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Autorin Nelly Kostadinova präsentierte ihr Buch „Ein Koffer voller Wollen. . .“.

Sommerzeit ist Ferienzeit und damit Zeit für ein gutes Buch. Aus Unmut gegenüber der Baustelle auf der Mülheimer Straße im letzten Sommer seien die literarischen Soirees unter dem Motto „Sommerlich statt Sommerloch“ ins Leben gerufen worden, erklärte der Schlebuscher Buchhändler Manfred Gottschalk. Den Auftakt für die diesjährigen Sommerlesungen gab am Donnerstagabend Nelly Kostadinova vor vierzig Besuchern in den Räumen der Buchhandlung, die erst kürzlich mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurde. „Ein Koffer voller Wollen – Wie ich mit 50 Mark und einem Wörterbuch ein internationales Unternehmen aufbaute“ heißt Kostadinovas autobiografisches Werk.

Abwechselnd las sie aus ihrem Buch und schilderte eindrücklich Ereignisse aus ihrem Leben, wie sie es schaffte, in Deutschland Fuß zu fassen und ihr Unternehmen gründen. Gemütlich war die Atmosphäre zwischen den hohen Holzregalen, gefüllt mit Büchern, die darauf warten gelesen zu werden.

Die Autorin ist gebürtige Bulgarin und arbeitete in ihrem Heimatland als Journalistin. Mit dem politischen Umbruch vor dreißig Jahren stand auch sie vor einer persönlichen Wende in ihrem Leben und entschied sich nach Deutschland zu kommen. In Köln arbeitete Kostadinova weiterhin als Journalistin und schrieb für bulgarische Zeitungen, haderte jedoch mit ihrem Schicksal und der Zukunft. „Man muss es wagen etwas zu verändern und das wollte ich“, sagte sie.

Gesundes Selbstbewusstsein

Da sie in ihrem ersten Studium Übersetzerin für Bulgarisch, Russisch und Serbokroatisch gelernt hatte, lag es für sie nahe sich damit ein weiteres Standbein aufzubauen. Kostadinova begann als Übersetzerin zu arbeiten, akquirierte immer mehr Kunden und schuf so das Fundament für ihr Unternehmen „Lingua-World“. Heute ist es eines der erfolgreichsten Unternehmen für Sprachdienstleistungen in Deutschland und hat weitere Büros in Johannisburg, Kapstadt, London, Wien und Kigali.

Kostadinova ist eine Frau mit gesundem Selbstbewusstsein und Biss, die Dinge gerne selber in die Hand nimmt. Trotzdem hatte auch sie anfängliche Zweifel. „Ich dachte am Anfang: „Keiner will mich als Übersetzerin“, erzählte sie den Besuchern. Als Frau der Tat habe sie jedoch nicht warten wollen bis die Chancen an ihre Tür klopfen, sondern wollte sie selbst finden. Es sei nicht immer einfach gewesen, sich als Frau in einer Männerdomäne zu behaupten. „Aber ich habe Glück gehabt, dass ich so viele Menschen getroffen habe, die mir die Hand gereicht haben“, erklärte sie. Der heutige Erfolg ihres Unternehmens ist für Kostadinova kein Grund sich auszuruhen. „Ich habe noch so viele Pläne und Ideen“, sagt sie begeistert. Die Kraft des Schaffens bezeichnet die Unternehmerin als „Vulkan in ihrem Herzen“, der sie nicht innerlich verbrennen lässt, sondern Wärme schenkt. „Leidenschaft, Freiheit und Unabhängigkeit. Das sind meine Antreiber“, las sie aus ihrem Buch vor dem Publikum, das entsprechend dem Inhalt des Buches sehr international war. Die Pause nutzten viele Besucher um mit Kostadinova ins Gespräch zu kommen. Manfred Gottschalk schien zufrieden mit dem literarischen Abend. „Das hier ist ein ganz anderes Format als das Museum Litterale im Schloss Morsbroich“, erklärte er. „Die Bandbreite der Autoren ist sehr spannend“. Während Kostadinova vor allem einen internationalen Hintergrund mitbringt, wenden sich die kommenden Vortragenden anderen Themen zu. Nächste Woche liest Germanist und Publizist Michael Schikowski zu Hans Fallada, für den 22. August hat Gottschalk eine lokale Krimiautorin eingeladen.