AboAbonnieren

Kommentar

Kommentar
Leverkusens Abgeordneter Karl Lauterbach wird mit seiner Partei heruntergezogen

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Faire Gratulation nach dem Sieg: Siegmar Heß (r.) hatte es Karl Lauterbach nicht leicht gemacht.

Faire Gratulation nach dem Sieg: Siegmar Heß (r.) hatte es Karl Lauterbach nicht leicht gemacht.

Karl Lauterbach holt wieder das Direktmandat für Leverkusen, verliert dennoch viele Stimmen.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen war es am Ende nicht mehr, da lagen dann doch ein paar Prozentpunkte zwischen Karl Lauterbach (SPD) und Siegmar Heß (CDU). Der Sozialdemokrat zieht zum sechsten Mal über das Direktmandat für Leverkusen in den Bundestag ein.

Einen Listenplatz gab es für Lauterbach nicht, im Rennen um die Erststimmen ging es also um alles oder nichts für den Bundesgesundheitsminister. Sein ärgster Konkurrent Siegmar Heß darf trotz der Niederlage ein beachtliches Ergebnis für sich verbuchen. In Leverkusen ist Heß weitgehend unbekannt, vor vier Jahren war die deutlich prominentere Serap Güler noch sang- und klanglos an Lauterbach gescheitert.

Seitdem ist allerdings viel passiert. Die Welt – das lässt sich ohne überzogenes Pathos so sagen – ist eine komplett andere seit 2021: Pandemie, Ukraine-Krieg, Trump. Die Welt ist völlig aus den Fugen geraten, bekannte und womöglich Sicherheit gebende Gewissheiten gelten nicht mehr. Das verunsichert die Menschen.

Niklas Pinner

Niklas Pinner

Niklas Pinner ist Leiter der Leverkusener Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Seine journalistische Laufbahn begann als freier Mitarbeiter bei der Bergischen Landeszeitung in Wipperfürth. Dana...

mehr

Der Schwerpunkt der öffentlichen Debatte hat sich verschoben. Waren die frühen 2020er noch deutlich mehr geprägt von Themen wie zum Beispiel der Bekämpfung des Klimawandels, diskutieren Politikerinnen und Politiker heute vor allem über Migration und Wirtschaft. Und das Vertrauen in die SPD war zuletzt auch durch eigenes Verschulden rund um das Ampel-Aus komplett verloren gegangen.

Das bekam auch Karl Lauterbach zu spüren. Nicht zuletzt durch seinen Ministerposten. Er war das wohl prominenteste Gesicht der Bundesregierung während der Corona-Pandemie. Sein Festhalten an vergleichsweise harten Corona-Maßnahmen haben ihm viele übel genommen und wahrscheinlich auch nicht vergessen. Auch die Legalisierung von Cannabis hatte vor allem im bürgerlichen Lager einige Gegner.

Lauterbach wird von SPD heruntergezogen

Und ob seine Bilanz als Gesundheitsminister abgesehen von Corona eine Erfolgsbilanz ist, lässt sich derzeit nur schwer beurteilen. Viele Gesetze laufen jetzt erst an. Die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit der Politik der Ampel-Regierung lässt sich aber trotz seines Sieges auch an seinem Wahlergebnis ablesen. Ein Verlust von rund 15 Prozent, das ist eine Ansage, die Lauterbach nicht überhören darf. Genau wie seine gesamte Partei.

So wie Lauterbach mit der SPD heruntergezogen wird, auch wenn er noch besser wegkommt als seine Partei, ist auch das gute Ergebnis von Siegmar Heß zu erklären: Die CDU holt in Leverkusen wie auf Bundesebene die meisten Stimmen, die Wählerinnen und Wähler senden auch so ein eindeutiges Zeichen. Die Mehrheit der Bevölkerung will eine konservativ geführte Regierung, auch die Mehrheit in Leverkusen.

CDU und SPD tauschen sozusagen ihre Balken. Die AfD bleibt mit rund 17 Prozent unter dem Bundeswert und auch noch hinter der SPD drittstärkste Kraft in Leverkusen. Sowohl die FDP als auch das BSW landen in Leverkusen unter fünf Prozent, die Linke erreicht ungefähr das Ergebnis, das sie auch auf Bundesebene eingefahren hat. Eine Regierungsbildung nur mit Leverkusener Zweitstimmen wäre also verglichen mit dem Bund einfacher.

Die erste wichtige politische Entscheidung des Jahres ist also gefällt, im Herbst folgt mit der Kommunalwahl die nächste. Und hier ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber OB Uwe Richrath und seinem Herausforderer Stefan Hebbel sogar ziemlich wahrscheinlich.