Die Schülerzahlen an Hauptschule sind rückläufig. Wir haben uns an einer Schule in Leverkusen umgeschaut.
Blick hinter die SchultürWieso die Hauptschulen auch in Leverkusen besser sind als ihr Ruf
Beim Betreten der Theodor-Wupperman-Schule fallen am Eingang sofort mehrere Plaketten ins Auge: „Berufs- und ausbildungsfreundliche Schule“, „Konfliktmanagement an Schulen“, „Gute Schule“. In der Eingangshalle hängt ein buntes Wandgemälde, „Herzlich willkommen“ in 32 verschiedenen Sprachen heißt es darauf. Eine Vitrine ist angefüllt mit Urkunden. Daneben hängt ein Plakat über den Umgang mit den beiden Schulhunden.
Das Gebäude wirkt aufgeräumt und sauber. Der Weg zum Büro der Schulleitung führt durch das Sekretariat der Schule. Die Verantwortung für die rund 50 Kolleginnen und Kollegen, die vier Sozialarbeiterinnen und die 410 Schülerinnen und Schüler teilen sich Direktorin Mareen Lethaus und Konrektorin Anke Dörrhöfer. Das Büro ist nicht versteckt, sondern steht allen offen, Lehrern wie Schülern. Die Direktorin ist nicht außen vor, sondern befindet sich mittendrin im Geschehen, das den hier lernenden Jugendlichen zu einer erfolgreichen Zukunft verhelfen soll.
Und das ist eine Aufgabe. Neben den nicht immer günstigen Lebensumständen der jungen Menschen, haben diese, wie auch ihre Schule, mit den unterschiedlichen Vorurteilen zu kämpfen. Der häufig schlechte Ruf von Hauptschulen führt dazu, dass die Anmeldezahlen für die fünften Klassen gering sind. Sehr viele Schülerinnen und Schüler kommen erst auf dem zweiten Weg an diese Schule.
„Liegt eine Empfehlung für die Hauptschule vor und die Eltern entscheiden sich dagegen, müssen sie hier in Leverkusen erst einmal ein Beratungsgespräch mit uns führen“, erklärt Lethaus. Trotzdem begännen die meisten zunächst an einer anderen Schulform und stießen nach der Orientierungsphase oder auch noch später dazu. Seien sie erst einmal hier, würden Eltern oft erkennen, dass ihre Bedenken unbegründet gewesen seien und seien zufrieden.
Kinder und Jugendliche, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, steigen meist auf der Theodor-Wupperman-Schule ein. In den internationalen Klassen ist der Unterricht darauf ausgelegt, so schnell wie möglich Deutsch zu erlernen. Sechs Klassen dieser Art hat die Schule – und ist damit führend im ganzen Regierungsbezirk Köln. Das kommunale Integrationszentrum weist die Neuankömmlinge den Schulen zu.
Hier sitzen dann Teenager aus der Ukraine, der Türkei oder aus Syrien in einer Klasse. Da stellt sich die Frage, wie sich die aktuell unruhigen Zeiten auf die Gemeinschaft auswirken. „Wir sprechen natürlich mit den Schülerinnen und Schülern darüber“, erklärt Lethaus, „aber zu ernsthaften Vorfällen kam es bisher nicht. Das gemeinsame, friedliche Lernen funktioniert.“ Diese Schülerinnen und Schüler stellen ein Viertel der Schülerschaft.
Leverkusen: 15 bis 20 Jugendliche in einer Klasse
Damit die 15 bis 20 Jugendlichen in ihren jeweiligen Klassen gut lernen können, sind klare Regeln notwendig. Wer zu spät kommt, holt sich in der „Lerninsel“ erst einmal eine Bescheinigung ab. Dieser besondere Raum, der von einer Honorarkraft betreut wird, dient auch als Ruheraum. Hierhin ziehen sich die Schülerinnen und Schüler bei Bedarf zurück, wenn sie eine ruhigere Umgebung zum Lernen benötigen. Außerdem warten dort auch erkrankte Schüler darauf, nach Hause gehen zu können.
Wie wichtig diese Strukturen sind, zeigt sich unter anderem, wenn die Schülerinnen und Schüler in die Schulpraktika gehen. Pünktlichkeit wird auch hier vorausgesetzt. „Hier stellen sich manche selbst ein Bein“, bedauert Lethaus. „Es ist für manche ein echtes Problem.“ Hier profitieren die Jugendlichen, deren Eltern ihre Kinder unterstützen. „Wir brauchen die Eltern mit im Boot, um den Kindern eine gute Zukunft bieten zu können“, bekräftigt Lethaus.
Immer wieder versucht die Schule mit Elternabenden, Elternangeboten oder einem Elterncafé, diese zu erreichen. „Es ist extrem schwer, da oft kaum jemand kommt“, bedauert die Direktorin. „Aber wir bleiben dran und machen weiter.“ Die Lehrkräfte haben längst viele Aufgaben des Elternhauses übernommen. An drei Methodentagen, die kurz nach Karneval stattfinden, üben sie mit den Schülerinnen und Schülern, Schuhe binden, Fahrräder reparieren, Koffer packen, Bügeln, Spülen, den Müll sortieren, Lesen, Ausschneiden, Malen, Formulare ausfüllen, Betten beziehen. Vieles davon wollten die Schüler lernen.
Neben all diesen Angeboten gibt es AGs, Förderworkshops und Lesestunden. Ab August 2024 nimmt die Schule am Programm „Startchancen“ teil. Bund und Länder stellen Geld zur Verfügung, um die Bildungsmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler weiter zu verbessern. „Die Schüler selbst sind aufgeschlossen und tragen das Herz auf der Zunge“, wie Lethaus sagt. „Circa 90 Prozent unserer Schülerschaft befolgen die Regeln, sind freundlich, aufgeschlossen und sozial“, sagt Lethaus. „Lediglich 10 Prozent benötigen dahingehend zusätzliche Unterstützung.“
Anmeldezahlen auf niedrigem Niveau stabil
Zum kommenden Schuljahr haben sich an den beiden Leverkusener Hauptschulen Im Hederichsfeld in Opladen und Theodor-Wuppermann-Hauptschule in Manfort insgesamt 41 Jungen und Mädchen angemeldet – 12 in Manfort und 29 in Opladen. Die Zahlen sind damit verglichen mit den Vorjahren auf niedrigem Niveau stabil.
16,3 Prozent der 1836 Schulabgänger, die im Sommer 2023 ihren Abschluss an einer weiterführenden Schule in Leverkusen machten, haben einen Hauptschulabschluss. In absoluten Zahlen: 299 Schüler.