Aber die Satzung lässt viele Freiheiten.

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Einen Bebauungsplan, der Regeln vorgeben könnte, gibt es für die Waldsiedlung nicht. Aber selbst der wäre kein Garant, dass nicht viel größere Häuser gebaut werden können, wie der Fall von der Neukronenberger Straße gezeigt hat, in der auch ein Haus gebaut werden durfte, das aussieht wie ein überdimensioniertes Einfamilienhaus. Unter Denkmalschutz steht die Siedlung auch nicht. Dafür dürfte es auch zu spät sein: Nur noch wenige Häuser sind nahe an ihrem Originalzustand.