Binnen vier Monaten nahm eine Bande alten Leuten 215.000 Euro ab. Eine Frau war Teil des Systems, so die Staatsanwaltschaft.
ProzessSchockanrufe in Leverkusen sollen Täterin siebeneinhalb Jahre in Haft bringen

Vor dem Kölner Landgericht geht ein Prozess wegen Schockanrufen auf die Zielgerade.
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Für die Staatsanwältin ist es nach einer wochenlangen Beweisaufnahme erwiesen: Danuta K. (Name geändert) war nicht irgendein kleines Licht, sondern hatte eine Schlüsselfunktion in einem „hochprofessionellen System“, das eine Bande aufgebaut hatte. Binnen vier Monaten erbeuteten die Täter im Jahr 2021 von acht Opfern rund 215.000 Euro. Das funktionierte mit Schockanrufen bei älteren Leuten. Zwei von ihnen hätten „alles verloren“, betonte die Vertreterin der Anklage am Freitagnachmittag in Kölner Landgericht. Eines der Opfer habe die Anrufe als „reinsten Terror“ empfunden, rief sie eine Zeugenaussage in Erinnerung. Die von der Bande angewandte, verschärfte Form des Enkeltricks sei moralisch verwerflich.
Die ursprünglich aus Polen stammende Angeklagte habe ihre Rolle in diesem perfiden und gewerbsmäßigen Betrugssystem kleingeredet. Aber das sei „offensichtlicher Unsinn“: Über Wegwerf-Handys habe sie einen der „Läufer“, die jeweils bei den Opfern auftauchte, geführt, so die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Sie holten das den Opfern zuvor via Telefon abgeschwatzte Ersparte ab. Ansonsten sei über ein Facebook-Konto kommuniziert worden, dessen Spuren auf dem Telefon der Angeklagten gefunden wurden.
Ihr Job: Die Beute verteilen
Ihre Aufgabe sei es gewesen, die Beute zu verteilen und an die Hintermänner der Bande weiterzuleiten. Insofern habe sie mindestens tageweise über Beträge zwischen rund 10.000 und etwa 65.000 Euro verfügt. Vor Gericht hatte die Frau behauptet, weitgehend mittellos zu sein. Ihre Wohnung sei von einem „Freund“ bezahlt worden, der sich als „Läufer“ im Enkeltrick-System herausstellte. Weitere Zuwendungen stammten aus ihrer großen Familie. Die Staatsanwältin sieht es als erwiesen an, dass sie im Gegenteil auf durchaus großem Fuß lebte. Ihr bevorzugtes Transportmittel: das Taxi.
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In fünf von acht Fällen sei ihre Rolle als Mittäterschaft anzusehen, in zwei weiteren als Beihilfe. Nur in einem Betrugsfall sei ihre eine Beteiligung nicht nachzuweisen. Daraus müssten ganz beträchtliche Gefängnisstrafen resultieren, so die Staatsanwältin, die mit ihren Forderungen nur einmal unter drei Jahren blieb und bis zu fünf Jahren und drei Monate zugrunde legte. Insgesamt müsse die Frau, die seit geraumer Zeit in Untersuchungshaft sitzt, siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis.
Verteidiger sieht keinen großen Beitrag an den Betrügereien
Günter Teworte, der Verteidiger von Danuta K. bemühte sich am Freitagnachmittag, die Rolle seiner Mandantin zu relativieren. Die These, Danuta K. sei ein entscheidender Faktor in dem Enkeltrick-Betrugssystem gewesen, sah er nicht hinreichend untermauert. Sie beruhe auf der Aussage des „Läufers“, die dieser wiederum unter hohem Druck in einem Prozess gemacht habe. Und sei deshalb „mit vielen, vielen Fragezeichen zu versehen“.

Verteidiger Günter Teworte mit seiner Mandanatin Danuta K. (Name geändert) und einer Dolmetscherin
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Auch der Kontakt der Angeklagten zu einem Verwandten, der in Hamburg-Fuhlsbüttel einsitzt wegen Enkeltrick-Betrügereien, sei kein Beweis dafür, dass Danuta K. sich in dieser Weise betätigt habe. Aus seiner Argumentation zog der Anwalt diesen Schluss: „Sie war nicht einmal Läuferin.“ Unterm Strich müsse ihr Beitrag zu den acht angeklagten Betrügereien mit einer Gefängnisstrafe „unter vier Jahren“ geahndet werden.
In ihrem letzten Wort sagte die Angeklagte mit Blick auf die Opfer, dass es ihr „sehr leid tut: Meine Mutter ist selber alt.“ Sie könne sich also vorstellen, was den alten Menschen mit dem Enkeltrick angetan wurde. Ihr Urteil spricht die 18. Große Strafkammer nächsten Donnerstag in der Frühe.