Geriatrie im St.-Josef-KrankenhausChefarzt schon die neue Abteilung verliebt
Leverkusen – Nein, er habe Geriatrie nicht als besonders sexy empfunden, als ihm das Fach erstmals vorgeschlagen wurde. Damals arbeitete Sascha Wihstutz als Funktionsoberarzt in der Intensivmedizin in Bernkastel-Wittlich. Die Aufstiegschancen waren gering , so schlug sein Chef ihm vor, die neu gegründete Abteilung für Altersmedizin zu leiten. „Da habe ich mich erstmals mit dem Thema beschäftigt. Und mich verliebt“, sagt Wihstutz. Seit 1. April ist er Chefarzt der Geriatrie im St. Josef Krankenhaus Wiesdorf.
„Er hat mich direkt begeistert, weil er kein typischer Geriater ist“, sagt Klinikdirektorin Daniela Becker. „Er legt den Fokus auf die Diagnostik und hat tolle Ideen und Konzepte, wie wir unsere Ausbildung verbessern können.“
Auch das Interesse des damaligen Oberarztes in Bad Schwalbach war nach dem ersten Besuch geweckt. „Ich hatte direkt das Gefühl: Hier gibt es alles, was du brauchst und das kannst du was mit neuem Leben füllen.“
Der Wunsch nach mehr Gestaltungsfreiheit in der Arbeit mit alten Menschen und mit jungen Auszubildenden hat ihn schließlich nach Leverkusen geführt.
89 Betten
Die Geriatrie im St. Josef Krankenhaus hat 89 akutgeriatrische Betten, davon drei auf der Intensivstation und weitere 18 teilstationäre Plätze in der Tagesklinik.
Pro Jahr werden rund 1800 Patienten stationär und 260 tagesklinisch behandelt. Die Schwerpunkte der Behandlung liegen in den Bereichen Demenz, Inkontinenz, Sturzsyndrome und daraus resultierenden Verletzungen, Behandlung bei Instabilität und Multimedikation. (stes)
„Geriatrie wird oft nur mit Frustration und Siechtum in Verbindung gebracht“, sagt der 49-Jährige. „Dabei ist es ein riesiges Fachgebiet, für das man ein großes Team aus vielen Spezialisten braucht.“ Besonders bei alten Menschen sei es wichtig, nicht nur das eine Organ, das gerade Probleme macht, zu bedenken, sondern den Patienten ganzheitlich zu betrachten.
„Der Austausch mit den Kollegen lässt mich immer wieder über meinen Tellerrand hinausschauen“, schwärmt Wihstutz. Und nicht zuletzt bekomme man von den Patienten sehr viel Dankbarkeit zurück. „Wenn ich es geschafft habe, jemanden wieder in sein Haus zu bringen und die stationäre Pflege zu vermeiden – und sei es nur für ein halbes Jahr - dann habe ich eine gute Medizin gemacht“, sagt der Chefarzt.
Alte Menschen ohne Lobby
Alte Menschen haben keine Lobby, klagt der Arzt. Er wisse von gerade acht aussagekräftigen Studien mit alten Menschen, für junge gäbe es Millionen. Dabei müssten bei der Medikamentengabe für Ältere ganz andere Dossierungen angewendet werden – ähnlich wie bei Kindern, deren Organe noch nicht ausgereift sind. „Die Dosierung für Kinder steht auf jeder Packung, die für Senioren auf keiner. Das ist ein Trauerspiel.“
Mit dem neuen Chefarzt will Klinkdirektorin Beckers auch dagegen ankämpfen, dass das St. Josef-Krankenhaus häufig als erweitertes Altersheim wahrgenommen werde: „Das sind wir nicht, wir machen hier richtige Medizin.“ Und die soll Dr. Wihstutz vorantreiben. Um die Geriatrie und das St.-Josef-Krankenhaus ein bisschen mehr sexy zu machen.