AboAbonnieren

Schwimmausbildung im DilemmaPersonalnot bedroht Leverkusener Bäder und Vereine

Lesezeit 4 Minuten
Unter Wasser sind die Beine von schwimmenden Kindern in einem Schwimmbad zu sehen.

Die Wartelisten für Anfängerschwimmkurse in Leverkusen sind lang. Viele müssen sich gedulden, bis sie einen Platz ergattern. (Symbolbild)

Leverkusener Anbieter kommen mit der Ausbildung von Schwimmanfängern kaum hinterher. Ein Grund ist auch der Fachkräftemangel.

Die Schwimmausbildung in Leverkusen hat mit zwei großen Problemen zu kämpfen: Personal und ausreichend Wasserzeiten fehlen. Das zumindest berichten Vereine wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und der TSV Bayer 04 Leverkusen. Beide dokumentieren langen Wartelisten, bei der DLRG etwa stauen sich bis zu 500 Kinder, die auf einen Anfängerschwimmkursus warten. Auch bei Bayer 04 kann die riesige Nachfrage aktuell nicht gedeckt werden.

Nachdem sich die Zahl der Grundschulkinder in Deutschland, die nicht schwimmen können, laut einer Forsa-Umfrage seit 2017 verdoppelt hat, scheint diese Beobachtung umso gravierender. Selbst im Stadtrat kam das Thema schon auf und steht auch weiterhin auf der Agenda. Denn Schwimmen zu können, darüber scheinen sich alle einig, ist lebenswichtig – für Kinder sowie für Erwachsene.

Leverkusen: Schwimmkurse sind Thema für den Stadtrat

Da der Sportpark Leverkusen (SPL) als Einrichtung der Stadt alle vier Bäder, in denen Schwimmkurse stattfinden, betreibt – dazu gehören das Freizeitbad Calevornia, das Hallen- und Freibad Wiembachtal, das Hallenbad Bergisch Neukirchen und die Schwimmhalle Medilev –, ist die Schwimmausbildung auch auf kommunaler Ebene von Bedeutung.

Bereits im Oktober 2023 hatte der Jugendstadtrat daher einen Antrag gestellt. Er forderte, die Leverkusener Schwimmbäder finanziell zu unterstützen, sodass mehr Kinder Schwimmkurse wahrnehmen können. Als darüber im Dezember vergangenen Jahres abgestimmt werden sollte, zeigte sich das Dilemma: Selbst wenn die Stadt dem Wunsch nach finanzieller Unterstützung der Bäder nachkommen würde, könnte das Angebot laut SPL nicht unbedingt erweitert werden – es werde mehr Personal benötigt. „Es ist derzeit schwierig genug, den Status Quo halten zu können“, so die ernüchternde Stellungnahme. Der Antrag wurde daraufhin in den nächsten Sitzungsturnus vertagt.

Vier Kinder schwimmen im Wasser eines Schwimmbades.

Seit der Corona-Pandemie können immer mehr Kinder in Deutschland nicht schwimmen.

Doch auch in der Stadtratssitzung am Montag trafen die Politiker und Politikerinnen keine Entscheidung. Aus Zeitmangel fiel das Bäderproblem wieder unter den Tisch und wird nun in einer Sondersitzung im April behandelt. Schon jetzt zeichnet sich allerdings ab, dass der akute Fachkräftemangel nicht einfach so aufgelöst werden kann. Ausgebildete Schwimmkursleiterinnen und -leiter fehlen weiterhin.

Es ist derzeit schwierig genug, den Status Quo halten zu können.
Sportpark Leverkusen (SPL)

Volker Schröder, Schwimmtrainer bei TSV Bayer 04, macht dafür auch die Ausbildungsstätten verantwortlich. Er habe den Eindruck, dass der Fokus im Sportstudium, also dort, wo potenzielle Schwimmlehrerinnen und -lehrer ausgebildet werden, verrutsche. Statt klassische Sportarten zu behandeln, gehe es immer mehr um moderne Disziplinen. Die Schwimmtrainerausbildung lasse zu wünschen übrig.

Das, und sicherlich auch weitere Ursachen, machen sich schließlich auch in Leverkusen bemerkbar. Betroffen von der akuten Personalnot sei nicht nur der Schwimmunterricht an sich – für diesen sind neben den Schulen und der SPL-eigenen Schwimmschule Aqua-Vital die ortsansässigen Vereine verantwortlich –, sondern auch der Bäderbetrieb als Ganzes.

Bei anhaltender Personalnot: Öffnungszeiten der Freibäder bedroht

Das Freizeitbad Calevornia und das Hallen- und Freibad Wiembachtal versuchten schon mehrfach, dem Fachkräftemangel mit Speeddating-Terminen entgegenzutreten, zuletzt im Januar. Die Resonanz auf diese Recruiting-Aktionen sei zwar höher gewesen als noch im Vorjahr. Dennoch sei der Bedarf, unter anderem an Rettungsschwimmerinnen und -schwimmern sowie Kassen- und Servicekräften, noch nicht gedeckt, so die SPL. „Für den Fall, dass nicht genügend Saisonkräfte gefunden werden, könnte es dazu führen, dass – wie im Vorjahr – die Öffnungszeiten in den Freibädern eingeschränkt werden müssten.“

Und noch ein weiteres Problem tut sich auf. Dem aktuellen Zeitplan zufolge steht Anfang des kommenden Jahres die Sanierung des Hallenbads Bergisch Neukirchen an. Da dort ausschließlich Schulschwimmunterricht und Schwimmkurse stattfinden, werde derzeit überlegt, wie diese Schwimmzeiten zumindest teilweise kompensiert werden können.

2025: Sanierung in Bergisch Neukirchen sorgt für weitere Engpässe

Während der SPL angibt, dass die Wasserzeiten in den von ihm betriebenen Bädern bislang ausreichen, um die Nachfrage zu decken, dürfte es also spätestens 2025 zu erheblichen Engpässen kommen. In der Theorie aber wäre es für den Sportpark bis dahin jedoch durchaus möglich, sein eigenes Angebot zu erweitern. Auch perspektivisch rechnen die Verantwortlichen für die Zeit nach der Sanierung mit einer möglichen Aufstockung des Angebots um 69 Anfängerkurse, das geht aus einer öffentlichen Stellungnahme der Stadtverwaltung hervor. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr plane der SPL mit 200 dieser Kurse.

Die Personalnot bestehe allerdings weiterhin. Allein im Sportpark müssten bis zu 17 Schwimmlehrerinnen und -lehrer gewonnen werden, um die Kapazitäten zu füllen. Es bleibt fraglich, ob die bislang erfolglosen Stellenausschreibungen mit einer für Frühjahr 2024 geplanten Kampagne mehr Personal ansprechen werden.