Oberbürgermeister Uwe Richrath will Xabi Alonso, Werner Wenning, Simon Rolfes und Fernando Carro zu Ehrenbürgern machen. Fünf Meinungen aus der Redaktion.
Nach der MeisterschaftVier Leverkusener Ehrenbürger – richtig oder falsch?
Ein Manager kann nicht unumstritten sein
Ehrenbürger: Einen größeren Titel kann Leverkusen nicht vergeben. Deshalb sollte das Wirken eines Menschen, dem diese Ehre zuteil wird, über jeden Zweifel erhaben sein. Im Fall von Werner Wenning kann es das nicht sein. Und das hat nichts mit der Person Wenning zu tun, sondern mit seinem Beruf.
„Mister Bayer“, wie er früher genannt wurde, ist ja nicht nur „Mister Bayer 04“: Der Mann, der als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses über die Konzernmillionen wacht, die in die Fußball-GmbH fließen, hat sein Berufsleben in der Bayer AG verbracht. Dabei hat er als Vorstandschef einschneidende Entscheidungen getroffen. Manche waren sicher gut für den Konzern, aber nicht unbedingt für alle Beschäftigten: Man denke an die Aufspaltung vor gut zwei Jahrzehnten. In die Ära Wenning fiel auch der Plan, das Bayer-Kreuz abzubrechen. Proteste aus der Stadt brachten ihn davon ab. Wenning war auch eine treibende Kraft hinter dem Monsanto-Deal, zu dessen Folgen jetzt ein harter Job-Abbau bei Bayer gehört.
Ein Ehrenbürger sollte idealerweise unumstritten sein, in jeder Hinsicht. Werner Wenning ist das nicht.
Thomas Käding
Wiedervorlage in zwei Jahren
Feiern: Ja! Goldenes Buch: Klar! Ehrenmitgliedschaft im Verein: Sicher! Aber, auch wenn das nach Spielverderber klingt: Eine Straße nach dem Trainer benennen oder Ehrenbürgerschaften für Trainer und Manager aussprechen: Nein!
Der Bayer-04-Manager Carro und Simon Rolfes haben ihren Job gut gemacht, aber das reicht nicht für eine Ehrenbürgerwürde: Dafür müsste man wirklich Bleibendes für die Stadt tun und in der Bevölkerung anerkannt sein, wie das der Leverkusener Ehrenbürger Carl Duisberg mit seinem Werk, den Bayer-Kolonien und der Kultur getan hat. Eine solche Aufbauarbeit hat Werner Wenning nicht vorzuweisen.
Über die Straßenbenennung nach Xabi Alonso sollte Leverkusen frühestens nachdenken, wenn man nach dem fantastischen Freudentaumel wieder klar sehen kann: Es gibt gute Gründe, weshalb Leverkusen sich entschieden hat, keine Straßen nach Personen zu benennen. Peinlich wird’s, wenn man sie, aus welchem Grund auch immer, wieder aberkennen muss, wie das Beispiel Otto Grimm gezeigt hat.
Vorschlag: Wiedervorlage in zwei Jahren.
Ralf Krieger
Warum gleich vier? Einer hat's verdient
Bayer-04-Trainer Xabi Alonso hätte die Ehrenbürgerwürde der Stadt verdient. Ohne Wenn und Aber. Selbst wenn Alonso am Ende der nächsten Saison geht, weil er den Kickern in einem europäischen Verein mit weitaus klangvollerem Namen das Siegen a là Meisterkusen beibringen will. Oder schlimmer noch: Selbst wenn – der Fußballgott möge es verhüten – seine Erfolgsserie bei Bayer 04 reißt und er nach einer Serie von Niederlagen bedröppelt hinschmeißt. Das, was Alonso für den Verein, für den deutschen Fußball, vor allem aber für die Stadt geleistet hat, ist und bleibt historisch. Dass er nur ein paar Jahre seines Lebens in Leverkusen gearbeitet haben wird, spielt dabei keine Rolle.
Warum aber sollen gleich auch noch Werner Wenning, Fernando Carro und Simon Rolfes geehrt werden? Die drei machen für Bayer 04 seit Jahren hinter und neben Alonso einen guten Job, sicher. Aber das ist ganz einfach ihre Aufgabe. Mit dem 14. April 2024 wird dagegen vor allem ein Name immer verbunden sein: der des 42-jährigen Basken Xabi Alonso.
Peter Seidel
Der Sachverstand kann nur sagen: Nein.
Es ist irgendwie verständlich, dass in der Stunde des größten Bayer-Erfolges viele emotional angefasste Menschen eine Ehrenbürgerschaft für diejenigen fordern, denen dieser Erfolg zugeschrieben wird. Indes: Die Entscheidung dazu muss am Ende nüchtern und mit Sachverstand getroffen werden. Und nach Einschalten des letzteren sollte die Erkenntnis stehen: Es kann keine Ehrenbürgerschaft für Alonso und Co. geben.
Warum? Zum Beispiel deshalb: Xabi Alonso ist einst ganz sicher nicht nach Leverkusen gekommen, weil er die Stadt so großartig fand und der Verein ihm so am Herzen lag. Nein: Er kam, weil ihm Bayer die Chance gab, sich als Trainer zu bewähren. Das hat er nun zwar getan. Und doch ist es klar, dass er bald weiterziehen wird. Nach Liverpool. Madrid. München. Ehrenbürger und Ehrenbürgerinnen aber werden zu eben solchen, weil sie sich ein Leben lang in einer Stadt für eine Stadt einsetzen. Und das nicht für ein Millionengehalt. Sondern aus Idealismus und Heimatverbundenheit.
Überhaupt: Wer sind denn die „Macher“ von derlei Erfolgen? Der Trainer? Der CEO? Die Spieler? Deren Familienangehörige, die fast immer ihr eigenes Leben hintenanstellen? Oder doch die Fans, die überall erst für den würdigen Fußballsport-Rahmen sorgen, ihr Geld für den Club – Karten, Reisen, Trikots – ausgeben, damit den Spielbetrieb zumindest ein wenig mitfinanzieren und doch meist nur als Staffage angesehen werden? Man sieht: Das könnten verdammt (zu) viele Ehrenbürgerschaften für eine Stadt sein...
Frank Weiffen
Den Wert für das Image der Stadt darf man zeigen
Dauerhafte Würden an Menschen zu verleihen, zumal an noch Lebende, birgt immer Risiken. Alleine aus dieser Angst, die Gewürdigten könnten sich später als unwürdig herausstellen, sollte die Stadt Leverkusen sich aber nicht davon abhalten lassen, die Meistermacher in der Stadt zu ehren.
Denn was die Mannschaft und der Verein Bayer 04 Leverkusen am 14. April 2024 geschafft hat, geht über den Fußball hinaus: Sie haben Opladen, Schlebuscher und Rheindorfer als Leverkusener vereint. Wildfremde lagen sich auf dem heiligen Rasen weinend in den Armen. Und sie haben den Namen Leverkusen in die Welt hinaus getragen, im positivsten Sinne. Das wird bleiben, darauf darf Leverkusen stolz sein.
Es muss genau geprüft werden, wer einer Ehrenbürgerschaft würdig ist, der Vorstoß der Stadtverwaltung mutet da etwas vorschnell an. Absolut sicher sein kann man aber, dass Xabi Alonso für immer der erste Meistertrainer der Stadt und als dieser in den Herzen der Menschen bleiben wird, auch wegen seiner Persönlichkeit. Er wird nicht für immer hier bleiben, aber Leverkusen wird immer der Ort sein, an dem er seinen ersten großen Titel als Trainer geholt hat. Auch das hat einen Imagewert. Auf einem Xabi-Alonso-Platz würden sich nicht nur Leverkusener gerne an den 14. April 2024 erinnern, den würden auch (Fußball-)Touristen aus aller Welt aufsuchen.
Stefanie Schmidt
Marewski schlägt fünfte Ehrenbürgerwürde vor
CDU-Ratsherr Bernhard Marewski schlägt vor, auch dem Kapitän der Bayer-04-Fußballprofis, den Finnen Lukáš Hrádecký, die Ehrenbürgerwürde der Stadt zu verleihen. Einen entsprechenden Ergänzungsantrag zur Vorlage der Verwaltung in Sachen Ehrenbürgerwürde für Xabi Alonso, Werner Wenning, Fernando Carro und Simon Rolfes veröffentlichte Marewski am Dienstag. Lukáš Hrádecký steht seit 2018 bei Bayer 04 im Tor, seit 2021 ist er Kapitän der Mannschaft. Zur Begründung seines Antrags schreibt Marewski: „Mit ihm erreichte der in Leverkusen beheimatete Verein die erste Deutsche Meisterschaft.“ (ps)