Michael Axmann vom Schachclub Bayer Leverkusen berichtet, wie eine Netflix-Serie und Corona zum Aufschwung der Sportart beitragen.
Schach-HypeWarum die Mitgliederzahlen bei Bayer Leverkusen steigen
„Schach war immer da und geht nicht weg“, ist sich Michael Axmann sicher. Er ist Vorsitzender des Schachclubs Bayer Leverkusen und seit 30 Jahren aktiv. Anders als viele andere Vereine leiden sie nach den einschneidenden Corona-Einschränkungen nicht an schwindenden Mitgliederzahlen, im Gegenteil. Ein Grund: Während der Lockdowns erlebte Schach online einen großen Aufschwung.
Ein weiterer treibender Faktor für die Sportart: Die Serie „Das Damengambit“ vom Streaming-Dienst Netflix. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Walter Tevis und dreht sich um das fiktive Schachgenie Elizabeth Harmon. Die Miniserie ging im Oktober 2020 nach Veröffentlichung durch die Decke und mit ihr bei vielen das Interesse am Schach. Das spürt man auch in Leverkusen.
Schachclub Bayer Leverkusen: Neue Mitglieder stellen Können unter Beweis
„Wir haben einige Mitglieder dazu gewonnen, die sich dachten: 'Jetzt möchte ich im Verein spielen'“, sagt Axmann. Marco Bär, zweiter Vorsitzender, ergänzt mit Blick auf die erlernten Fähigkeiten aus den Internet-Partien der Spieler: „Sie glauben gar nicht, was das bewirkt hat.“ Innerhalb eines Jahres sind 15 Mitglieder dazu gekommen, rund 60 Spieler zählt der Verein nun. Darunter auch ehemalige Mitglieder des Leverkusener Schachvereins „Fidele Bauern“, die aus personellen Problemen Angebote einschränken mussten.
Genügend Platz bieten die Räume des Schachclubs für Neulinge allemal: Die Wiesdorfer Bürgerhalle ist ihr Zuhause. Am vergangenen Wochenende beherbergte der Verein im Rahmen der Bayer Sommeropen über drei Tage 118 Spieler aus der Region, darunter gingen 16 aus dem Schachclub Bayer Leverkusen an den Start. „Wir wollten das Turnier nach Corona wieder aufleben lassen und es ist direkt eingeschlagen“, folgert Axmann. Catering, Aufbau und Material stemmten die Mitglieder größtenteils aus eigener Kraft. Nur in Sachen Spieluhren halfen befreundete Vereine aus.
Der erste Vorsitzende konnte selbst nicht teilnehmen am Turnier. „Ich bin nach einer Augen-Op noch nicht fit“, sagt er. Aber das macht nichts, denn: „Beim Schachspiel ist es auch aufregend zuzugucken.“ Dabei herrscht in der Halle eine ganz besondere Stimmung. Zuschauer und Spieler schweigen, um genug Raum für Konzentration zu lassen. Mit grölenden Fans im Fußball zum Beispiel sei das nicht zu vergleichen. Aus den eigenen Reihen machte Michael Esser mit dem dritten Platz die beste Figur.
„Das Besondere: Jung und Alt kommen zusammen“, findet der Vorsitzende. Das Problem der Überalterung sei dennoch auch bei ihnen präsent. Der Altersschnitt liegt geschätzt bei 45 Jahren. „Nachwuchswerbung und Jugendarbeit ist aufwändig“, sagt Axmann. Sie geben im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten das Beste. Er ist optimistisch: „Der Anfang ist gemacht.“ Eine Lücke bestehe vor allem zwischen den 20- bis 40-Jährigen. Gründe seien andere Prioritäten wie Studium und Familienplanung.
Schachafine Kinder finden in Wiesdorf eine Anlaufstelle
Das galt auch für Hans-Peter Longerich. Bis zum Jugendalter spielte er in Gruppen gerne Schach, mit rund 40 kehrte er vor zehn Jahren in einen Verein zurück. Heute trainiert er als Jugendwart acht schachaffine Kinder. Er beschreibt seine Arbeit schmunzelnd wie folgt: „Man muss den richtigen Punkt finden. Sie hören am Anfang zu und dann werden sie irgendwann zu Kindern und man geht in den Spielbetrieb über.“
Im September startet der Verein erstmals mit vier Mannschaften in die Saison: In der NRW-Klasse und Verbandsliga mit jeweils einer Mannschaft, in der Bezirksliga mit zwei. Der Grundstein für eine auflebende Schachkultur in der Stadt ist gelegt.
Interessierte können sich telefonisch unter 02202 85142 bei Michael Axmann melden und im Anschluss beim Schachabend vorbei schauen. Das Jugentraining empfängt montags um 17:30 Uhr junge Schachliebhaber in der Wiesdorfer Bürgerhalle. Um 19 Uhr sind die Erwachsenen dran.