Schalte von Leverkusen zur ISSAuf diese Frage wartet Matthias Maurer schon lange
Leverkusen – Wenn Schülerinnen und Schüler an einem Freitag weit nach Mittag noch in der Schule sitzen und mit Begeisterung und Feuereifer bei der Sache sind, dann, könnte man unken, läuft etwas schief. Oder es passiert Außergewöhnliches. In der Schule an der Wupper ist letzteres der Fall. Hier geht Außergewöhnliches vor, ehe das Wochenende beginnt: 13 Kinder der Klasse M1, alle zwischen elf und 13 Jahren jung, warten nämlich darauf, einen echte Astronauten zu treffen und sich mit ihm zu unterhalten: Matthias Maurer von der Raumstation ISS.
Der schwirrt derzeit durchs All, widmet sich der Wissenschaft und umrundet mehrfach am Tag – alle 90 Minuten – die Erde. Und er macht mit bei dem Projekt „Hand in Hand um die Welt“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). So wie auch die Schülerinnen und Schüler hier in Opladen. Sie wurden aus zig weiteren Klassengemeinschaften, die sich beworben hatten, ausgelost.
Eine Frage pro Klasse
Die Folge: Sie malten sich selbst, wie die Kinder von sechs anderen Schulen aus dem ganzen Land, auf eine lange Papierrolle. Die Bilder wurden im DLR gesammelt, zusammengeklebt, auf ein für das All geeignetes Material gedruckt – und Maurer beim Start im vorigen Jahr schließlich ins Gepäck gegeben. Und heute schaut sich der Astronaut die knallbunten Konterfeis nun im Rahmen einer Videoschalte an – und beantwortet Fragen der beteiligten Kinder. Eine pro Klasse.
Die Frage, die aus der vor einer Kamera in Technikraum der Schule an der Wupper versammelten Klasse M1 gestellt wird, hat sich Jeremy überlegt: „Warum sind Wassertropfen in der Schwerelosigkeit rund?“ Die Aufregung darum ist natürlich groß. Nicht etwa, weil Jeremy und die anderen befürchten, dass Maurer möglicherweise nicht antworten könnte. Sondern weil sie bangend hoffen, dass die Technik nicht versagt. Ist ja schließlich kein Telefonat mit Oma und Opa am anderen Ende der Stadt. Sondern eines mit einem Astronauten am, wenn man so will, anderen Ende der Erdatmosphäre.
Eine Stunde Vorlauf
Entsprechend lang ist daher der Vorlauf, der auch von den beiden ins Projekt involvierten Lehrern Frank Moog und Gerhard Schenk genau beobachtet wird: Zwei Moderatorinnen aus dem DLR schwören die Kinder per Video-Schalte eine Stunde lang ein. Ein WDR-Kamerateam wuselt durch die Klasse und nimmt alles auf fürs Fernsehen. Es gibt – ganz professionell und wie im Film – Sprechkontrollen mit der NASA in den USA und der ESA als europäischer Raumfahrtbehörde. Am Ende muss es, trotz des vielen In-die-Kamera-Winkens und zahlreicher Jubelausbrüche und gestampfter Raketen, ganz diszipliniert gehen: Beginn der Schalte um 15.35 Uhr. Ende um 15.55 Uhr. Punkt.
Trotz ein paar Anlaufschwierigkeiten klappt alles hervorragend. Eine Klasse aus dem Saarland und eine aus Bremerhaven legen vor. Dann schlägt die Stunde – oder die paar Minuten – der Leverkusener Kinder. Allen voran die von Jeremy, der – an einem kleine Tisch mit Lego-Astronautenfiguren sowie einer Spielzugrakete sitzend – die Frage mit dem Wasser stellen darf. Routiniert macht er das. Weil er die „wirklich wichtig und interessant findet“, wie er kurz vorher erzählt.
Der Astronaut ist begeistert
Der Lohn lässt nicht auf sich warten: Matthias Maurer liefert nicht nur die Antwort, die mit Oberflächenspannung und damit zu tun hat, dass die Kugelform wegen maximaler Füllung innen und minimaler Fläche außen physikalisch optimal ist. Nein: Maurer jubelt auch noch. „Yippieh! Endlich stellt einer diese Frage. Darauf habe ich gewartet!“. Und spielt sofort mit ein paar Tropfen, die er aus einer Plastikflasche quetscht und – schwebend – trinkt. Eine kleine bis mittelgroße Sensation für die Mädels und Jungs der M1, die augenscheinlich begeistert sind. Bis auf Jeremy. Der ist noch mehr. Der ist selig.
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Gut, dass Maurer seine Botschaft an die Kinder schon ganz am Anfang losgelassen hatte: Dass er von hier oben aus dem All auf einen wunderschönen, aber auch kleinen Planeten blicke. Dass ihm dies zweierlei zeige: Man müsse etwas tun, um die Umwelt, die Erde zu retten. Und man müsse dies gemeinsam tun, denn das andere Ende der Welt sei gar nicht so weit entfernt. Hand in Hand eben. Wie der Name des Projektes es sagt. Und nicht zuletzt in der Schule an der Wupper wissen sie das – wenn das nicht schon vorher so war – spätestens seit diesem aufregenden Freitag. Denn wenn ein Astronaut sowas sagt, ist es etwas Besonderes. Dann ist es Gesetz.