Ukrainerin in Leverkusen„Es hat keiner geglaubt, bis sie die Bomben gehört haben“
Leverkusen – Elena Büchel ist in der Ukraine geboren, wuchs in Tschernigow, rund 120 Kilometer von der Hauptstadt Kiew entfernt, auf. In den 1990er Jahren, als sie 25 Jahre alt ist, verlässt sie ihr Land, zieht nach Deutschland und lebt schon lange in Leverkusen. Hier arbeitet sie als Künstlerin. Am Donnerstag sagt sie: „Vielleicht werde ich meine Heimat nie mehr so vorfinden, wie ich sie kannte.“
„Keiner hat geglaubt, dass es zum Krieg kommt“
Büchel, 53 Jahre alt, hat noch viele Verwandte, die in Tschernigow und Kiew leben. Tanten, Onkel, Cousinen und deren Kinder, Freunde, mit denen sie regelmäßig Kontakt hält. „Ich habe gerade mit meiner Cousine telefoniert“, sagt sie am Donnerstag bei einem Telefonat mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ich bin total entsetzt. Ich muss mich erst einmal sammeln. Die Menschen sind so schockiert. Es hat keiner geglaubt, dass es zu einem Krieg kommt – bis zu dem Moment, in dem sie Bomben gehört haben.“
Büchel erzählt von ihrer Cousine, die mit Mutter, Mann, Kindern und Enkelkindern in Kiew ausharrt: „Sie waren noch schnell einkaufen. Jetzt sitzen sie zu Hause. Sie wissen nicht, wie lange die Geschäfte noch aufhaben werden. Ihnen wurde gesagt, sie sollen die Badewannen mit Wasser voll machen, falls bei den Beschüssen durch die russische Armee auch Wasserleitungen getroffen werden.“ Überall hätten sich lange Schlangen gebildet, die Leute wollen sich mit Vorräten eindecken.
Büchel spricht Putins Namen nicht aus
„Ich habe bis zum letzten Moment gedacht, der zeigt nur seine Waffen, aber dass der so weit geht!“ Elena Büchel spricht den Namen Wladimir Putins, des Mannes, der Russland in den Krieg gegen die Ukraine geschickt hat, nicht aus.
Sie wisse, wie das ist, in einem Unrechtsstaat aufzuwachsen, sagt sie, die zwei Jahrzehnte in der Sowjetunion gelebt hat. „Mein Vater war ein Künstler, ein freier Geist, er war Teil der Untergrundbewegung, hat viele Karikaturen gemalt, war sehr kritisch gegenüber der Regierung – und musste ins Gefängnis“, sagt Büchel. „Da haben sie ihn gebrochen, er kam als anderer Mensch zurück.“
Verwandte harren in Kiew aus
Ihre Verwandten in Kiew hätten nun beschlossen, dort auszuharren. „Ich habe ihnen vorgeschlagen, das Land zu verlassen. Aber das wollen sie nicht“, erzählt Büchel. „Man weiß ja nicht, wie lange das Ganze dauert. Sie könnten für ein oder zwei Monate wegfahren. Dann kommen sie zurück und es ist nichts mehr, wie es war, oder alles ist ausgeraubt.“ Nein, sie wollen vor Ort bleiben und hoffen, dass der Spuk bald vorbei ist, berichtet die Ukrainerin.
Sie hoffe nun sehr darauf, dass „die normalen Menschen“ von dem Krieg verschont bleiben. „Das einzige, das sie wahrscheinlich rettet, wäre, wenn die Politiker sagen, egal, was Russland macht, wir führen keinen Krieg. Darunter leiden am Ende doch nur die Menschen.“
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„Die Ukraine ist ein wunderschönes Land“, sagt Büchel. „Das muss bereist werden. Es gibt Meer und Berge, die Karpaten, Flüsse, Seen, eine unglaublich tolle Landschaft. Die Menschen sind herzlich und hoffen, immer gastfreundlich. Ich liebe meine Heimat.“