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Leverkusener verzweifelt„Ich lade niemanden mehr ein, die Ratten sind immer da“

Lesezeit 4 Minuten

Joaquim Rodriguez behauptet, auch in der Wohnzimmerwand immer wieder das Kratzen von Ratten zu hören.

  1. Joaquim Rodriguez lebt in der Leverkusener Feldstraße – und hat seit vier Jahren Probleme mit Rattenbefall. Er berichtet von Krankheitssymptomen, die er auf die Giftstoffe von toten Ratten zurückführt.
  2. Der 52-Jährige fordert das Unternehmen seit Jahren auf, das Problem grundsätzlich zu lösen. Außerdem wirft er dem Bauverein vor, rassistisch mit ihm zu kommunizieren.
  3. Der Verein sieht die Lage völlig anders und weist die Vorwürfe zurück.

Leverkusen – Vor vier Jahren hörte Joaquim Rodriguez erstmals ein Kratzen im Badezimmer. Ratten. „Die haben sich unter der Badewanne eingenistet, wo es schön warm ist“, erklärt er. Der Mieter meldete die unerwünschten Mitbewohner beim „Bauverein Bergisches Heim“ – und dieser wurde aktiv: „Die Badewanne wurde demontiert, das Rattennest ausgehoben.“ Wie auch der Bauverein der Redaktion bestätigte, gab es ein Nest mit mehreren Ratten, die Wanne wurde im Frühjahr 2017 komplett ausgetauscht.

Danach allerdings passierte laut Rodriguez lange „nichts“, obwohl er den Verein aufforderte, das Problem von Grund auf zu lösen. Ratten seien schließlich ortsfest und kämen gerne wieder. Heute hört Rodriguez das Kratzen überall: In der Wohnzimmerwand, unter dem Boden, im Kaminrohr. Der Verein negiert ihm zufolge einen erneuten schwerwiegenden Befall.

Bauverein belegt Maßnahmen gegen den Befall

Im Gespräch mit der Redaktion konnte Klaus-Dieter Kasper, Vorstand der Firma, allerdings glaubhafte Dokumente vorlegen, die beweisen, dass Schädlingsbekämpfer mit dem Aufstellen und Kontrollieren von Rattenfallen an den Häusern ständig beauftragt sind. Das Problem soll so „langfristig beseitigt“ werden. Rodriguez ist das zu wenig. Die Sesshaftigkeit der Nager im Kaminschacht steht dem 52-Jährigen zufolge außer Frage: Als ein vom Bauverein beauftragter Handwerker den Rohrkasten öffnete, starrte ihn laut Rodriguez eine lebendige Ratte an.

Das beauftragte Unternehmen wollte den Vorfall „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht kommentieren. Als Rodriguez selbst den Kasten öffnete, sah und roch er eine „zentimeterhohe Kotschicht“ und das „Skelett einer Ratte“. Der Rigipskasten im Bad sei von Rattenurin durchzogen. Vertreter des Bauvereins haben auch hier eine andere Sicht auf die Dinge: Es gebe keinen Rattenkot mehr im Schacht, dieses Problem sei vom Tisch, seit Spezialisten zur Säuberung eingesetzt wurden.

Große Belastung

Rodriguez beschreibt den Zustand als „extreme psychische Belastung“: „Man hat nie das Gefühl, alleine zu sein, die Ratten sind immer da. Ich lade niemanden mehr ein, meine ehemalige Freundin ist immer abends nach Hause gegangen.“ Er gehe jede Nacht mit einem schlechten Gefühl ins Bett – und nennt unmittelbare Auswirkungen auf seine Gesundheit. So bekomme der 52-Jährige regelmäßig Schüttelfrost, seit er im September anfing, seine Fenster geschlossen zu halten. Er sei ständig erkältet, fühle sich antriebs- und motivationsloser als noch vor einigen Monaten – und ist überzeugt, dass Giftstoffe der Ratten, die durch die hohe Luftzirkulation in der Wohnung verteilt würden, Auslöser dafür seien.

Dem Bauverein fehlen dafür medizinische Belege, zudem kann Prokurist Driton Fazliu nicht nachvollziehen, warum Rodriguez seine Symptome nicht über einen zwischenzeitlich eingeschalteten Anwalt, sondern erst per E-Mail Ende November bekanntgegeben hat.

Überfüllte Mülltonnen locken seit Jahren Ratten in die Feldstraße.

Seit die Ratten da sind, denkt der gelernte Handwerker über einen Auszug nach, aktuell ist dieser allerdings nicht finanzierbar. Außerdem mag er Quettingen, hat hier seinen Freundeskreis: „Ich lebe gerne hier, nur nicht gerne in dieser Wohnung.“

Mieter wirft Bauverein Rassismus vor

Auch unabhängig vom Rattenbefall ist Rodriguez unzufrieden mit dem Bauverein, die Kommunikation sei „missachtend“. Er ist zur Hälfte Portugiese und zur Hälfte Franzose, lebt seit 30 Jahren in Deutschland und spricht fließend deutsch. Seine Rechtschreibung ist trotzdem „nicht perfekt“, was sich auch in Mails an den Verein äußert.

In einer Antwort, die auch der Redaktion vorliegt, wird ironisch und in Anführungszeichen auf einen Rechtschreibfehler Bezug genommen, Rodriguez empfindet das als „rassistisch und übergriffig“. Der Verein weist den Vorwurf „entschieden zurück“. Stephan Böhnke, Techniker des Vereins, empfindet vorherige Mails von Rodriguez als „Belehrungsversuche“ und hält den Vorwurf des Rassismus für unbegründet. Er gesteht allerdings eine zugespitzte Form der Kommunikation ein: „Wir hätten uns nicht auf dasselbe Niveau herablassen dürfen.“

Ausführliche Kontrolle

Rodriguez fordert vom Bauverein „ein klares Schadensbild“. Unternehmensvertreter haben angeboten, die Wohnzimmerwand zuzumauern. Konfrontiert mit den Vorwürfen bot der Verein eine gesonderte „Begehung“ der Wohnung durch Mitarbeiter und Spezialisten an. Rodriguez fordert, der Eingang der Ratten müsse unverzüglich gefunden und geschlossen werden. Außerdem müsse man nach einer ausführlichen Kontrolle gegebenenfalls „den kompletten Boden einreißen.“ Ob der Verein dazu bereit ist? Fraglich.

„Wohnen ein Leben lang“, so lautet das Versprechen des Bauverein Bergisches Heim. „Ich habe das Gefühl, die wollen bestimmen, wie lange ich lebe“, lautet Rodriguez’ ernüchterter Kommentar dazu.