Schafe mitten in der StadtRasenmäher auf vier Beinen
- Jeden Morgen geht Dieter Donath mit seiner Schafsherde auf Weidespazeirgang.
- Rund um Schlebuschrath sind die 27 Kamerunschafe seiner Herde ein vertrauter Anblick.
- Wenn sich müde Tiere auf den Radweg legen, hat sich noch nie jemand beschwert.
Leverkusen – Wenn Dieter Donath morgens vor dem Gehege seiner Schafe in Schlebuschrath steht, warten diese schon aufgeregt blökend darauf, dass das Tor geöffnet wird. „Na, geht’s jetzt raus“, begrüßt Donath seine Schafe. Ist das Tor offen, gibt es kein Halten mehr bei seinen 27 Zöglingen. Die Herde galoppiert völlig aus dem Häuschen Richtung Wiese und Büsche neben dem Sportplatz – Dieter Donath auf seinem Fahrrad mit seiner zehnjährigen Foxterrier-Hündin Fanny hinterher. „Ich muss schnell schauen, dass das Tor zur Kleingartenanlage zu ist“, ruft er. Die Eigentümer der Gärten sähen es nicht gerne, wenn ihre Sträucher abgefressen werden.
In seinem Stadtteil ist Donath schon bekannt, viele kommen hier morgens mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit an der Herde und dem Schäfer von Schlebuschrath vorbei. Donath wird häufig auf seine Schafe angesprochen. „Die meisten sagen »Bin ich hier im Urlaub?« oder »Schön, dass man so etwas noch sieht.« In der Regel freuen sich die Menschen“, erzählt Donath, seine Schafe stets im Blick. Den Schafen ist es egal, ob sie auf dem Fahrrad- oder Fußgängerweg laufen, doch beschweren würde sich niemand.
Das Gegenteil ist der Fall: Jeder noch so eilige Fahrradfahrer zeigt Verständnis für die Tiere, es wird angehalten und ein Lächeln erhellt die Gesichter – mit fast schon therapeutischer Wirkung bereiten die davon nichts-ahnenden Schafe den Menschen eine sekundenlange Auszeit vom Alltagsstress. Probleme gebe es jedoch immer wieder mit Hunden, die die Schafe hetzen und in die Flucht treiben.
„Vor kurzem gab es einen Vorfall mit einem Hund und die Lämmer sind zurückgeblieben, die musste ich dann erst mal suchen“, erzählt Donath. Ein bis zwei Stunden lässt Donath seine Herde täglich weiden, dann laufen sie zurück ins Gehege. „Danach machen sie erst mal für ein paar Stunden Siesta“, erklärt der 77-Jährige lachend. Donath ist gelernter Elektriker, war 22 Jahre lang bei Wuppermann tätig und arbeitete später 17 Jahre im Klinikum. Früher hatte er Wollschafe, die er auch selber scheren musste. „Das ist aber viel Arbeit und für die Wolle bekommt man heutzutage nichts mehr“, erklärt der Schäfer.
Seit 2003 Kamerunschafe
2003 habe er dann die ersten Kamerunschafe bekommen, die mit ihrem kurzen Fell auf den ersten Blick eher wie Ziegen aussehen und nicht geschoren werden müssen. Kamerunschafe sind seit Jahrhunderten im westlichen Afrika verbreitet und entstanden ursprünglich aus dem Westafrikanischen Zwergschaf. „Ich kannte einen Schäfer im Hunsrück, von dem habe ich viel gelernt. Man sagt offiziell, dass man Kamerunschafe nicht hüten kann, weil sie etwas wilder sind“, sagt Donath. Bei ihm funktioniert das Hüten jedoch sehr gut, auch wenn die Schafe ihren eigenen Kopf haben und oft selbstständig entscheiden, welche Wiese sie abgrasen wollen.
Die Auswirkungen länger anhaltender Trockenperioden wie im vergangenen Sommer gehen auch an Donath und seinen Tieren nicht vorbei. „Es ist immer noch genug Gras und Grünzeug drum herum, aber man merkt auf jeden Fall, dass weniger wächst“, sagt er. Neben Gras fressen die Schafe auch Laubblätter, Brombeeren, Eicheln und Brennnesseln – diese jedoch nicht im Frühjahr, da sie dann noch zu stark brennen würden. „Sie bekommen auch das Fallobst von den Nachbarn, bei uns wird alles verwertet. Eigentlich müsste die Stadt hier auch gar nicht Rasen mähen“, findet Donath – seine Schafe bieten eine ökologische Alternative.
Mit 27 Tieren unterwegs
Donaths Herde besteht aus zehn Böcken, fünfzehn Muttertieren und zwei Lämmern, die beide zwei Wochen alt sind. Anders als Wollschafe, können Kamerunschafe das ganze Jahr über gebären. „Die Lämmer sind wie kleine Kinder und spielen viel zusammen“, erzählt Donath. Obwohl durch ihren langen Bambi-artigen Beine noch etwas ungelenk, halten Donaths jüngste Herdenmitglieder problemlos mit den Erwachsenen Schritt. Anders sieht es bei dem chronisch langsamen Herdennachzügler aus, der sogar von einer mitleidigen Passantin mit Hund hinter der Herde hergetragen wird.
Doch Donath kennt seine Zöglinge gut und weiß, dass auch der Langsamste am Ende meistens wieder zur Gruppe findet. Bleibt das Nachzügler-Schaf zu weit zurück, macht der Schäfer kurzen Prozess, packt das Schaf in einen Stoffbeutel, hängt den Beutel ans Fahrrad, so dass der Nachzügler rausschauen kann und düst mit Fanny der Herde hinterher. Ein Hütehund ist Fanny nicht: „Sie ist eher Teil der Herde und bewacht mein Fahrrad“, so Donath.
Jeden Tag geht er mit seiner Herde spazieren, ein Bedürfnis nach Urlaub hat er nicht. „Ich habe hier doch jeden Tag Urlaub und wenn ich in den Urlaub wollte, müsste ich ja meine Schafe mitnehmen“, sagt er. Dass sich der morgendliche Weidespaziergang dem Ende zuneigt, lassen die sichtlich müden Lämmer erkennen. Mittig liegen sie auf dem Fahrradweg neben der Dhünn und erweichen die Herzen der vorbeikommenden Radfahrer. „Da kennen die nichts, die würden da auch ein Schläfchen machen“, lacht Donath.