Kann eine über 100 Jahre alte Operette heute noch begeistern?
Lehárs „Lustige Witwe“Ein Wiener Gastspiel mit Charme und Brillanz im Forum Leverkusen
Die Johann-Strauß-Operette Wien gastiert mit Franz Lehárs „Die lustige Witwe“ im Forum und entführt das Publikum in die schillernde Gesellschaft des Pariser Fin de Siècle – die Strömung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, geprägt von Dekadenz, Aufbruchsstimmung und einem Wandel gesellschaftlicher Normen. 44 Mitwirkende, ein mitreißendes Orchester im Graben und prächtige historische Kostüme lassen den Operettenklassiker in Leverkusen in seiner vollen Pracht erstrahlen.
Hier erklingt nicht nur Musik, hier wird eine Welt erschaffen. Der Vorhang öffnet sich und man findet sich in der glanzvollen Residenz der Botschaft wieder, wo das diplomatische Ringen um Millionen beginnt. Pontevedro ist ein fiktiver Staat, aus dem die Hauptfigur Hanna Glawari stammt. Pontevedro ist finanziell angeschlagen – erinnert an das historische Montenegro. Eine besondere Stärke der Inszenierung liegt in der klugen Balance zwischen humorvoller Leichtigkeit und der melancholischen Tiefe, die das Stück in seinen besten Momenten entfaltet.
Leverkusen tanzt mit Hanna Glawari
Hanna Glawaris Stimme schwebt leicht und voll Wärme durch das Forum, besonders im „Vilja-Lied“, das sie mit melancholischer Tiefe darbietet. „Es lebt eine Vilja, ein Waldmägdelein“ – bei diesen Worten wird es mucksmäuschenstill im großen Saal, bevor begeisterter Applaus ausbricht. Ihr Gegenpart, der charmante Danilo, bringt genau die richtige Mischung aus Unaufgeregtheit und tiefer Verbundenheit mit. Sein „Da geh’ ich zu Maxim“, sorgt für ausgelassene Heiterkeit, während sein Zögern, sich seiner Liebe zu Hanna zu stellen, eine wunderbar gespielte emotionale Tiefe verleiht. Wenn er ihr schließlich im Duett „Lippen schweigen“ gegenübertritt, ist die Spannung greifbar, und der Walzer-Rhythmus entführt das Forum in eine andere Zeit.
Das Orchester lässt Lehárs Partitur mit federnder Leichtigkeit erklingen. Die Walzer und Csárdás-Rhythmen transportieren den Charme Wiens nach Leverkusen – ohne in Kitsch zu verfallen. Die Regie setzt auf klassische Eleganz mit einem Hauch Ironie. So kommen klassische Bühnenbilder zum Einsatz, aber mit einem Hauch kindlich gemalter Note. Wer glaubt, Operette sei nur Nostalgie, erlebt in dieser also das Gegenteil: spritzige Dialoge, glanzvolle Melodien und eine Inszenierung, die vor Leben und Tanz sprüht.