KGS BurgwegWie Kinder für Menschen mit Behinderungen sensibilisiert werden
Leverkusen – In den Oberarmen zieht es, die Finger brennen ein wenig. Leichte, rote Druckstellen sind in den Handflächen zu sehen. Und das nach nur wenigen Minuten in einem Rollstuhl. Die Kinder der KGS Burgweg in Rheindorf stört das am Montag nicht, sie lachen und tollen mit ihren neuen Fahrzeugen durch die Turnhalle.
Hintergrund: Die Elisabeth & Bernhard Weik-Stiftung ist an der Grundschule zu Besuch. Und will mit einem Anhänger voll mit Rollstühlen, Tandem-Fahrrädern und Blindenstöcken verdeutlichen: Behindert sein, eine körperliche oder geistige Einschränkung haben, das ist kein Grund, sich anders zu fühlen. „Ein ganz normaler Tag“ ist deshalb auch das Motto der Stiftung, die das Projekt inzwischen schon mit rund 12 000 Schülern durchgeführt hat.
Blindes Vertrauen üben
Wenn man auf den Schulhof der KGS Burgweg tritt und die ersten Schüler mit verbundenen Augen auf einem Tandem sitzen, ist „normal“ vielleicht doch etwas anderes.Aber die Kinder auf spielerische Weise für Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren, ist genau das Ziel der Weik-Stiftung. Neben den Tandems – eine Vertrauensübung, bei der die Kinder ihrem Vordermann im wahrsten Sinne des Wortes „blind“ vertrauen müssen – gibt es eine Gehörlosenstation, Übungen mit Gehhilfen und authentischem Nachempfinden von Übergewicht.
„Wir haben ein festes Team, kriegen aber auch Unterstützung aus der Elternschaft“, sagt Jürgen Steinbrücker, Pressesprecher der Weik-Stiftung, in Richtung jener, die die Kinder auf dem Tandem über den Schulhof kutschieren und ihnen Gewichte anlegen, mit denen sie dann das Klettergerüst erklimmen sollen.
Seit 2006 gibt es dieses Schulprojekt, die Stiftung bekommt laufend Anfragen. „Es war eigentlich richtig entspannt, ich wäre beinahe eingeschlafen“, sagt Schülerin Katelyn über ihre „dunkle“ Fahrt auf dem Tandem. Lisina hatte etwas Angst, in den Kurven herunterzufallen. Und Henrik findet: „Ich mag es nicht, Treppen zu laufen. Wenn man im Rollstuhl sitzt, müsste man das nicht mehr.“ Aber wenn er immer an den Rollstuhl gebunden wäre? Nein, das wäre vielleicht doch nicht mehr so „cool“ wie an diesem Tag.
Licht und Schatten sichtbar
Besonders interessant für die Schülerinnen und Schüler: Am Montag sind Menschen zu Gast, die ihren Alltag mit den Belastungen führen müssen, die die Kinder hier spielerisch kennenlernen. Menschen wie alle anderen, nur eben mit Handicap – im Rollstuhl, oder erblindet. „Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man nichts sieht?“, ruft eine Schülerin vorsichtig, nachdem sie für ihre Frage erst aufgezeigt hatte.
Das konnte die Blinde, der die Kinder alle ehrfürchtig in die Augen schauen, natürlich nicht sehen. „Es ist wie bei dir, wenn du dir wehgetan hast. Am Anfang denkst du oft daran, dass du Schmerzen hast. Aber irgendwann gewöhnst du dich daran“, antwortet Petra Winke geduldig. Sie ist von Geburt an blind, kann aber Licht und Schatten sehen, zwischen hell und dunkel unterscheiden.
Mehr „Kind" sein
In der Turnhalle erklären derweil zwei Rollstuhlfahrer, wie man lenkt und bremst und schauen den Kindern zu, die sich begeistert auf das Gefährt stürzen und wenige Minuten später einfach wieder aufstehen. Wehmütig werden sie dabei nicht: „Es gibt zwei Arten von Rollstuhlfahrern – die, die sich zu Hause eingraben, und die, die den Rollstuhl als Chance für Mobilität sehen“, sagt Laura (Name geändert) aus ihrem Rollstuhl heraus.
Was sie sich als Rollstuhlfahrer wünschen? „Dass Erwachsene manchmal so wären, wie Kinder. Die sind oft aufgeschlossener, um jemandem zu helfen.“ Die Kinder der KGS Burgweg sind es spätestens jetzt. Sich im Rollstuhl einmal um die eigene Achse zu drehen, ist nämlich gar nicht so einfach. Dafür braucht man Hilfe – und muss sie gleichermaßen auch annehmen.
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