AboAbonnieren

Knatsch bei GenossenWarum Leverkusens SPD ihre frühere Landtagskandidatin aus dem Stadtrat wirft

Lesezeit 5 Minuten
Ariane Koepke und Milanie Kreutz, SPD, stehen vor dem Eiscafe „Portofino“ an einem Tisch.

Im Landtagswahlkampf vor 19 Monaten war die Geste noch anders gemeint. Jetzt hat SPD-Fraktionschefin Milanie Kreutz (rechts) den Daumen über die damalige Kandidatin Ariane Koepke gesenkt.

Sie war Vize-Parteichefin und Landtagskandidatin. Jetzt ist Ariane Koepke aus der SPD ausgetreten – die Fraktion reagiert harsch.

„Eine Partei, die öffentlich streitet, wird von den Wählern nicht gewählt.“ Das hat Ariane Koepke im Juni 2022 gesagt. Es war der SPD-Parteitag, auf dem die Zahnärztin zur stellvertretenden Vorsitzenden des Unterbezirks gewählt wurde. Mit einem mehr als respektablen Votum, also breiter Unterstützung. Was für Leverkusens SPD ja keine Selbstverständlichkeit ist. Wie sich jetzt wieder zeigt.

Koepke ist aus der Partei ausgetreten – „das war lange angekündigt“, sagte sie am Donnerstag auf Anfrage. Der Grund liege in der Partei-Organisation. Dort würden immer weiter Machtkämpfe ausgefochten, „Vielleicht war ich manchen zu gefährlich“, so Koepke. Dabei „sind Machtspielchen nicht meine Sache“, ihr gehe es um die Sache der SPD. „Ich will der Partei nichts Schlechtes.“

Koepkes SPD-Kapitel war ein recht kurzes, aber mit lauter steilen Aufstiegen. Es dauerte nicht lange, da saß die Neu-Genossin schon im Stadtrat, nämlich ab November 2020. Ein knappes Jahr später gelang ihr der Coup, der zwar erwartet worden und von vielen Genossen herbeigesehnt war, aber durchaus unsicher – es ist ja die SPD Leverkusen: Die frische Kraft setzte sich gegen die Landtagsabgeordnete Eva Lux durch, wurde Kandidatin für die Wahl im Mai 2022.

Erfolglose Landtagskandidatur

Die Wahl lief dann für die heute 47-Jährige nicht besser als für die Landespartei. Zwar schnitt sie relativ zum Wahlsieger Rüdiger Scholz besser ab als zuvor Eva Lux. Der Abstand betrug lediglich zwei Prozent. Dennoch reichte es nicht. Und mangels Absicherung auf der Landesliste blieb Ariane Koepke auch in Leverkusen. Anders als ihre Vorgängerin Eva Lux, die trotz des Scholz-Sieges ihr Mandat behalten hatte.

In der Heimat machte Koepke trotzdem alsbald den nächsten Schritt. Gut ein Jahr nach der Kandidatur wurde sie stellvertretende Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Leverkusen. Im Stadtrat sitzt sie weiterhin.

In den vergangenen Monaten aber war Ariana Koepke kaum noch zu sehen, nicht im Stadtrat, nicht im Sozial-, nicht im Kulturausschuss. Ihre Mandate in den Ausschüssen endeten am 25. September. Ihren Sitz im Stadtrat hat Koepke noch, und den will sie auf jeden Fall behalten.

Kein Einsatz – kein Mandat

Das aber kommt nach Meinung der Fraktion nicht in Frage. Am Mittwochabend wurde sie nach Angaben der Vorsitzenden Kreutz einstimmig ausgeschlossen. Aus Sicht der Fraktion soll es das nicht gewesen sein: „Wir fordern Frau Koepke auf, dass sie ihr Mandat zur Verfügung stellt, sodass eine Kandidatin oder ein Kandidat der SPD-Kommunalwahlliste in den Rat nachrücken kann“, fordert Lena Pütz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Schließlich habe Koepke ihren Sitz im Stadtrat auf dem Ticket der SPD errungen. „Hieraus erwuchs eine klare Verpflichtung und Solidarität gegenüber der SPD“, ergänzt Pütz.

SPD-Wahlkampftisch ohne Schirmchen. Foto: Ralf Krieger

In der SPD lichten sich die Reihen. Sven Tahiri ist zur CDU gewechselt, Ariane Koepke will die Partei auch verlassen.

Milanie Kreutz macht überdies kein Hehl aus ihrer Einschätzung, dass Koepke die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler künftig nicht wirkungsvoll vertritt. Ein Mandat im Stadtrat sei schließlich „eine zeitlich anspruchsvolle Aufgabe und setzt persönlichen Einsatz voraus. Schon innerhalb unserer Fraktion haben wir dieses Engagement bei Ariane Koepke vermisst und ich glaube, dass sie diesen Einsatz auch in Zukunft nicht leisten wird“, so die Vorsitzende der SPD-Fraktion. Wer diese Verantwortung „nicht erfüllen kann, sollte den Rat verlassen und seinen Platz räumen“, fordert Kreutz mit Nachdruck.

Nach Darstellung der Fraktionschefin wurden Koepke zuletzt noch goldene Brücken gebaut, mit Rücksicht auf ihre berufliche Belastung. Die SPD habe ihr „konstruktive Angebote und Lösungsvorschläge vorgelegt, dabei aber auch klare Erwartungen an eine Mandatsausübung gestellt“. Man habe der Problem-Genossin auch Zeit gegeben, ist zu erkennen. „Unsere Angebote wurden von Ariane Koepke jedoch nicht angenommen, vielmehr zeigte sich, dass sie sich nicht mehr mit den Werten der SPD identifizieren konnte“, so Kreutz. Mit dem Austritt aus der SPD „ist nun eine rote Linie überschritten“.

Koepke widersprach vehement. Die „Angebote“ der Fraktion seien gewesen: „Mach Dich selbstständig oder such Dir einen anderen Job“, berichtete die angestellte Zahnärztin.

Kritik an der Fraktion aus dem Ortsverein

Eine rote Linie hat aus Sicht des Ortsvereins von Ariana Koepke denn auch vielmehr die Ratsfraktion überschritten. Max Haacke, der die SPD in Wiesdorf und Manfort führt, findet es „außerordentlich bedauerlich“, dass die Genossin ausgeschlossen wurde, ohne mit der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung I oder dem Ortsverein zu sprechen. Auch er sei nicht angesprochen worden, kritisierte Haacke am Mittwochabend. Übrigens kaum zwei Stunden, nachdem die Meldung vom Fraktionsausschluss in der Welt war. Vor allem erzürnt ihn, dass Koepke von den Genossinnen Kreutz und Pütz sozialdemokratische Werte abgesprochen würden. Das sei nicht nur schlechter Stil, sondern beschädige die SPD allgemein.

Über Ariane Koepke kommt von Haacke nur Gutes, obwohl er früher dem Eva-Lux-Lager zuzurechnen war. Die Vize-Parteivorsitzende habe sich „zu einem äußerst wertvollen Mitglied unserer SPD entwickelt“ und auch das Zerwürfnis mit ihrer früheren Konkurrentin Lux überwunden. Dass diese beiden fruchtbar zusammengearbeitet hätten, sei für ihn „ein Beweis“, dass man in der Leverkusener SPD Streit auch begraben könne.

Die von der Fraktionsspitze geäußerte Kritik, Koepke habe zuletzt keinerlei politische Arbeit mehr geleistet, kann Haacke ebenfalls nicht nachvollziehen. Um Wiesdorf und Manfort habe sie sich „mit großem Engagement“ gekümmert.

Eine letzte Sorge gilt dem relativen Gewicht des Ortsvereins Wiesdorf/Manfort in der Leverkusener SPD: Mit Vize-Fraktionschefin Lena Pütz ist ein Schwergewicht in den Ortsverein Bürrig/Küppersteg/Quettingen gewechselt, Laura Willsch, die jetzt Rodriguez heißt, gehört jetzt zum Ortsverein Opladen. Für Wiesdorf und Manfort, sozialdemokratisches Kerngebiet in Leverkusen, ist das eine unbefriedigende Entwicklung.