Verschönerung oder Schandfleck?So ist es um Kunst im öffentlichen Raum bestellt
- Versteckt, verwachsen oder zerstört: Die knapp 80 Kunstwerke im öffentlichen Raum geben größtenteils ein trauriges Bild ab.
- Wer ist zuständig? Gibt es überhaupt eine vollständige Liste?
- Unsere Autorin hat sich auf die Suche nach den Kunstwerken gemacht.
Leverkusen – Kunst am Bau und im öffentlichen Raum geht in der alltäglichen Wahrnehmung häufig unter. Man läuft daran vorbei oder sieht ein Kunstwerk nur aus dem Augenwinkel. Dazu ist es auch eine Frage der Definition, was in den Bereich der Kunst fällt, oder ob es nur beispielsweise ein künstlerisch gestalteter Brunnen ist; mehr Zweck als Dekor. In Leverkusen verteilt finden sich nach Schätzungen der Stadt zirka 80 Kunstwerke, von denen einige Eigentum der Stadt sind, andere sind Leihgaben auf öffentlicher Fläche oder Eigentum der Gemeinde. Die Zuständigkeiten sind oft komplex.
Beim Anblick manch einer Skulptur, für die die Stadt verantwortlich zeichnet, beschleicht einen die Frage, ob sich überhaupt jemand kümmert: Die „Spielende(n) Bären“ im Ludwig-Rehbock-Park unterhalb der Villa Römer, 1967 geschenkt vom Künstler Max Pohl, sind farbig besprayt und somit mutwillig verschandelt. Eine liegende Kalksteinplastik am Verwaltungsgebäude in der Manforter Straße, 1961/62 von Reinhold Hommes geschaffen, zerbröckelt und verwittert. Und eines der drei Kunstwerke bei den Berufsschulen an der Bismarckstraße, der Brunnen von Alicia Penalba, sieht regelrecht katastrophal aus. Algen überwuchern die Skulptur, statt Wasser findet sich nur Dreck im Becken. Der Elefant an der Doktorsburg wird regelmäßig von Ehrenamtlichen geputzt.
Die Stadtverwaltung wurde im Herbst 2019 von der Politik beauftragt, eine umfassende digitale Aufstellung über den Verbleib und den Zustand der Kunst im öffentlichen Raum anzulegen. Einen Beginn dessen kann man auf der Kulturseite der Stadt nachlesen, Informationen über Künstler, Kunstwerke, Daten und Bilder sind noch unvollständig. Ein skulpturenbegeisterter Leverkusener hat zudem eine eigene Website angelegt, auf der man ein paar Details nachlesen und, so die Idee, mit Hilfe von Koordinaten zu einzelnen Skulpturen finden kann. Leider funktioniert die Ortung nicht, und so sind die Kunstwerke hier höchstens virtuell zu bestaunen. Die Stadtgeschichtliche Vereinigung setzt sich unter anderem für den Erhalt des Glasfensters im Giebel des Wiesdorfer Bahnhofs ein; hier widmet man sich auch der Erforschung historisch wertvoller Objekte im Stadtgebiet.
Kunst wandert
Ein paar Spuren der Skulpturen, die an ihrem ursprünglichen Ort verschwunden sind, lassen sich mittels Recherchen auf diesen Seiten und im Internet nachverfolgen: So ist das Wandrelief der Brüder Plönes von der Bücherei St. Remigius an das Haus Upladin gewandert, wo es angeleuchtet zur Marktseite hin hängt. Ein Infotext wurde, vermutlich um Vandalismus vorzubeugen, relativ weit oben angebracht. Vielerorts fehlen derartige Informationsschilder ganz. Das Glasmosaik von Gam Borries, das seinen Platz im Alten Hallenbad hatte, wurde eingelagert. Ebenso das polarisierende „Aquamobil“, das dem Bau der Rathausgalerie weichen musste. Manche Kunst ist Metalldieben zum Opfer gefallen, so auch die Skulpturen im Carl-Duisberg-Park, die vor wenigen Jahren durch Kopien ersetzt werden mussten.
Günter Fiedler, Leverkusener Künstler und Kurator, hat die Kunst der Stadt seit langem im Blick. Der Wunsch kam auf, besseren Überblick zu bekommen – mehr Infotafeln oder QR-Codes, zeitlich übereinstimmende Daten, einen richtigen Katalog, wie es ihn für die Nachbarstädte Düsseldorf und Köln gibt. „Es braucht Kunstgeschichtler, um sich dieser Aufgabe zu widmen“, bemerkt er, und schlägt eine Bürgerbeteiligung vor: „Wer hat Fotos von Kunstwerken, die nicht mehr an ihrem Ort stehen oder einen neuen haben? Und wer hat Interesse an der Erstellung und Pflege eines Katalogs?“ Bedrückend sei es auch, dass immer weniger Kunst am Bau entstehe. Althergebrachte Techniken wie das Sgraffito, bei dem in mehreren Schichten Putz angebracht und reliefierend abgekratzt werden, gehen verloren.
Das könnte Sie auch interessieren:
Es gibt eine Verantwortung den Kunstschaffenden und auch den Kunstbetrachtenden gegenüber; eine Verpflichtung, die Kunst zu pflegen, wenn sie der Stadt geschenkt wurde. Für notwendige Sanierungen und Veränderungen sei dennoch erst die Zustimmung des Künstlers oder der Erben einzuholen, heißt es von der Pressestelle der Stadt. Verschiedene Fachbereiche seien zuständig, auch die Kultur Stadt Lev (KSL) begleite Maßnahmen. In den Bereich der Denkmalpflege falle nur Kunst, die unmittelbar für denkmalgeschützte Gebäude angefertigt worden sei.
Das trifft auf die Skulpturen an den Berufsschulen zu. Bei Vandalismus und witterungsbedingten Schäden wolle man verhindernd eingreifen: Eine Instandsetzung der Hommes-Skulptur sei jedoch auf Grund des Materials schwierig, für das weitere Verfahren müsse man sich noch abstimmen. Die Mähmaschinen schrappen derweil rücksichtslos an den Steinen entlang. Die Bären sollen gereinigt werden, es gebe noch keinen Zeitplan.
„Leverkusen ist reich an Skulpturen“, so fasst Günter Fiedler die Lage zusammen, „sie sind nur versteckt, verwachsen oder eingelagert.“