Model Grace Epolo aus LeverkusenVon Rheindorf-Nord auf die Plakate von Gucci
Leverkusen – Auf die Frage, wo sie denn wohne, antwortet sie: „Rheindorf.“ Dann macht Grace Epolo eine kurze Pause. Und schiebt voll hörbarer Überzeugung und Ausrufezeichen hinterher: „Nord!“ Jetzt muss sie lächeln. Und wie. Es ist ein Lächeln, das den ganzen Menschen offenbart, der sie ist. Durch und durch.
Grace Epolo ist nämlich erstens überzeugte nördliche Rheindorferin und hat so gar kein Problem damit, das zu sagen. Da kann dieses Veedel bei den meisten Menschen in ihrer Heimatstadt noch so sehr mit wüsten Klischees behaftet und verrufen sein. Und sie hat zweitens ein derart hinreißendes Lächeln, dass sie damit Menschen gewinnt. Nicht nur in Leverkusen. Sondern weltweit. Zuletzt lächelte sie auf Plakaten der Modefirma Gucci. Grace Epolo ist nämlich Rheindorferin. Und sie ist Model.
Grace Epolo. Model. Aus Leverkusen.
Model aus jener Chemiestadt, die für viele, die nicht hier zwischen Rhein und Bergischem Land leben, nicht selten einfach nur hässlich ist mit all diesen Schornsteinen und Autobahnkreuzen. Kein Zweifel: Model. Leverkusen. Das ist ein Gegensatz wie gemacht für eine außerordentliche Karriere wie die der Grace Epolo: Von unten nach oben. Von der Schulbank auf den Laufsteg. Aus dem Vorort in die Metropolen.
Wo sie mit nunmehr 21 Jahren schon überall war? Ihre Antwort ist ein beeindruckendes Namedropping: „Ich war in Athen, Mailand, Rom, Florenz, Paris, Berlin. Ich arbeite zudem viel in Polen. Ich habe eine Agentur in England. Und jetzt auch eine in New York, wo ich zwar noch nie war, aber vielleicht bald hinkomme.“ Und als nächstes, kündigt sie beim Treffen im Wiesdorfer Eiscafé an, fliegt sie nach Japan. Für zweieinhalb Monate. Und dann lächelt sie wieder so und sagt: „Man muss schon eine gewisse Affinität zum Reisen haben.“
Grace Epolo: „Ich war nie eine schüchterne Person“
Dabei ist der Werdegang Grace Epolos gar nicht so nullachtfünfzehn, wie man sich das eigentlich vorstellen würde im Sinne von: mit dem Modeltraum schon in ganz jungen Jahren und dem verbissenen Verfolgen des Zieles „Laufsteg“ bis hin zum Moment der ersten Catwalk-Show als Traumerfüllung. „Ja“, sagt sie, „ich bin groß, ich bin dünn. Ich war nie eine schüchterne Person. Ich war Kurssprecherin, Klassensprecherin und kann sehr gut vor Menschen reden. Ich habe in der Schule immer sehr gerne Präsentationen gehalten und sogar Unterricht gemacht. Insofern hatte ich auch noch nie Angst vor der Kamera.“
Ein Mathelehrer hat sogar mal zu ihr gesagt: „Grace, Du solltest auf jeden Fall Lehramt studieren.“ Aber: „Ich wollte immer Kinderärztin werden.“ Das mit dem Modeln kam zufällig. Weil andere ihr rieten, es nach dem Abi am Landrat-Lucas-Gymnasium „doch einfach mal zu versuchen“. Was dann geschah: Grace Epolo schrieb eine Bewerbung nach Hamburg. Sie wurde sofort genommen. Und nach einem Jahr kostenfreier Model-Arbeit, in dem sie Fotos fürs eigene Portfolio sammelte, kamen die ersten Anfragen. Und zuletzt eben: Gucci.
Psychologiestudium in Wuppertal
Dennoch ist es Grace Epolo ein Bedürfnis, das Modeln gerade eben nicht zur Berufung zu überhöhen. Denn da gibt es noch andere Dinge in ihrem Leben, die ihr wichtig sind und die sie als Mensch ausmachen. Das Psychologiestudium in Wuppertal zum Beispiel, das sie nach eigener Aussage so konsequent wie möglich verfolgt und über das sie sagt: „Ich brauche das, um mir selbst zu zeigen, dass ich etwas im Kopf habe.“ Beim Modeln spielt es ja keine Rolle, was sie sagt. Nur wie sie aussieht. „Es ist mir aber wichtig, mir Wissen anzueignen und Wissen zu teilen und nicht nur auf mein Aussehen beschränkt zu werden.“
Deswegen braucht Grace Epolo beides zum Glücklichsein: die Kamera. Und den Hörsaal. Diese Kombination ist ihr ein Bedürfnis. Wenn sie eine Klausur oder Hausarbeit geschrieben hat, fühlt sie sich „so gut“, sagt sie und betont das „so“ vor dem „gut“. Weil sie nämlich weiß: „Das hatte ich jetzt unter Kontrolle.“ Und weil sie weiß: „Wenn ich eine gute Note habe, dann liegt es an mir. Weil ich mich so angestrengt habe.“ Beim Modeln sei das anders: „Da suchen mich die Leute rein nach dem Aussehen aus. Und das habe ich eben nicht unter Kontrolle.“
Solche Sätze hören sich nicht nur weise an. Sie sind es auch. Vielleicht sind sie sogar ein bisschen philosophisch – zumal für eine 21-Jährige. Aber Grace Epolo betont, dass sie damit nicht alleine steht: „Mittlerweile machen das viele Models. Ein Studium oder eine Arbeit nebenher. Es ist eine Wandlung.“
Hat sie manchmal ein schlechtes Gewissen?
Früher wurde ihresgleichen nicht selten für dumm gehalten. „Aber wir als junge Menschen haben uns generell gewandelt und wollen mehr machen. Mehr sein. Der Welt mehr Input geben.“ Daran ändert ihrer Meinung nach auch eine TV-Erfolgsserie wie „Germany's Next Top Model“ nichts, die alte Model-Klischees eher befeuert. Grace Epolo verdammt das nicht. Sie analysiert es und nimmt der Kritik gleich den Wind aus den Segeln, wenn sie sagt: „Natürlich ist das nicht die Realität. Aber die Leute dürfen nicht vergessen: Das geht es nunmal um Entertainment. Und ich finde es ganz gut, dass den Leuten das Modeln zumindest ein bisschen nähergebracht wird.“
Ob sie selbst manchmal ein schlechtes Gewissen hat? Weil sie etwa mit dem Modeln der Welt ein gefährliches Schönheitsideal vermittelt, dem die meisten Menschen nicht einmal im Ansatz entsprechen? „Sagen wir so,“ sagt Grace Epolo: „Ich weiß, dass ich von Natur aus so bin. Und ich fühle mich manchmal durchaus schlecht, weil ich dieses Schönheitsideal pushe.“ Dieses „Man muss dünn sein, wenn man schön sein will.“ Andererseits jedoch ist sie „einfach auch stolz“, dass sie als schwarze Frau „diese Haare, diese Nase, diese vollen Lippen, diese Augen“ hat. Kurzum: „Diese typischen Merkmale schwarzer Menschen. Und damit helfe ich anderen schwarzen Menschen dabei, zu sagen: Ihr seid schön. Auch wenn ihr nicht dem europäischen Schönheitsideal entsprecht.“
Grace Epolo ist schwarze Deutsche und politisch aktiv
Es verwundert anhand solcher Sätze nicht, dass Grace Epolo auch politisch sehr aktiv ist und sich als schwarze Deutsche unter anderem bei „Black Lives Matter“ engagiert. Auch das: ein Bedürfnis. Ein sehr wichtiges. Denn die Branche, in der Grace Epolo arbeitet, hat ihrer Ansicht nach durchaus ein Rassismusproblem. „Wenn man sich Shows anschaut, dann erkennt man: Es werden immer noch eher weiße Models präferiert und der Anteil schwarzer oder asiatischer Models ist entsprechend kleiner.“
Ihr selbst ist Rassismus beim Modeln – anders als im Alltag – nie wirklich offen begegnet, wenn sie für einen Job ausgesucht wurde. Zumindest nicht offen. Eher indirekt und unbewusst und somit nicht bösartig: „Es äußert sich eher in Tätigkeiten“, sagt sie. „Hair-Stylisten zum Beispiel wissen oftmals gar nicht, wie sie meine Haare machen sollen.“ Bei bekannten, professionellen und anerkannten Produktionen wie Gucci ist das zwar kein Problem. „Bei anderen, die weniger anerkannt sind, aber schon. Da gibt es Probleme.“ Und da sitzt sie dann mitunter und denkt: „Jedes andere Model, das hier ist, bekommt das perfekt gemacht. Ich aber muss selbst noch helfen. Und das kann nicht sein.“ Als professionelle Hairstylistin nicht mit Afro-Haaren umgehen können? Wie bitte? „Das stört mich.“
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Indes: Derzeit stört sie nichts. Derzeit ist Grace Epolo einfach nur „gespannt“ auf Japan und das, was sie dort in Asien erleben wird, ehe es dann nach dem Sommer auch an der Uni wieder weitergeht mit der Psychologie. Wo sie alle wissen, dass ihre Kommilitonin aus Leverkusen modelt, und das gut finden.
„Neulich saß ich bei einer Studienkollegin in der Küche, als ihre Mutter reinkam und mich erkannte.“ Sie hatte Grace Epolo in einer TV-Doku im WDR gesehen, bei der sie das Kamerateam durch ihr Leverkusen führte. „Sie fand das ganz toll und hat mir Komplimente gemacht.“ Und in solchen Momenten weiß Grace Epolo dann: Modeln mag nicht die Hauptsache sein im Leben. Aber es ist eine der schönsten Nebensachen. Eine, die sie und andere Menschen gerne und oft lächeln lässt. Das ist, was zählt.