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Prozess wegen TeppichbetrugLeverkusener Clan-Chef muss ins Gefängnis

Lesezeit 4 Minuten

Der Hauptangeklagte Clanchef zu Beginn des ersten Prozesses mit seinen Anwälten.

  1. Der Leverkusener Clan-Chef muss nach einem aufreibenden Prozess hinter Gitter – für vier Jahre.
  2. Unser Autor war bei der Gerichtsverhandlung vor Ort. Welche Strategie hatte der Verteidiger? Wie hart trifft es die Mittäter? Wie verlief die Verhandlung? Wir haben die Antworten.

Leverkusen – Der „Don“ muss weiter sitzen. Vier Jahre und drei Monate hat die 19. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts am Donnerstag verhängt. In seiner Großfamilie, von der auch diesmal ein Teil aus Leverkusen nach Köln gekommen war, wurde das Urteil mit einer Mischung aus Entsetzen und Wut aufgenommen. Zumal das Oberhaupt zwischendurch nicht nach Hause kann zu Frau und Kindern – im Gegensatz zu seinem verwandten Komplizen Günter L (alle Namen geändert). Es bestehe „Fluchtgefahr“, sagte die Vorsitzende Richterin Marion Slota-Haaf über den „Don“.

Das liegt unter anderem daran, dass der 42-Jährige sehr bald ein weiteres Mal vor Gericht stehen wird. Die eigens gegründete Ermittlungskommission „Bischof“ hat eine Menge Material gesammelt. Diverse andere Delikte werden dem Mann zur Last gelegt, der bei einer Razzia am 14. März festgenommen worden war. Auch diverse teure Autos wurden eingezogen.

Mittäter trifft es weniger hart

Seine beiden Mittäter hat es weniger hart getroffen. Richard K. durfte das Gericht auf freiem Fuß verlassen, obwohl er zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt ist. Der Leverkusener muss allerdings sofort nach Hause in die Nobelstraße fahren, sich montags und donnerstags auf der nächsten Polizeiwache melden und 12 000 Euro Kaution hinterlegen. Bald wird er allerdings die Haft antreten.

Bei der Razzia im März wurden auch Fahrzeuge und Immobilien der Großfamilie beschlagnahmt.

Schado U. schließlich, der mit den beiden vor einem Jahr gemeinsame Sache gemacht hatte, kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Das Urteil für den Dortmunder, der nach Angaben seiner Anwälte weder lesen noch schreiben kann, lautet auf zwei Jahre; außerdem muss er 10 000 Euro an einen gemeinnützigen Verein spenden.

Eine Trick-Variante

Vor einem Jahr waren Richard K. und Schado U. in die Nähe von Hamburg aufgebrochen. Die „Baustelle“, so ihr Jargon, dort: ein Ehepaar Mitte siebzig, bei dem eine Variante des Teppich-Tricks angewandt werden sollte. Wie das genau gelaufen im Oktober 2017 ist, rekapitulierte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung nochmals. Nachdem sie telefonisch angekündigt worden waren, stellten sich Richard K. und Schado U. unter falschem Namen als Teppichhändler vor.

Sie baten um ein kurzfristiges Darlehen in Höhe von 80 000 Euro, um einen Container mit Teppichen im Hamburger Hafen auszulösen. Die Frau des Ehepaars glaubte ihnen, ihr Mann fuhr zur Sparkasse, wurde dort sogar noch vor Trickbetrügern gewarnt, ignorierte das und übergab Schado U. einen Briefumschlag mit dem erbetenen Betrag. Günter L. blieb noch eine Zeit lang da, kehrte im Garten Laub zusammen, verschwand dann aber entgegen seiner Versprechungen.

Beute aufgeteilt – zugunsten von L.

Kurz drauf traf er sich mit U. und dem Don in Hamburg: Die Beute wurde aufgeteilt, wobei K. 39 000 Euro einstrich, die beiden anderen je rund 20 000 Euro. Der Grund für die Differenz: Günter L. hatte die Teppiche besorgt. Sie waren das einzige, was die alten Eheleute nach dem Besuch noch hatten. Diese Teppiche waren zudem nur einen Bruchteil dessen wert, was die Betrüger behauptet hatten.

Im Verlauf des Prozesses hatten vor allem die Anwälte des „Don“ versucht, die zentralen Beweismittel zu torpedieren: Mitschriften und Übersetzungen vieler Telefonate, die von der EG „Bischof“ angefertigt worden waren. Zwei Übersetzerinnen hatten eine Menge Arbeit, um die teils auf Romanes geführten Gespräche ins Deutsche zu übertragen. Daraus ging hervor, dass der „Don“ nicht nur in der Großfamilie das Sagen hat, sondern auch der Mann ist, der den Betrug bei Hamburg ebenso vorbereitet und eingefädelt hatte wie zahlreiche andere Taten.

Dass es sich bei dem 42-Jährigen und seinen Komplizen um „gewerbsmäßige“ Betrüger handelt, konnte das Gericht allerdings nicht nachweisen: Zwar deute vieles darauf hin, sagte Richterin Slota-Haaf. Allerdings liege die letzte Verurteilung des „Don“ und seines Verwandten länger als ein Jahr zurück. Ihr Mittäter aus Dortmund war vor gut fünf Jahren das letzte Mal wegen Betrugs verurteilt worden. So wurde aus „gewerbsmäßigem“ nur „schwerer“ Betrug. Am Strafmaß für den „Don“ hat das nicht allzu viel geändert.